Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.tausend leise Aufmerksamkeiten, und war von einer Aufopferung welche die Welt nicht unbeachtet, nicht unerkannt, lassen konnte. Gleichwohl war sie nicht zu bereden, Antonien ein einzigesmal in ihrer Abgeschlossenheit aufzusuchen. Die Unglückliche litt zeither an einem unerträglichen Herzkrampf, der sie oft halbe Tage lang unfähig machte, ein Wort herauszubringen. Die Baronin lag deshalb Viktorinen oftmals an, ihre Güte zwischen beiden Schwestern zu theilen, doch sie entschuldigte sich anfangs unter frostiger Zurückhaltung, endlich aber sagte sie, nicht ohne entstellende Bitterkeit: ich war immer von strengen Sitten, geprüfter Auswahl meiner Freunde, und gestehn Sie mir, würde eine junge Frau, in den Tagen der guten Gesellschaft, Fräulein Antonien ungestraft in Paris haben sehen können? Sie können es sich nicht verbergen, daß der Schein, trotz aller klugen Maaßregeln ihrer Familie, gegen sie ist, und ich gestehe Ihnen, ich liebe meinen Ruf zu sehr, um ihm durch übel angebrachte Nachgiebigkeit schaden zu wollen. Die Baronin stutzte, doch machte sie eine so stolze als abwehrende Bewegung mit dem Kopfe, und sagte mit gezwungener Haltung: dagegen läßt sich nichts einwenden, das hat die Sitte sanktionirt. Doch kaum hatte sich Viktorine entfernt, als sie mit losbrechender Heftigkeit ausrief, wie tausend leise Aufmerksamkeiten, und war von einer Aufopferung welche die Welt nicht unbeachtet, nicht unerkannt, lassen konnte. Gleichwohl war sie nicht zu bereden, Antonien ein einzigesmal in ihrer Abgeschlossenheit aufzusuchen. Die Unglückliche litt zeither an einem unerträglichen Herzkrampf, der sie oft halbe Tage lang unfähig machte, ein Wort herauszubringen. Die Baronin lag deshalb Viktorinen oftmals an, ihre Güte zwischen beiden Schwestern zu theilen, doch sie entschuldigte sich anfangs unter frostiger Zurückhaltung, endlich aber sagte sie, nicht ohne entstellende Bitterkeit: ich war immer von strengen Sitten, geprüfter Auswahl meiner Freunde, und gestehn Sie mir, würde eine junge Frau, in den Tagen der guten Gesellschaft, Fräulein Antonien ungestraft in Paris haben sehen können? Sie können es sich nicht verbergen, daß der Schein, trotz aller klugen Maaßregeln ihrer Familie, gegen sie ist, und ich gestehe Ihnen, ich liebe meinen Ruf zu sehr, um ihm durch übel angebrachte Nachgiebigkeit schaden zu wollen. Die Baronin stutzte, doch machte sie eine so stolze als abwehrende Bewegung mit dem Kopfe, und sagte mit gezwungener Haltung: dagegen läßt sich nichts einwenden, das hat die Sitte sanktionirt. Doch kaum hatte sich Viktorine entfernt, als sie mit losbrechender Heftigkeit ausrief, wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0214" n="207"/> tausend leise Aufmerksamkeiten, und war von einer Aufopferung welche die Welt nicht unbeachtet, nicht unerkannt, lassen konnte. Gleichwohl war sie nicht zu bereden, Antonien ein einzigesmal in ihrer Abgeschlossenheit aufzusuchen. Die Unglückliche litt zeither an einem unerträglichen Herzkrampf, der sie oft halbe Tage lang unfähig machte, ein Wort herauszubringen. Die Baronin lag deshalb Viktorinen oftmals an, ihre Güte zwischen beiden Schwestern zu theilen, doch sie entschuldigte sich anfangs unter frostiger Zurückhaltung, endlich aber sagte sie, nicht ohne entstellende Bitterkeit: ich war immer von strengen Sitten, geprüfter Auswahl meiner Freunde, und gestehn Sie mir, würde eine junge Frau, in den Tagen der guten Gesellschaft, Fräulein Antonien ungestraft in Paris haben sehen können? Sie können es sich nicht verbergen, daß der Schein, trotz aller klugen Maaßregeln ihrer Familie, gegen sie ist, und ich gestehe Ihnen, ich liebe meinen Ruf zu sehr, um ihm durch übel angebrachte Nachgiebigkeit schaden zu wollen. Die Baronin stutzte, doch machte sie eine so stolze als abwehrende Bewegung mit dem Kopfe, und sagte mit gezwungener Haltung: dagegen läßt sich nichts einwenden, das hat die Sitte sanktionirt. Doch kaum hatte sich Viktorine entfernt, als sie mit losbrechender Heftigkeit ausrief, wie </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [207/0214]
tausend leise Aufmerksamkeiten, und war von einer Aufopferung welche die Welt nicht unbeachtet, nicht unerkannt, lassen konnte. Gleichwohl war sie nicht zu bereden, Antonien ein einzigesmal in ihrer Abgeschlossenheit aufzusuchen. Die Unglückliche litt zeither an einem unerträglichen Herzkrampf, der sie oft halbe Tage lang unfähig machte, ein Wort herauszubringen. Die Baronin lag deshalb Viktorinen oftmals an, ihre Güte zwischen beiden Schwestern zu theilen, doch sie entschuldigte sich anfangs unter frostiger Zurückhaltung, endlich aber sagte sie, nicht ohne entstellende Bitterkeit: ich war immer von strengen Sitten, geprüfter Auswahl meiner Freunde, und gestehn Sie mir, würde eine junge Frau, in den Tagen der guten Gesellschaft, Fräulein Antonien ungestraft in Paris haben sehen können? Sie können es sich nicht verbergen, daß der Schein, trotz aller klugen Maaßregeln ihrer Familie, gegen sie ist, und ich gestehe Ihnen, ich liebe meinen Ruf zu sehr, um ihm durch übel angebrachte Nachgiebigkeit schaden zu wollen. Die Baronin stutzte, doch machte sie eine so stolze als abwehrende Bewegung mit dem Kopfe, und sagte mit gezwungener Haltung: dagegen läßt sich nichts einwenden, das hat die Sitte sanktionirt. Doch kaum hatte sich Viktorine entfernt, als sie mit losbrechender Heftigkeit ausrief, wie
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