Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

Bild:
<< vorherige Seite
Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.

Schönwald. Solte man aber nicht ein leichteres Mittel/ als die
Parallax-Findung/ haben können/ die Höhe der Kometen beyläuffig zu
errathen?

Goldstern. Ja. Aus dem Unterscheid ihrer Farbe kan man etli-Daß man
die Weite
und Ge-
burts-stätte
deß Plane-
ten an der
Farbe schier
abneh men
könne.

cher Massen abnehmen/ wo der Komet sein rechtes Quartier oder Ge-
burts-Stätte habe/ und aus welcher Planeten Dunst-Kreisen er ent-
sprossen; so wol auch mutmassen/ ob ein Komet fern oder unfern/ und wie
weit/ von der Erden/ oder Sonnen/ verrucken werde/ und welche Kome-
ten am höchsten werden steigen. Wiewol diese Kennzeichen/ oder Anzei-
gungen nur einfältig/ und nicht aus der Kunst/ sondern aus vernünfftiger
Vermutung. Einige hochgelehrte Mathematici sind der Meinung/ daß
die blasse und bläulich-gelbe oder Bley-farbne (*) Kometen höher und
weiter gehen können/ als die rötliche und hellere: weil diese ihre Materi/
aus dem Merkur/ der Sonnen/ und dem Marte/ haben/ solchem nach
auch/ in den Kreisen selbiger Planeten/ wiederum zerstöbern und vonein-
ander fallen: Jene aber/ gleichwie sie/ aus den Kreisen der öberen Kör-
per/ ihren Ursprung empfangen/ also auch wiederuW dahin trachten/ von
wannen sie bürtig sind.

Herr Hevelius/ der diese-Mutmassung insonderheit/ und/ vor an-
dren/ bescheiniget/ schreibt/ so viel er spühre/ möge man auch wol/ von ih-
ren Parallaxen/ aus den Farben/ einige Vermutung schöpffen; nemlich
daß die blassere und Asch-farbene allezeit eine geringe Parallax; die röte-
re Kometen aber eine grössere haben: weil jene höher und weiter streben/
nemlich nach ihren Geburts-Kreisen zu. Und ob man zwar gedencken
möchte/ diß wären leere Einbildungen: findt sichs doch/ nach fleissiger Be-
trachtung der Kometischen Observationen/ daß es der Vernunfft nicht
zuwidern. Denn der Komet deß Jahrs 1577. welcher am Haupt weiß-
gelblich war/ ist/ wie Tycho bezeuget (a) an seinem Ende/ auf 1733. hal-
be Erd-Diameters entfernet gewesen.

Und von dem Kometen/ der Anno 1580. erschienen/ liset man/ bey
demselbigen Tycho Brahe (b) er habe/ um die Zeit seines Abtritts oder
Ausgangs/ gar keine Parallax gegeben; dannenhero man die Gewißheit
habe/ daß er/ bis an den Saturn/ kommen sey. An dem Kometen 1590.
Jahrs/ der gleichfalls ein tunckles/ rares (oder verseltetes) Liecht gehabt/
hat Tycho gar keine Spuhr der Parallax finden können. (c)

Hinge-
(*) Sublividos.
(a) In prooemio ejusdem Cometae, apud Dn. Hevelium.
(b) In Epist. ejusdem ad Landgravium.
(c) Ut ipse testatur in Epist. ad Landgravium p. 174.
Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.

Schoͤnwald. Solte man aber nicht ein leichteres Mittel/ als die
Parallax-Findung/ haben koͤnnen/ die Hoͤhe der Kometen beylaͤuffig zu
errathen?

