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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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der Stickerei des Sattels und der Pferdedecke ernst
entgegenleuchtete, oder sein schönes Schwerdt un-
versehens vom Nagel, an welchem es in der Hütte
hing, herabfiel, im Sturze aus der Scheide glei-
tend, -- so beruhigte er sein zweifelndes Ge-
müth damit: Undine sei gar keine Fischers-
Tochter, sei vielmehr, aller Wahrscheinlichkeit
nach, aus einem wundersamen, hochfürstlichen
Hause der Fremde, gebürtig. Nur das war ihm
in der Seele zuwider, wenn die alte Frau Un-
dinen in seiner Gegenwart schalt. Das launi-
sche Mädchen lachte zwar meist, ohne alles Hehl,
ganz ausgelassen darüber; aber ihm war es, als
taste man seine Ehre an, und doch wußte er der
alten Fischerin nicht Unrecht zu geben, denn Un-
dine verdiente immer zum wenigsten zehnfach so
viele Schelte, als sie bekam; daher er denn auch
der Hauswirthin im Herzen gewogen blieb, und
das ganze Leben seinen stillen, vergnüglichen Gang
fürder ging.

Es kam aber doch endlich eine Störung
hinein; der Fischer und der Ritter waren nehm-

der Stickerei des Sattels und der Pferdedecke ernſt
entgegenleuchtete, oder ſein ſchoͤnes Schwerdt un-
verſehens vom Nagel, an welchem es in der Huͤtte
hing, herabfiel, im Sturze aus der Scheide glei-
tend, — ſo beruhigte er ſein zweifelndes Ge-
muͤth damit: Undine ſei gar keine Fiſchers-
Tochter, ſei vielmehr, aller Wahrſcheinlichkeit
nach, aus einem wunderſamen, hochfuͤrſtlichen
Hauſe der Fremde, gebuͤrtig. Nur das war ihm
in der Seele zuwider, wenn die alte Frau Un-
dinen in ſeiner Gegenwart ſchalt. Das launi-
ſche Maͤdchen lachte zwar meiſt, ohne alles Hehl,
ganz ausgelaſſen daruͤber; aber ihm war es, als
taſte man ſeine Ehre an, und doch wußte er der
alten Fiſcherin nicht Unrecht zu geben, denn Un-
dine verdiente immer zum wenigſten zehnfach ſo
viele Schelte, als ſie bekam; daher er denn auch
der Hauswirthin im Herzen gewogen blieb, und
das ganze Leben ſeinen ſtillen, vergnuͤglichen Gang
fuͤrder ging.

Es kam aber doch endlich eine Stoͤrung
hinein; der Fiſcher und der Ritter waren nehm-

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[52/0066] der Stickerei des Sattels und der Pferdedecke ernſt entgegenleuchtete, oder ſein ſchoͤnes Schwerdt un- verſehens vom Nagel, an welchem es in der Huͤtte hing, herabfiel, im Sturze aus der Scheide glei- tend, — ſo beruhigte er ſein zweifelndes Ge- muͤth damit: Undine ſei gar keine Fiſchers- Tochter, ſei vielmehr, aller Wahrſcheinlichkeit nach, aus einem wunderſamen, hochfuͤrſtlichen Hauſe der Fremde, gebuͤrtig. Nur das war ihm in der Seele zuwider, wenn die alte Frau Un- dinen in ſeiner Gegenwart ſchalt. Das launi- ſche Maͤdchen lachte zwar meiſt, ohne alles Hehl, ganz ausgelaſſen daruͤber; aber ihm war es, als taſte man ſeine Ehre an, und doch wußte er der alten Fiſcherin nicht Unrecht zu geben, denn Un- dine verdiente immer zum wenigſten zehnfach ſo viele Schelte, als ſie bekam; daher er denn auch der Hauswirthin im Herzen gewogen blieb, und das ganze Leben ſeinen ſtillen, vergnuͤglichen Gang fuͤrder ging. Es kam aber doch endlich eine Stoͤrung hinein; der Fiſcher und der Ritter waren nehm-

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/66>, abgerufen am 21.11.2024.