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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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gung gegeben haben, denn er blieb ohne Wider-
rede auf der Burg, und ein Eilbote ward abge-
sandt, den Pater Heilmann, der in frühern
glücklichen Tagen Undinen und Huldbranden
eingeseegnet hatte, zur zweiten Trauung des
Ritters nach dem Schlosse zu holen.

Der fromme Mann aber hatte kaum den
Brief des Herrn von Ringstetten durchlesen, so
machte er sich in noch viel größerer Eile nach
dem Schlosse auf den Weg, als der Bote von
dorten zu ihm gekommen war. Wenn ihm auf
dem schnellen Gange der Othem fehlte, oder die
alten Glieder schmerzten vor Müdigkeit, pflegte
er zu sich selber zu sagen: vielleicht ist noch Un-
recht zu hindern; sinke nicht eher, als am Ziele,
du verdorrter Leib! -- Und mit erneuter
Kraft riß er sich alsdann auf, und wallte und
wallte, ohne Rast und Ruh, bis er eines Abends
spät in den belaubten Hof der Burg Ringstetten
eintrat.

Die Brautleute saßen Arm in Arm unter
den Bäumen, der alte Fischer nachdenklich neben

gung gegeben haben, denn er blieb ohne Wider-
rede auf der Burg, und ein Eilbote ward abge-
ſandt, den Pater Heilmann, der in fruͤhern
gluͤcklichen Tagen Undinen und Huldbranden
eingeſeegnet hatte, zur zweiten Trauung des
Ritters nach dem Schloſſe zu holen.

Der fromme Mann aber hatte kaum den
Brief des Herrn von Ringſtetten durchleſen, ſo
machte er ſich in noch viel groͤßerer Eile nach
dem Schloſſe auf den Weg, als der Bote von
dorten zu ihm gekommen war. Wenn ihm auf
dem ſchnellen Gange der Othem fehlte, oder die
alten Glieder ſchmerzten vor Muͤdigkeit, pflegte
er zu ſich ſelber zu ſagen: vielleicht iſt noch Un-
recht zu hindern; ſinke nicht eher, als am Ziele,
du verdorrter Leib! — Und mit erneuter
Kraft riß er ſich alsdann auf, und wallte und
wallte, ohne Raſt und Ruh, bis er eines Abends
ſpaͤt in den belaubten Hof der Burg Ringſtetten
eintrat.

Die Brautleute ſaßen Arm in Arm unter
den Baͤumen, der alte Fiſcher nachdenklich neben

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[167/0181] gung gegeben haben, denn er blieb ohne Wider- rede auf der Burg, und ein Eilbote ward abge- ſandt, den Pater Heilmann, der in fruͤhern gluͤcklichen Tagen Undinen und Huldbranden eingeſeegnet hatte, zur zweiten Trauung des Ritters nach dem Schloſſe zu holen. Der fromme Mann aber hatte kaum den Brief des Herrn von Ringſtetten durchleſen, ſo machte er ſich in noch viel groͤßerer Eile nach dem Schloſſe auf den Weg, als der Bote von dorten zu ihm gekommen war. Wenn ihm auf dem ſchnellen Gange der Othem fehlte, oder die alten Glieder ſchmerzten vor Muͤdigkeit, pflegte er zu ſich ſelber zu ſagen: vielleicht iſt noch Un- recht zu hindern; ſinke nicht eher, als am Ziele, du verdorrter Leib! — Und mit erneuter Kraft riß er ſich alsdann auf, und wallte und wallte, ohne Raſt und Ruh, bis er eines Abends ſpaͤt in den belaubten Hof der Burg Ringſtetten eintrat. Die Brautleute ſaßen Arm in Arm unter den Baͤumen, der alte Fiſcher nachdenklich neben

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/181>, abgerufen am 04.12.2024.