Goldſtern. Ja. Aus dem Unterſcheid ihrer Farbe kan man etli-Daß man
die Weite
und Ge-
burts-ſtaͤtte
deß Plane-
ten an der
Faꝛbe ſchier
abneh men
koͤnne.

cher Maſſen abnehmen/ wo der Komet ſein rechtes Quartier oder Ge-
burts-Staͤtte habe/ und aus welcher Planeten Dunſt-Kreiſen er ent-
ſproſſen; ſo wol auch mutmaſſen/ ob ein Komet fern oder unfern/ und wie
weit/ von der Erden/ oder Sonnen/ verrucken werde/ und welche Kome-
ten am hoͤchſten werden ſteigen. Wiewol dieſe Kennzeichen/ oder Anzei-
gungen nur einfaͤltig/ und nicht aus der Kunſt/ ſondern aus vernuͤnfftiger
Vermutung. Einige hochgelehrte Mathematici ſind der Meinung/ daß
die blaſſe und blaͤulich-gelbe oder Bley-farbne (*) Kometen hoͤher und
weiter gehen koͤnnen/ als die roͤtliche und hellere: weil dieſe ihre Materi/
aus dem Merkur/ der Sonnen/ und dem Marte/ haben/ ſolchem nach
auch/ in den Kreiſen ſelbiger Planeten/ wiederum zerſtoͤbern und vonein-
ander fallen: Jene aber/ gleichwie ſie/ aus den Kreiſen der oͤberen Koͤr-
per/ ihren Urſprung empfangen/ alſo auch wiederuɯ dahin trachten/ von
wannen ſie buͤrtig ſind.

Herꝛ Hevelius/ der dieſe-Mutmaſſung inſonderheit/ und/ vor an-
dren/ beſcheiniget/ ſchreibt/ ſo viel er ſpuͤhre/ moͤge man auch wol/ von ih-
ren Parallaxen/ aus den Farben/ einige Vermutung ſchoͤpffen; nemlich
daß die blaſſere und Aſch-farbene allezeit eine geringe Parallax; die roͤte-
re Kometen aber eine groͤſſere haben: weil jene hoͤher und weiter ſtreben/
nemlich nach ihren Geburts-Kreiſen zu. Und ob man zwar gedencken
moͤchte/ diß waͤren leere Einbildungen: findt ſichs doch/ nach fleiſſiger Be-
trachtung der Kometiſchen Obſervationen/ daß es der Vernunfft nicht
zuwidern. Denn der Komet deß Jahrs 1577. welcher am Haupt weiß-
gelblich war/ iſt/ wie Tycho bezeuget (a) an ſeinem Ende/ auf 1733. hal-
be Erd-Diameters entfernet geweſen.

Und von dem Kometen/ der Anno 1580. erſchienen/ liſet man/ bey
demſelbigen Tycho Brahe (b) er habe/ um die Zeit ſeines Abtritts oder
Ausgangs/ gar keine Parallax gegeben; dannenhero man die Gewißheit
habe/ daß er/ bis an den Saturn/ kommen ſey. An dem Kometen 1590.
Jahrs/ der gleichfalls ein tunckles/ rares (oder verſeltetes) Liecht gehabt/
hat Tycho gar keine Spuhr der Parallax finden koͤnnen. (c)

