schöne Kleid nähen, das ich grade anhatte, da ich zu Euch kam. Sie verboten mir auch, auf irgend eine Weise Jemandem davon zu sagen vor meinem Hochzeitabend. Da habe ich sie denn also stille heraus getrennt, und verborgen gehalten bis Heute. -- Der Priester unter- brach das weitere Fragen und Verwundern, in- dem er die geweihten Kerzen anzündete, sie auf einen Tisch stellte, und das Brautpaar sich ge- genüber treten hieß. Er gab sie sodann mit kurzen, feierlichen, Worten zusammen, die alten Eheleute segneten die jungen, und die Braut lehnte sich leise zitternd und nachdenklich an den Ritter. Da sagte der Priester mit einem Male: ihr Leute seid doch seltsam! Was sagt Ihr mir denn, Ihr wäret die einzigen Men- schen hier auf der Insel? Und während der ganzen Trauhandlung sah zu dem Fenster mir gegenüber ein ansehnlicher, langer Mann im weißen Mantel herein. Er muß noch vor der Thüre stehn, wenn Ihr ihn etwan mit in's Haus nöthigen wollt. -- Gott bewahre! sagte
ſchoͤne Kleid naͤhen, das ich grade anhatte, da ich zu Euch kam. Sie verboten mir auch, auf irgend eine Weiſe Jemandem davon zu ſagen vor meinem Hochzeitabend. Da habe ich ſie denn alſo ſtille heraus getrennt, und verborgen gehalten bis Heute. — Der Prieſter unter- brach das weitere Fragen und Verwundern, in- dem er die geweihten Kerzen anzuͤndete, ſie auf einen Tiſch ſtellte, und das Brautpaar ſich ge- genuͤber treten hieß. Er gab ſie ſodann mit kurzen, feierlichen, Worten zuſammen, die alten Eheleute ſegneten die jungen, und die Braut lehnte ſich leiſe zitternd und nachdenklich an den Ritter. Da ſagte der Prieſter mit einem Male: ihr Leute ſeid doch ſeltſam! Was ſagt Ihr mir denn, Ihr waͤret die einzigen Men- ſchen hier auf der Inſel? Und waͤhrend der ganzen Trauhandlung ſah zu dem Fenſter mir gegenuͤber ein anſehnlicher, langer Mann im weißen Mantel herein. Er muß noch vor der Thuͤre ſtehn, wenn Ihr ihn etwan mit in’s Haus noͤthigen wollt. — Gott bewahre! ſagte
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ſchoͤne Kleid naͤhen, das ich grade anhatte, da
ich zu Euch kam. Sie verboten mir auch, auf
irgend eine Weiſe Jemandem davon zu ſagen
vor meinem Hochzeitabend. Da habe ich ſie
denn alſo ſtille heraus getrennt, und verborgen
gehalten bis Heute. — Der Prieſter unter-
brach das weitere Fragen und Verwundern, in-
dem er die geweihten Kerzen anzuͤndete, ſie auf
einen Tiſch ſtellte, und das Brautpaar ſich ge-
genuͤber treten hieß. Er gab ſie ſodann mit
kurzen, feierlichen, Worten zuſammen, die alten
Eheleute ſegneten die jungen, und die Braut
lehnte ſich leiſe zitternd und nachdenklich an
den Ritter. Da ſagte der Prieſter mit einem
Male: ihr Leute ſeid doch ſeltſam! Was ſagt
Ihr mir denn, Ihr waͤret die einzigen Men-
ſchen hier auf der Inſel? Und waͤhrend der
ganzen Trauhandlung ſah zu dem Fenſter mir
gegenuͤber ein anſehnlicher, langer Mann im
weißen Mantel herein. Er muß noch vor der
Thuͤre ſtehn, wenn Ihr ihn etwan mit in’s
Haus noͤthigen wollt. — Gott bewahre! ſagte
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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/83>, abgerufen am 16.02.2025.
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