die in dieser Gegend wohnen. Ich merkte, daß sie auch mich ansah, und wie es nun bei uns jungen Rittern zu kommen pflegt: hatte ich erst brav geritten, so ging es nun noch ganz anders los. Den Abend bei'm Tanze war ich Bertal- da's Gefährt, und das blieb so alle die Tage des Festes hindurch.
Ein empfindlicher Schmerz an seiner linken herunterhängenden Hand unterbrach hier Huld- brands Rede, und zog seine Blicke nach der schmerzenden Stelle. Undine hatte ihre Per- lenzähne scharf in seine Finger gesetzt, und sah dabei recht finster und unwillig aus. Plötzlich aber schaute sie ihm freundlich wehmüthig in die Augen, und flüsterte ganz leise: Ihr macht es auch darnach. -- Dann verhüllte sie ihr Ge- sicht, und der Ritter fuhr seltsam verwirrt und nachdenklich in seiner Geschichte fort:
Es ist eine hochmüthige, wunderliche Maid, diese Bertalda. Sie gefiel mir auch am zwei- ten Tage schon lange nicht mehr, wie am er- sten, und am dritten noch minder. Aber ich
die in dieſer Gegend wohnen. Ich merkte, daß ſie auch mich anſah, und wie es nun bei uns jungen Rittern zu kommen pflegt: hatte ich erſt brav geritten, ſo ging es nun noch ganz anders los. Den Abend bei’m Tanze war ich Bertal- da’s Gefaͤhrt, und das blieb ſo alle die Tage des Feſtes hindurch.
Ein empfindlicher Schmerz an ſeiner linken herunterhaͤngenden Hand unterbrach hier Huld- brands Rede, und zog ſeine Blicke nach der ſchmerzenden Stelle. Undine hatte ihre Per- lenzaͤhne ſcharf in ſeine Finger geſetzt, und ſah dabei recht finſter und unwillig aus. Ploͤtzlich aber ſchaute ſie ihm freundlich wehmuͤthig in die Augen, und fluͤſterte ganz leiſe: Ihr macht es auch darnach. — Dann verhuͤllte ſie ihr Ge- ſicht, und der Ritter fuhr ſeltſam verwirrt und nachdenklich in ſeiner Geſchichte fort:
Es iſt eine hochmuͤthige, wunderliche Maid, dieſe Bertalda. Sie gefiel mir auch am zwei- ten Tage ſchon lange nicht mehr, wie am er- ſten, und am dritten noch minder. Aber ich
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die in dieſer Gegend wohnen. Ich merkte, daß
ſie auch mich anſah, und wie es nun bei uns
jungen Rittern zu kommen pflegt: hatte ich erſt
brav geritten, ſo ging es nun noch ganz anders
los. Den Abend bei’m Tanze war ich Bertal-
da’s Gefaͤhrt, und das blieb ſo alle die Tage
des Feſtes hindurch.
Ein empfindlicher Schmerz an ſeiner linken
herunterhaͤngenden Hand unterbrach hier Huld-
brands Rede, und zog ſeine Blicke nach der
ſchmerzenden Stelle. Undine hatte ihre Per-
lenzaͤhne ſcharf in ſeine Finger geſetzt, und ſah
dabei recht finſter und unwillig aus. Ploͤtzlich
aber ſchaute ſie ihm freundlich wehmuͤthig in die
Augen, und fluͤſterte ganz leiſe: Ihr macht es
auch darnach. — Dann verhuͤllte ſie ihr Ge-
ſicht, und der Ritter fuhr ſeltſam verwirrt und
nachdenklich in ſeiner Geſchichte fort:
Es iſt eine hochmuͤthige, wunderliche Maid,
dieſe Bertalda. Sie gefiel mir auch am zwei-
ten Tage ſchon lange nicht mehr, wie am er-
ſten, und am dritten noch minder. Aber ich
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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/51>, abgerufen am 16.02.2025.
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