Hinge-
(*) Sublividos.
(a) In proœmio ejusdem Cometæ, apud Dn. Hevelium.
(b) In Epiſt. ejusdem ad Landgravium.
(c) Ut ipſe teſtatur in Epiſt. ad Landgravium p. 174.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f1269" n="1199"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.</hi> </fw><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Scho&#x0364;nwald.</hi> Solte man aber nicht ein leichteres Mittel/ als die<lb/>
Parallax-Findung/ haben ko&#x0364;nnen/ die Ho&#x0364;he der Kometen beyla&#x0364;uffig zu<lb/>
errathen?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Gold&#x017F;tern.</hi> Ja. Aus dem Unter&#x017F;cheid ihrer Farbe kan man etli-<note place="right">Daß man<lb/>
die Weite<lb/>
und Ge-<lb/>
burts-&#x017F;ta&#x0364;tte<lb/>
deß Plane-<lb/>
ten an der<lb/>
Fa&#xA75B;be &#x017F;chier<lb/>
abneh men<lb/>
ko&#x0364;nne.</note><lb/>
cher Ma&#x017F;&#x017F;en abnehmen/ wo der Komet &#x017F;ein rechtes Quartier oder Ge-<lb/>
burts-Sta&#x0364;tte habe/ und aus welcher Planeten Dun&#x017F;t-Krei&#x017F;en er ent-<lb/>
&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;o wol auch mutma&#x017F;&#x017F;en/ ob ein Komet fern oder unfern/ und wie<lb/>
weit/ von der Erden/ oder Sonnen/ verrucken werde/ und welche Kome-<lb/>
ten am ho&#x0364;ch&#x017F;ten werden &#x017F;teigen. Wiewol die&#x017F;e Kennzeichen/ oder Anzei-<lb/>
gungen nur einfa&#x0364;ltig/ und nicht aus der Kun&#x017F;t/ &#x017F;ondern aus vernu&#x0364;nfftiger<lb/>
Vermutung. Einige hochgelehrte Mathematici &#x017F;ind der Meinung/ daß<lb/>
die bla&#x017F;&#x017F;e und bla&#x0364;ulich-gelbe oder Bley-farbne <note place="foot" n="(*)"><hi rendition="#aq">Sublividos.</hi></note> Kometen ho&#x0364;her und<lb/>
weiter gehen ko&#x0364;nnen/ als die ro&#x0364;tliche und hellere: weil die&#x017F;e ihre Materi/<lb/>
aus dem Merkur/ der Sonnen/ und dem Marte/ haben/ &#x017F;olchem nach<lb/>
auch/ in den Krei&#x017F;en &#x017F;elbiger Planeten/ wiederum zer&#x017F;to&#x0364;bern und vonein-<lb/>
ander fallen: Jene aber/ gleichwie &#x017F;ie/ aus den Krei&#x017F;en der o&#x0364;beren Ko&#x0364;r-<lb/>
per/ ihren Ur&#x017F;prung empfangen/ al&#x017F;o auch wiederu&#x026F; dahin trachten/ von<lb/>
wannen &#x017F;ie bu&#x0364;rtig &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Her&#xA75B; Hevelius/ der die&#x017F;e-Mutma&#x017F;&#x017F;ung in&#x017F;onderheit/ und/ vor an-<lb/>
dren/ be&#x017F;cheiniget/ &#x017F;chreibt/ &#x017F;o viel er &#x017F;pu&#x0364;hre/ mo&#x0364;ge man auch wol/ von ih-<lb/>
ren Parallaxen/ aus den Farben/ einige Vermutung &#x017F;cho&#x0364;pffen; nemlich<lb/>
daß die bla&#x017F;&#x017F;ere und A&#x017F;ch-farbene allezeit eine geringe Parallax; die ro&#x0364;te-<lb/>
re Kometen aber eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere haben: weil jene ho&#x0364;her und weiter &#x017F;treben/<lb/>
nemlich nach ihren Geburts-Krei&#x017F;en zu. Und ob man zwar gedencken<lb/>
mo&#x0364;chte/ diß wa&#x0364;ren leere Einbildungen: findt &#x017F;ichs doch/ nach flei&#x017F;&#x017F;iger Be-<lb/>
trachtung der Kometi&#x017F;chen Ob&#x017F;ervationen/ daß es der Vernunfft nicht<lb/>
zuwidern. Denn der Komet deß Jahrs 1577. welcher am Haupt weiß-<lb/>
gelblich war/ i&#x017F;t/ wie Tycho bezeuget <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">In pro&#x0153;mio ejusdem Cometæ, apud Dn. Hevelium.</hi></note> an &#x017F;einem Ende/ auf 1733. hal-<lb/>
be Erd-Diameters entfernet gewe&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Und von dem Kometen/ der Anno 1580. er&#x017F;chienen/ li&#x017F;et man/ bey<lb/>
