segesellschafter hielt, der indeß unbemerkt zu ih- nen gekommen war.
Er trug ein weißes Kleid, fast wie des Prie- sters Ordenshabit, nur daß ihm die Kappe ganz tief in's Gesicht hereinhing, und das Ganze in so weiten Falten um ihn herflog, daß er alle Augenblicke mit Aufraffen und über den Arm schlagen oder sonst dergleichen Anordnungen zu thun hatte, ohne daß er doch dadurch im gering- sten im Gehen behindert schien. Als die jun- gen Eheleute seiner gewahr wurden, sagte er eben: und so wohn' ich denn schon seit vielen Jahren hier im Walde, mein ehrwürdiger Herr, ohne daß man mich Eurem Sinne nach einen Eremiten nennen könnte. Denn, wie gesagt, von Buße weiß ich nichts, und glaube sie auch nicht sonderlich zu bedürfen. Ich habe nur deswegen den Wald so lieb, weil es sich auf eine ganz eigne Weise hübsch ausnimmt und mir Spaß macht, wenn ich in meinen flatternden weißen Kleidern durch die finstern Schatten und Blätter hingehe, und dann bisweilen ein süßer Sonnen-
ſegeſellſchafter hielt, der indeß unbemerkt zu ih- nen gekommen war.
Er trug ein weißes Kleid, faſt wie des Prie- ſters Ordenshabit, nur daß ihm die Kappe ganz tief in’s Geſicht hereinhing, und das Ganze in ſo weiten Falten um ihn herflog, daß er alle Augenblicke mit Aufraffen und uͤber den Arm ſchlagen oder ſonſt dergleichen Anordnungen zu thun hatte, ohne daß er doch dadurch im gering- ſten im Gehen behindert ſchien. Als die jun- gen Eheleute ſeiner gewahr wurden, ſagte er eben: und ſo wohn’ ich denn ſchon ſeit vielen Jahren hier im Walde, mein ehrwuͤrdiger Herr, ohne daß man mich Eurem Sinne nach einen Eremiten nennen koͤnnte. Denn, wie geſagt, von Buße weiß ich nichts, und glaube ſie auch nicht ſonderlich zu beduͤrfen. Ich habe nur deswegen den Wald ſo lieb, weil es ſich auf eine ganz eigne Weiſe huͤbſch ausnimmt und mir Spaß macht, wenn ich in meinen flatternden weißen Kleidern durch die finſtern Schatten und Blaͤtter hingehe, und dann bisweilen ein ſuͤßer Sonnen-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0106"n="92"/>ſegeſellſchafter hielt, der indeß unbemerkt zu ih-<lb/>
nen gekommen war.</p><lb/><p>Er trug ein weißes Kleid, faſt wie des Prie-<lb/>ſters Ordenshabit, nur daß ihm die Kappe ganz<lb/>
tief in’s Geſicht hereinhing, und das Ganze in<lb/>ſo weiten Falten um ihn herflog, daß er alle<lb/>
Augenblicke mit Aufraffen und uͤber den Arm<lb/>ſchlagen oder ſonſt dergleichen Anordnungen zu<lb/>
thun hatte, ohne daß er doch dadurch im gering-<lb/>ſten im Gehen behindert ſchien. Als die jun-<lb/>
gen Eheleute ſeiner gewahr wurden, ſagte er<lb/>
eben: und ſo wohn’ ich denn ſchon ſeit vielen<lb/>
Jahren hier im Walde, mein ehrwuͤrdiger Herr,<lb/>
ohne daß man mich Eurem Sinne nach einen<lb/>
Eremiten nennen koͤnnte. Denn, wie geſagt, von<lb/>
Buße weiß ich nichts, und glaube ſie auch nicht<lb/>ſonderlich zu beduͤrfen. Ich habe nur deswegen<lb/>
den Wald ſo lieb, weil es ſich auf eine ganz<lb/>
eigne Weiſe huͤbſch ausnimmt und mir Spaß<lb/>
macht, wenn ich in meinen flatternden weißen<lb/>
Kleidern durch die finſtern Schatten und Blaͤtter<lb/>
hingehe, und dann bisweilen ein ſuͤßer Sonnen-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[92/0106]
ſegeſellſchafter hielt, der indeß unbemerkt zu ih-
nen gekommen war.
Er trug ein weißes Kleid, faſt wie des Prie-
ſters Ordenshabit, nur daß ihm die Kappe ganz
tief in’s Geſicht hereinhing, und das Ganze in
ſo weiten Falten um ihn herflog, daß er alle
Augenblicke mit Aufraffen und uͤber den Arm
ſchlagen oder ſonſt dergleichen Anordnungen zu
thun hatte, ohne daß er doch dadurch im gering-
ſten im Gehen behindert ſchien. Als die jun-
gen Eheleute ſeiner gewahr wurden, ſagte er
eben: und ſo wohn’ ich denn ſchon ſeit vielen
Jahren hier im Walde, mein ehrwuͤrdiger Herr,
ohne daß man mich Eurem Sinne nach einen
Eremiten nennen koͤnnte. Denn, wie geſagt, von
Buße weiß ich nichts, und glaube ſie auch nicht
ſonderlich zu beduͤrfen. Ich habe nur deswegen
den Wald ſo lieb, weil es ſich auf eine ganz
eigne Weiſe huͤbſch ausnimmt und mir Spaß
macht, wenn ich in meinen flatternden weißen
Kleidern durch die finſtern Schatten und Blaͤtter
hingehe, und dann bisweilen ein ſuͤßer Sonnen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/106>, abgerufen am 15.08.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.