lich gewohnt gewesen, beim Mittagsmahle, und auch des Abends, wenn der Wind draussen heulte, wie er es fast immer gegen die Nacht zu thun pflegte, sich mit einander bei einem Kruge Wein zu ergötzen. Nun war aber der ganze Vorrath zu Ende gegangen, den der Fischer früher von der Stadt nach und nach mitgebracht hatte, und die beiden Männer wurden darüber ganz ver- drießlich. Undine lachte sie den Tag über wacker aus, ohne daß beide so lustig, wie gewöhnlich, in ihre Scherze einstimmten. Gegen Abend war sie aus der Hütte gegangen: sie sagte, um den zwei langen und langweiligen Gesichtern zu ent- gehn. Weil es nun in der Dämmerung wieder nach Sturm aussah, und das Wasser bereits heulte und rauschte, sprangen der Ritter und der Fischer erschreckt vor die Thür, um das Mädchen heim- zuholen, der Angst jener Nacht gedenkend, wo Huldbrand zum erstenmal in der Hütte gewesen war. Undine aber trat ihnen entgegen, freund- lich in ihre Händchen klopfend. Was gebt Ihr mir, wenn ich Euch Wein verschaffe? Oder viel-
lich gewohnt geweſen, beim Mittagsmahle, und auch des Abends, wenn der Wind drauſſen heulte, wie er es faſt immer gegen die Nacht zu thun pflegte, ſich mit einander bei einem Kruge Wein zu ergoͤtzen. Nun war aber der ganze Vorrath zu Ende gegangen, den der Fiſcher fruͤher von der Stadt nach und nach mitgebracht hatte, und die beiden Maͤnner wurden daruͤber ganz ver- drießlich. Undine lachte ſie den Tag uͤber wacker aus, ohne daß beide ſo luſtig, wie gewoͤhnlich, in ihre Scherze einſtimmten. Gegen Abend war ſie aus der Huͤtte gegangen: ſie ſagte, um den zwei langen und langweiligen Geſichtern zu ent- gehn. Weil es nun in der Daͤmmerung wieder nach Sturm ausſah, und das Waſſer bereits heulte und rauſchte, ſprangen der Ritter und der Fiſcher erſchreckt vor die Thuͤr, um das Maͤdchen heim- zuholen, der Angſt jener Nacht gedenkend, wo Huldbrand zum erſtenmal in der Huͤtte geweſen war. Undine aber trat ihnen entgegen, freund- lich in ihre Haͤndchen klopfend. Was gebt Ihr mir, wenn ich Euch Wein verſchaffe? Oder viel-
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lich gewohnt geweſen, beim Mittagsmahle, und
auch des Abends, wenn der Wind drauſſen heulte,
wie er es faſt immer gegen die Nacht zu thun
pflegte, ſich mit einander bei einem Kruge Wein
zu ergoͤtzen. Nun war aber der ganze Vorrath
zu Ende gegangen, den der Fiſcher fruͤher von
der Stadt nach und nach mitgebracht hatte, und
die beiden Maͤnner wurden daruͤber ganz ver-
drießlich. Undine lachte ſie den Tag uͤber wacker
aus, ohne daß beide ſo luſtig, wie gewoͤhnlich, in
ihre Scherze einſtimmten. Gegen Abend war
ſie aus der Huͤtte gegangen: ſie ſagte, um den
zwei langen und langweiligen Geſichtern zu ent-
gehn. Weil es nun in der Daͤmmerung wieder
nach Sturm ausſah, und das Waſſer bereits heulte
und rauſchte, ſprangen der Ritter und der Fiſcher
erſchreckt vor die Thuͤr, um das Maͤdchen heim-
zuholen, der Angſt jener Nacht gedenkend, wo
Huldbrand zum erſtenmal in der Huͤtte geweſen
war. Undine aber trat ihnen entgegen, freund-
lich in ihre Haͤndchen klopfend. Was gebt Ihr
mir, wenn ich Euch Wein verſchaffe? Oder viel-
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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/67>, abgerufen am 16.02.2025.
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