dem&#x017F;elbigen Tycho Brahe <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">In Epi&#x017F;t. ejusdem ad Landgravium.</hi></note> er habe/ um die Zeit &#x017F;eines Abtritts oder<lb/>
Ausgangs/ gar keine Parallax gegeben; dannenhero man die Gewißheit<lb/>
habe/ daß er/ bis an den Saturn/ kommen &#x017F;ey. An dem Kometen 1590.<lb/>
Jahrs/ der gleichfalls ein tunckles/ rares (oder ver&#x017F;eltetes) Liecht gehabt/<lb/>
hat Tycho gar keine Spuhr der Parallax finden ko&#x0364;nnen. <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Ut ip&#x017F;e te&#x017F;tatur in Epi&#x017F;t. ad Landgravium p.</hi> 174.</note></p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Hinge-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1199/1269] Von den Kometen/ oder Stern-Ruten. Schoͤnwald. Solte man aber nicht ein leichteres Mittel/ als die Parallax-Findung/ haben koͤnnen/ die Hoͤhe der Kometen beylaͤuffig zu errathen? Goldſtern. Ja. Aus dem Unterſcheid ihrer Farbe kan man etli- cher Maſſen abnehmen/ wo der Komet ſein rechtes Quartier oder Ge- burts-Staͤtte habe/ und aus welcher Planeten Dunſt-Kreiſen er ent- ſproſſen; ſo wol auch mutmaſſen/ ob ein Komet fern oder unfern/ und wie weit/ von der Erden/ oder Sonnen/ verrucken werde/ und welche Kome- ten am hoͤchſten werden ſteigen. Wiewol dieſe Kennzeichen/ oder Anzei- gungen nur einfaͤltig/ und nicht aus der Kunſt/ ſondern aus vernuͤnfftiger Vermutung. Einige hochgelehrte Mathematici ſind der Meinung/ daß die blaſſe und blaͤulich-gelbe oder Bley-farbne (*) Kometen hoͤher und weiter gehen koͤnnen/ als die roͤtliche und hellere: weil dieſe ihre Materi/ aus dem Merkur/ der Sonnen/ und dem Marte/ haben/ ſolchem nach auch/ in den Kreiſen ſelbiger Planeten/ wiederum zerſtoͤbern und vonein- ander fallen: Jene aber/ gleichwie ſie/ aus den Kreiſen der oͤberen Koͤr- per/ ihren Urſprung empfangen/ alſo auch wiederuɯ dahin trachten/ von wannen ſie buͤrtig ſind. Daß man die Weite und Ge- burts-ſtaͤtte deß Plane- ten an der Faꝛbe ſchier abneh men koͤnne. Herꝛ Hevelius/ der dieſe-Mutmaſſung inſonderheit/ und/ vor an- dren/ beſcheiniget/ ſchreibt/ ſo viel er ſpuͤhre/ moͤge man auch wol/ von ih- ren Parallaxen/ aus den Farben/ einige Vermutung ſchoͤpffen; nemlich daß die blaſſere und Aſch-farbene allezeit eine geringe Parallax; die roͤte- re Kometen aber eine groͤſſere haben: weil jene hoͤher und weiter ſtreben/ nemlich nach ihren Geburts-Kreiſen zu. Und ob man zwar gedencken moͤchte/ diß waͤren leere Einbildungen: findt ſichs doch/ nach fleiſſiger Be- trachtung der Kometiſchen Obſervationen/ daß es der Vernunfft nicht zuwidern. Denn der Komet deß Jahrs 1577. welcher am Haupt weiß- gelblich war/ iſt/ wie Tycho bezeuget (a) an ſeinem Ende/ auf 1733. hal- be Erd-Diameters entfernet geweſen. Und von dem Kometen/ der Anno 1580. erſchienen/ liſet man/ bey demſelbigen Tycho Brahe (b) er habe/ um die Zeit ſeines Abtritts oder Ausgangs/ gar keine Parallax gegeben; dannenhero man die Gewißheit habe/ daß er/ bis an den Saturn/ kommen ſey. An dem Kometen 1590. Jahrs/ der gleichfalls ein tunckles/ rares (oder verſeltetes) Liecht gehabt/ hat Tycho gar keine Spuhr der Parallax finden koͤnnen. (c) Hinge- (*) Sublividos. (a) In proœmio ejusdem Cometæ, apud Dn. Hevelium. (b) In Epiſt. ejusdem ad Landgravium. (c) Ut ipſe teſtatur in Epiſt. ad Landgravium p. 174.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1269
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1269>, abgerufen am 27.07.2024.