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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von dem Venu s-Stern.
wässeriger zugleich. Denn bestünde er aus lauter irdischer Materi; so
könnte er dem Erdbodem seinen Einfluß/ so reichlich und kräfftig/ nicht
schencken.

Kircherus läst seinen Sternwanderer/ von diesem Stern/ also re-
den. Seine Kugel kam weder/ mit unserer Erden/ noch mit
dem Mond/ überein; sondern praesentirte ihn/ in gantz unge-
wöhnlicher Gestalt/ so kein menschliches Auge nie gesehn.

Adlerhaupt. Das glaube ich: denn welcher Mensch ist droben ge-
wesen/ und hat die Sterne von Nahem hesichtiget?

Goldstern. Ey! so sophistisch muß es der Herr nicht nehmen; son-
dern also erklären/ daß man/ allhie auf Erden/ nichts dergleichen jemals/
an einigem Stern/ erblickt habe. Und weil mein Herr sonst nichts anders
zu erinnern hat/ laß ich den/ in Gedancken droben herum geterminirten/
Wandersmann vollends ausreden. Die gantze Kugel schien/ aus
einer sehr hellen Feuchtigkeit/ und aus einem Gebäu von dem
allerklarsten Krystall/ zusammengefügt. Und nachdem man
ein Stück-Weges fortgeschritten; ließ sich ein unermeßlich-
grosses Meer sehen/ welches so lieblich/ so anmutig leuchte-
te/ daß er
(der Wanderer) nie kein so holdseliges Licht gesehn.
Es war kein blendendes/ sondern süsses/ und den Augen an-
nehmliches Licht. Das Gewässer bewegte sich nicht so un-
gestümlich/ als wie das tobende Meer deß Monds: sondern
wallete gar lieblich. Die Jnseln/ Berge/ und Felsen/ sahen
nicht anders/ als wie Krystall. Jedoch war solcher Krystall
dem hiesigen nicht allerdings gleich/ sondern weit heller/ und
von andren Eigenschafften/ welche sich/ mit Worten/ nicht
wol ausdrucken lassen: gestaltsam auch die/ von solchem
Stern-Krystall aufgefangene Sonnen-Stralen einen solchen
wunderlichen Widerglantz von sich gaben/ der eben so wenig
recht auszusprechen. Alles bestund zwar/ aus den 4. Elemen-
ten/ und besagtes Meer war ein rechtes wesentliches Wasser/
auch der feste Bau deß Venerischen Stern-Körpers ein rech-
tes irdisches Element: aber die besondere Situation dieses
Sterns hatte ihnen solche Kräffte zugefügt/ welche von den
Gaben und Eigenschafften der Erden sehr unterschieden.
Zu gleicher weise/ wie/ in der Erd-Kugel/ alle Gewässer zwar
nicht einerley Farbe/ Geruch/ Geschmack/ und Kräffte ha-
ben/ und doch nur einerley wässeriges Element machen: also
giebt den himmlischen Elementen so wol die Stellung/ als der
veränderte Einfluß der Sonnen/ bald diese bald jene Art/ Eigen-

schafft/
E e e e ij

Von dem Venu s-Stern.
waͤſſeriger zugleich. Denn beſtuͤnde er aus lauter irdiſcher Materi; ſo
koͤnnte er dem Erdbodem ſeinen Einfluß/ ſo reichlich und kraͤfftig/ nicht
ſchencken.

Kircherus laͤſt ſeinen Sternwanderer/ von dieſem Stern/ alſo re-
den. Seine Kugel kam weder/ mit unſerer Erden/ noch mit
dem Mond/ uͤberein; ſondern præſentirte ihn/ in gantz unge-
woͤhnlicher Geſtalt/ ſo kein menſchliches Auge nie geſehn.

Adlerhaupt. Das glaube ich: denn welcher Menſch iſt droben ge-
weſen/ und hat die Sterne von Nahem heſichtiget?

Goldſtern. Ey! ſo ſophiſtiſch muß es der Herꝛ nicht nehmen; ſon-
dern alſo erklaͤren/ daß man/ allhie auf Erden/ nichts dergleichen jemals/
an einigem Stern/ erblickt habe. Und weil mein Herꝛ ſonſt nichts anders
zu erinnern hat/ laß ich den/ in Gedancken droben herum geterminirten/
Wandersmann vollends ausreden. Die gantze Kugel ſchien/ aus
einer ſehr hellen Feuchtigkeit/ und aus einem Gebaͤu von dem
allerklarſten Kryſtall/ zuſammengefuͤgt. Und nachdem man
ein Stuͤck-Weges fortgeſchritten; ließ ſich ein unermeßlich-
groſſes Meer ſehen/ welches ſo lieblich/ ſo anmutig leuchte-
te/ daß er
(der Wanderer) nie kein ſo holdſeliges Licht geſehn.
Es war kein blendendes/ ſondern ſuͤſſes/ und den Augen an-
nehmliches Licht. Das Gewaͤſſer bewegte ſich nicht ſo un-
geſtuͤmlich/ als wie das tobende Meer deß Monds: ſondern
wallete gar lieblich. Die Jnſeln/ Berge/ und Felſen/ ſahen
nicht anders/ als wie Kryſtall. Jedoch war ſolcher Kryſtall
dem hieſigen nicht allerdings gleich/ ſondern weit heller/ und
von andren Eigenſchafften/ welche ſich/ mit Worten/ nicht
wol ausdrucken laſſen: geſtaltſam auch die/ von ſolchem
Stern-Kryſtall aufgefangene Sonnen-Stralen einen ſolchen
wunderlichen Widerglantz von ſich gaben/ der eben ſo wenig
recht auszuſprechen. Alles beſtund zwar/ aus den 4. Elemen-
ten/ und beſagtes Meer war ein rechtes weſentliches Waſſer/
auch der feſte Bau deß Veneriſchen Stern-Koͤrpers ein rech-
tes irdiſches Element: aber die beſondere Situation dieſes
Sterns hatte ihnen ſolche Kraͤffte zugefuͤgt/ welche von den
Gaben und Eigenſchafften der Erden ſehr unterſchieden.
Zu gleicher weiſe/ wie/ in der Erd-Kugel/ alle Gewaͤſſer zwar
nicht einerley Farbe/ Geruch/ Geſchmack/ und Kraͤffte ha-
ben/ und doch nur einerley waͤſſeriges Element machen: alſo
giebt den himmliſchen Elementen ſo wol die Stellung/ als der
veraͤnderte Einfluß der Soñen/ bald dieſe bald jene Art/ Eigen-

ſchafft/
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[587/0631] Von dem Venu s-Stern. waͤſſeriger zugleich. Denn beſtuͤnde er aus lauter irdiſcher Materi; ſo koͤnnte er dem Erdbodem ſeinen Einfluß/ ſo reichlich und kraͤfftig/ nicht ſchencken. Kircherus laͤſt ſeinen Sternwanderer/ von dieſem Stern/ alſo re- den. Seine Kugel kam weder/ mit unſerer Erden/ noch mit dem Mond/ uͤberein; ſondern præſentirte ihn/ in gantz unge- woͤhnlicher Geſtalt/ ſo kein menſchliches Auge nie geſehn. Adlerhaupt. Das glaube ich: denn welcher Menſch iſt droben ge- weſen/ und hat die Sterne von Nahem heſichtiget? Goldſtern. Ey! ſo ſophiſtiſch muß es der Herꝛ nicht nehmen; ſon- dern alſo erklaͤren/ daß man/ allhie auf Erden/ nichts dergleichen jemals/ an einigem Stern/ erblickt habe. Und weil mein Herꝛ ſonſt nichts anders zu erinnern hat/ laß ich den/ in Gedancken droben herum geterminirten/ Wandersmann vollends ausreden. Die gantze Kugel ſchien/ aus einer ſehr hellen Feuchtigkeit/ und aus einem Gebaͤu von dem allerklarſten Kryſtall/ zuſammengefuͤgt. Und nachdem man ein Stuͤck-Weges fortgeſchritten; ließ ſich ein unermeßlich- groſſes Meer ſehen/ welches ſo lieblich/ ſo anmutig leuchte- te/ daß er (der Wanderer) nie kein ſo holdſeliges Licht geſehn. Es war kein blendendes/ ſondern ſuͤſſes/ und den Augen an- nehmliches Licht. Das Gewaͤſſer bewegte ſich nicht ſo un- geſtuͤmlich/ als wie das tobende Meer deß Monds: ſondern wallete gar lieblich. Die Jnſeln/ Berge/ und Felſen/ ſahen nicht anders/ als wie Kryſtall. Jedoch war ſolcher Kryſtall dem hieſigen nicht allerdings gleich/ ſondern weit heller/ und von andren Eigenſchafften/ welche ſich/ mit Worten/ nicht wol ausdrucken laſſen: geſtaltſam auch die/ von ſolchem Stern-Kryſtall aufgefangene Sonnen-Stralen einen ſolchen wunderlichen Widerglantz von ſich gaben/ der eben ſo wenig recht auszuſprechen. Alles beſtund zwar/ aus den 4. Elemen- ten/ und beſagtes Meer war ein rechtes weſentliches Waſſer/ auch der feſte Bau deß Veneriſchen Stern-Koͤrpers ein rech- tes irdiſches Element: aber die beſondere Situation dieſes Sterns hatte ihnen ſolche Kraͤffte zugefuͤgt/ welche von den Gaben und Eigenſchafften der Erden ſehr unterſchieden. Zu gleicher weiſe/ wie/ in der Erd-Kugel/ alle Gewaͤſſer zwar nicht einerley Farbe/ Geruch/ Geſchmack/ und Kraͤffte ha- ben/ und doch nur einerley waͤſſeriges Element machen: alſo giebt den himmliſchen Elementen ſo wol die Stellung/ als der veraͤnderte Einfluß der Soñen/ bald dieſe bald jene Art/ Eigen- ſchafft/ E e e e ij

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/631>, abgerufen am 27.07.2024.