Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der drey und zwantzigste Discurs/ es sterbe/ weil es keine Mutter hat/ die es aufziehe/ als daß es beym Le-ben bleibe.(a) Ungewöhn- Adlerhaupt. Unser Herr Goldstern dörffte vielleicht wol ge- Goldstern. Nichts wenigers. Sondern der falsche Wahn ist die- Adler- (a) D. O. Dapper/ in Beschreibung der Asrie. Jnseln/ am 42. Bl.
Der drey und zwantzigſte Diſcurs/ es ſterbe/ weil es keine Mutter hat/ die es aufziehe/ als daß es beym Le-ben bleibe.(a) Ungewoͤhn- Adlerhaupt. Unſer Herꝛ Goldſtern doͤrffte vielleicht wol ge- Goldſtern. Nichts wenigers. Sondern der falſche Wahn iſt die- Adler- (a) D. O. Dapper/ in Beſchreibung der Aſrie. Jnſeln/ am 42. Bl.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f1566" n="1488"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der drey und zwantzigſte Diſcurs/</hi></fw><lb/> es ſterbe/ weil es keine Mutter hat/ die es aufziehe/ als daß es beym Le-<lb/> ben bleibe.<note place="foot" n="(a)">D. O. Dapper/ in Beſchreibung der Aſrie. Jnſeln/ am 42. Bl.</note></p><lb/> <p><note place="left">Ungewoͤhn-<lb/> liches Seh-<lb/> nen der Per-<lb/> ſiſchen Kuͤhe<lb/> nach ihren<lb/> Kaͤlbern.</note><hi rendition="#fr">Forell.</hi> Haͤtte der Teufel auch wol was Grauſamers koͤnnen er-<lb/> dencken/ als einen ſolchen aberglaubiſchen Wahn/ wodurch ſo manches<lb/> unmuͤndiges Kinde umgebracht/ und die Eltern zu Moͤrdern ihres Fleiſch<lb/> und Bluts werden? Olearius meldet/ es ſey ihm laͤcherlich vorkommen/<lb/> daß die Perſianer einhaͤllig berichtet/ ihre Kuͤhe haͤtten dieſe Art/ daß ſie<lb/> ſich zum Milch-Eimer nicht bequemen wollen/ es ſey denn ihr Kalb dabey.<lb/> und wenn etwa das Kalb ſtirbt/ (denn keines wird geſchlachtet/ noch ge-<lb/> geſſen) muͤſſen ſie die Haut mit Stroh ausſtopffen/ oben auf etwas Sal-<lb/> tzes ſtreuen/ und mit zur Kuhe bringen/ wenn denn die Kuhe daſſelbe be-<lb/> lecket/ gibt ſie ſich zufrieden; ſonſt ſoll ſie wuͤten und toben/ und ihr die<lb/> Milch nicht abnehmen laſſen. Dieſes Vieh beſchaͤmt ſolche heidniſche<lb/> Eltern/ in ſeiner Liebe und Treu/ und weiſet/ wie tieff die wahre Ver-<lb/> nunfft/ auch ſo gar unter die Unvernunfft eines Verſtand-loſen Thiers/<lb/> von einem wahnſinnigem Aberglauben/ koͤnne hinab geſtoſſen/ und in<lb/> den Moraſt der allerſchaͤndlichſten Grauſamkeit verſencket werden.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Adlerhaupt.</hi> Unſer Herꝛ <hi rendition="#fr">Goldſtern</hi> doͤrffte vielleicht wol ge-<lb/> dencken/ das Geſtirn neige dieſe Heiden/ zu ſolcher Grauſamkeit.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Goldſtern.</hi> Nichts wenigers. Sondern der falſche Wahn iſt die-<lb/> ſer Moͤrderey Vatter und Stiffter. Die geſunde Sterndeutung kan<lb/> dafuͤr eben ſo wenig/ als das edle Geſtirn ſelbſt/ fuͤr die Abgoͤtterey/ wo-<lb/> zu die blinde Heiden/ von demſelben/ Anlaß genommen. Jch rathe Nie-<lb/> manden/ ſeinem Gluͤck/ bey dem Geſtirn/ aberglaubiſch nachzuforſchen:<lb/> wenn er aber daraus erlernen kan/ wozu ſeine Natur am geſchickteſten<lb/> und bequemſten/ wolte ich ihm dennoch auch nicht rathen/ alles zu verach-<lb/> ten; ſondern ſolchen Mitteln/ deſto eifriger nachzuſtreben/ die zu ruͤhm-<lb/> licher Perfectionirung einer angebornen Bequemlichkeit behuͤlfflich koͤnn-<lb/> ten ſeyn. Und wenn er hiebey dennoch allein ſein Vertrauen auf GOtt<lb/> ſtellet; wird ihn keine Unſicherheit dabey gefaͤhren: zumal weil er verſicheꝛt<lb/> iſt/ das Geſtirn ſtehe ſo wol/ als er ſelbſt/ unter Goͤttlicher Regierung und<lb/> Fuͤrſehung/ die den Frommen alles laſſe zum Beſten gedeyen. Auf ſol-<lb/> che Weiſe/ bleibt dem Mißtrauen und Kleinmut aller Einbruch wol ver-<lb/> boten: zumal weil ſolche Verkuͤndigung deß Geſtirns/ fuͤr keine Unfehl-<lb/> barkeit/ geachtet werden mag. Welches dennoch nicht hindert/ eines<lb/> oder andres daraus zu mutmaſſen: weil ſolche Mutmaſſung gleichwol<lb/> nicht ſelten/ durch den Ausgang/ beſtetiget wird.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Adler-</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [1488/1566]
Der drey und zwantzigſte Diſcurs/
es ſterbe/ weil es keine Mutter hat/ die es aufziehe/ als daß es beym Le-
ben bleibe. (a)
Forell. Haͤtte der Teufel auch wol was Grauſamers koͤnnen er-
dencken/ als einen ſolchen aberglaubiſchen Wahn/ wodurch ſo manches
unmuͤndiges Kinde umgebracht/ und die Eltern zu Moͤrdern ihres Fleiſch
und Bluts werden? Olearius meldet/ es ſey ihm laͤcherlich vorkommen/
daß die Perſianer einhaͤllig berichtet/ ihre Kuͤhe haͤtten dieſe Art/ daß ſie
ſich zum Milch-Eimer nicht bequemen wollen/ es ſey denn ihr Kalb dabey.
und wenn etwa das Kalb ſtirbt/ (denn keines wird geſchlachtet/ noch ge-
geſſen) muͤſſen ſie die Haut mit Stroh ausſtopffen/ oben auf etwas Sal-
tzes ſtreuen/ und mit zur Kuhe bringen/ wenn denn die Kuhe daſſelbe be-
lecket/ gibt ſie ſich zufrieden; ſonſt ſoll ſie wuͤten und toben/ und ihr die
Milch nicht abnehmen laſſen. Dieſes Vieh beſchaͤmt ſolche heidniſche
Eltern/ in ſeiner Liebe und Treu/ und weiſet/ wie tieff die wahre Ver-
nunfft/ auch ſo gar unter die Unvernunfft eines Verſtand-loſen Thiers/
von einem wahnſinnigem Aberglauben/ koͤnne hinab geſtoſſen/ und in
den Moraſt der allerſchaͤndlichſten Grauſamkeit verſencket werden.
Ungewoͤhn-
liches Seh-
nen der Per-
ſiſchen Kuͤhe
nach ihren
Kaͤlbern.
Adlerhaupt. Unſer Herꝛ Goldſtern doͤrffte vielleicht wol ge-
dencken/ das Geſtirn neige dieſe Heiden/ zu ſolcher Grauſamkeit.
Goldſtern. Nichts wenigers. Sondern der falſche Wahn iſt die-
ſer Moͤrderey Vatter und Stiffter. Die geſunde Sterndeutung kan
dafuͤr eben ſo wenig/ als das edle Geſtirn ſelbſt/ fuͤr die Abgoͤtterey/ wo-
zu die blinde Heiden/ von demſelben/ Anlaß genommen. Jch rathe Nie-
manden/ ſeinem Gluͤck/ bey dem Geſtirn/ aberglaubiſch nachzuforſchen:
wenn er aber daraus erlernen kan/ wozu ſeine Natur am geſchickteſten
und bequemſten/ wolte ich ihm dennoch auch nicht rathen/ alles zu verach-
ten; ſondern ſolchen Mitteln/ deſto eifriger nachzuſtreben/ die zu ruͤhm-
licher Perfectionirung einer angebornen Bequemlichkeit behuͤlfflich koͤnn-
ten ſeyn. Und wenn er hiebey dennoch allein ſein Vertrauen auf GOtt
ſtellet; wird ihn keine Unſicherheit dabey gefaͤhren: zumal weil er verſicheꝛt
iſt/ das Geſtirn ſtehe ſo wol/ als er ſelbſt/ unter Goͤttlicher Regierung und
Fuͤrſehung/ die den Frommen alles laſſe zum Beſten gedeyen. Auf ſol-
che Weiſe/ bleibt dem Mißtrauen und Kleinmut aller Einbruch wol ver-
boten: zumal weil ſolche Verkuͤndigung deß Geſtirns/ fuͤr keine Unfehl-
barkeit/ geachtet werden mag. Welches dennoch nicht hindert/ eines
oder andres daraus zu mutmaſſen: weil ſolche Mutmaſſung gleichwol
nicht ſelten/ durch den Ausgang/ beſtetiget wird.
Adler-
(a) D. O. Dapper/ in Beſchreibung der Aſrie. Jnſeln/ am 42. Bl.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |