Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.Nach Mittag entstunde in der Stadt ein Alarm/ als brennete der Feind schon bis an den Wienner-Berg/ dahero alsbald etliche Trouppen/ auf unterschiedliche Wege/ commandiret wurden/ zu recognosciren/ was es für eine Beschaffenheit hätte? alle aber befunden/ daß der Alarm falsch war. Wurde also diesen Tag über/ mit Setzung der Pallisaden/ in den Contrascarpen, starck fortgearbeitet/ und ein guter Theil derselben versichert. Hingegen hatte abermal eine unglaubliche Menge Volk aus Wienn die Flucht genommen. Den 10. Julii/ nach abgeführter Käiserlicher Schatz-Kammer/ wurden die noch übrige Kauffmanns-Diener und Handwerks-Burse/ auf das Rathhaus beruffen/ und ihnen vorgetragen / daß sie/ wegen der annahenden Türken-Gefahr nicht ausweichen/ sondern das Vatterland defendiren helffen solten; weil ohne das wegen allbereit auf allen Pässen gemachter Anstalt/ ohnmüglich durchzukommen wäre. Nachmittag ist/ mit dreissig Mann auf der Kärndter-Pastey/ eine Bettung zu den Stücken zu arbeiten angefangen worden; sonsten aber Zeitung eingelanget/ daß Herr Obrist Thewizi, neben den Herrn Obrist-Leutenant Häußlern / eine Parthey Tartaren geschlagen habe: Und wurde über diß bekräfftiget/ daß der Feind von Raab ab/ und geraden Weg nach Wien marchire. Dahero/ neben denen Soldaten und Arbeits-Leuten/ die Burger würklich zu schanzen angefangen. Wobey zugleich die nähesten Häuser und Gärten an der Stadt abgebrochen worden. Die Parola war: St. Nicola und Leitha. Den 11. Julii sahe man/ mit herzlicher Erbärmde/ verschiedene Feuersbrunsten/ welche von denen Tartarischen Furien/ einen Tag über den andern angestecket wurden: massen diese Feuer-speyende höllische Drachen/ sich der Käiserlichen Residenz plötzlich/ je mehr und mehr näherten/ und keines Fleckens/ keines zierlichen und anmutigen Gartens/ noch Lust-Hauses schoneten; sondern alles/ was disfeits der Donau/ bis an Closter Neuburg gelegen/ nichts ausgenommen/ in die Aschen legten: Was von Menschen und Viehe nicht nach Wienn entronnen/ entweder nidersäbelten/ oder in ewige Dienstbarkeit hinweg schleppeten: Ja auch diejenige/ welche sich in unwegsame Hölzer und Schlupff-Winkel geflüchtet/ mit Spür-Hunden aufsuchten. Welches Elend dann eben so wenig mit Gedanken zu erreichen/ als der unglaubliche Schaden/ und unaussprechliche Verlust mit der Feder zu beschreiben / mögliche fället. Diesen Morgen kamen in aller Frühe/ von der Käiserlichen Infanterie, tausend Mann; auf dem Wasser aber tausend halbe Carthaunen-Kugeln anhero. Mit Abbrechung der Häuser und Gärten/ wurde je länger je weiter fortgefahren; auch auf der Biber- und Burg-Pastey/ die Bettungen zu den Stücken zu machen angefangen. Abends gieng die Verordnung/ die Schiffe/ bey Closter-Neuburg an der Donau/ zu einer Schiff-Brücke zusammen zu führen. Alles Brenn- und Bau-Holz/ Pfähle/ Torft/ und anderes/ was in grosser Menge/ vor dem neuen Thor an der Do- Nach Mittag entstunde in der Stadt ein Alarm/ als brennete der Feind schon bis an den Wienner-Berg/ dahero alsbald etliche Trouppen/ auf unterschiedliche Wege/ commandiret wurden/ zu recognosciren/ was es für eine Beschaffenheit hätte? alle aber befunden/ daß der Alarm falsch war. Wurde also diesen Tag über/ mit Setzung der Pallisaden/ in den Contrascarpen, starck fortgearbeitet/ und ein guter Theil derselben versichert. Hingegen hatte abermal eine unglaubliche Menge Volk aus Wienn die Flucht genommen. Den 10. Julii/ nach abgeführter Käiserlicher Schatz-Kammer/ wurden die noch übrige Kauffmanns-Diener und Handwerks-Burse/ auf das Rathhaus beruffen/ und ihnen vorgetragen / daß sie/ wegen der annahenden Türken-Gefahr nicht ausweichen/ sondern das Vatterland defendiren helffen solten; weil ohne das wegen allbereit auf allen Pässen gemachter Anstalt/ ohnmüglich durchzukommen wäre. Nachmittag ist/ mit dreissig Mann auf der Kärndter-Pastey/ eine Bettung zu den Stücken zu arbeiten angefangen worden; sonsten aber Zeitung eingelanget/ daß Herr Obrist Thewizi, neben den Herrn Obrist-Leutenant Häußlern / eine Parthey Tartaren geschlagen habe: Und wurde über diß bekräfftiget/ daß der Feind von Raab ab/ und geraden Weg nach Wien marchire. Dahero/ neben denen Soldaten und Arbeits-Leuten/ die Burger würklich zu schanzen angefangen. Wobey zugleich die nähesten Häuser und Gärten an der Stadt abgebrochen worden. Die Parola war: St. Nicola und Leitha. Den 11. Julii sahe man/ mit herzlicher Erbärmde/ verschiedene Feuersbrunsten/ welche von denen Tartarischen Furien/ einen Tag über den andern angestecket wurden: massen diese Feuer-speyende höllische Drachen/ sich der Käiserlichen Residenz plötzlich/ je mehr und mehr näherten/ und keines Fleckens/ keines zierlichen und anmutigen Gartens/ noch Lust-Hauses schoneten; sondern alles/ was disfeits der Donau/ bis an Closter Neuburg gelegen/ nichts ausgenommen/ in die Aschen legten: Was von Menschen und Viehe nicht nach Wienn entronnen/ entweder nidersäbelten/ oder in ewige Dienstbarkeit hinweg schleppeten: Ja auch diejenige/ welche sich in unwegsame Hölzer und Schlupff-Winkel geflüchtet/ mit Spür-Hunden aufsuchten. Welches Elend dann eben so wenig mit Gedanken zu erreichen/ als der unglaubliche Schaden/ und unaussprechliche Verlust mit der Feder zu beschreiben / mögliche fället. Diesen Morgen kamen in aller Frühe/ von der Käiserlichen Infanterie, tausend Mann; auf dem Wasser aber tausend halbe Carthaunen-Kugeln anhero. Mit Abbrechung der Häuser und Gärten/ wurde je länger je weiter fortgefahren; auch auf der Biber- und Burg-Pastey/ die Bettungen zu den Stücken zu machen angefangen. Abends gieng die Verordnung/ die Schiffe/ bey Closter-Neuburg an der Donau/ zu einer Schiff-Brücke zusammen zu führen. Alles Brenn- und Bau-Holz/ Pfähle/ Torft/ und anderes/ was in grosser Menge/ vor dem neuen Thor an der Do- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0217" n="5"/> Nach Mittag entstunde in der Stadt ein Alarm/ als brennete der Feind schon bis an den Wienner-Berg/ dahero alsbald etliche Trouppen/ auf unterschiedliche Wege/ commandiret wurden/ zu recognosciren/ was es für eine Beschaffenheit hätte? alle aber befunden/ daß der Alarm falsch war. Wurde also diesen Tag über/ mit Setzung der Pallisaden/ in den Contrascarpen, starck fortgearbeitet/ und ein guter Theil derselben versichert. Hingegen hatte abermal eine unglaubliche Menge Volk aus Wienn die Flucht genommen.</p> <p>Den 10. Julii/ nach abgeführter Käiserlicher Schatz-Kammer/ wurden die noch übrige Kauffmanns-Diener und Handwerks-Burse/ auf das Rathhaus beruffen/ und ihnen vorgetragen / daß sie/ wegen der annahenden Türken-Gefahr nicht ausweichen/ sondern das Vatterland defendiren helffen solten; weil ohne das wegen allbereit auf allen Pässen gemachter Anstalt/ ohnmüglich durchzukommen wäre. Nachmittag ist/ mit dreissig Mann auf der Kärndter-Pastey/ eine Bettung zu den Stücken zu arbeiten angefangen worden; sonsten aber Zeitung eingelanget/ daß Herr Obrist Thewizi, neben den Herrn Obrist-Leutenant Häußlern / eine Parthey Tartaren geschlagen habe: Und wurde über diß bekräfftiget/ daß der Feind von Raab ab/ und geraden Weg nach Wien marchire. Dahero/ neben denen Soldaten und Arbeits-Leuten/ die Burger würklich zu schanzen angefangen. Wobey zugleich die nähesten Häuser und Gärten an der Stadt abgebrochen worden. Die Parola war: St. Nicola und Leitha.</p> <p>Den 11. Julii sahe man/ mit herzlicher Erbärmde/ verschiedene Feuersbrunsten/ welche von denen Tartarischen Furien/ einen Tag über den andern angestecket wurden: massen diese Feuer-speyende höllische Drachen/ sich der Käiserlichen Residenz plötzlich/ je mehr und mehr näherten/ und keines Fleckens/ keines zierlichen und anmutigen Gartens/ noch Lust-Hauses schoneten; sondern alles/ was disfeits der Donau/ bis an Closter Neuburg gelegen/ nichts ausgenommen/ in die Aschen legten: Was von Menschen und Viehe nicht nach Wienn entronnen/ entweder nidersäbelten/ oder in ewige Dienstbarkeit hinweg schleppeten: Ja auch diejenige/ welche sich in unwegsame Hölzer und Schlupff-Winkel geflüchtet/ mit Spür-Hunden aufsuchten. Welches Elend dann eben so wenig mit Gedanken zu erreichen/ als der unglaubliche Schaden/ und unaussprechliche Verlust mit der Feder zu beschreiben / mögliche fället. Diesen Morgen kamen in aller Frühe/ von der Käiserlichen Infanterie, tausend Mann; auf dem Wasser aber tausend halbe Carthaunen-Kugeln anhero. Mit Abbrechung der Häuser und Gärten/ wurde je länger je weiter fortgefahren; auch auf der Biber- und Burg-Pastey/ die Bettungen zu den Stücken zu machen angefangen. Abends gieng die Verordnung/ die Schiffe/ bey Closter-Neuburg an der Donau/ zu einer Schiff-Brücke zusammen zu führen. Alles Brenn- und Bau-Holz/ Pfähle/ Torft/ und anderes/ was in grosser Menge/ vor dem neuen Thor an der Do- </p> </div> </body> </text> </TEI> [5/0217]
Nach Mittag entstunde in der Stadt ein Alarm/ als brennete der Feind schon bis an den Wienner-Berg/ dahero alsbald etliche Trouppen/ auf unterschiedliche Wege/ commandiret wurden/ zu recognosciren/ was es für eine Beschaffenheit hätte? alle aber befunden/ daß der Alarm falsch war. Wurde also diesen Tag über/ mit Setzung der Pallisaden/ in den Contrascarpen, starck fortgearbeitet/ und ein guter Theil derselben versichert. Hingegen hatte abermal eine unglaubliche Menge Volk aus Wienn die Flucht genommen.
Den 10. Julii/ nach abgeführter Käiserlicher Schatz-Kammer/ wurden die noch übrige Kauffmanns-Diener und Handwerks-Burse/ auf das Rathhaus beruffen/ und ihnen vorgetragen / daß sie/ wegen der annahenden Türken-Gefahr nicht ausweichen/ sondern das Vatterland defendiren helffen solten; weil ohne das wegen allbereit auf allen Pässen gemachter Anstalt/ ohnmüglich durchzukommen wäre. Nachmittag ist/ mit dreissig Mann auf der Kärndter-Pastey/ eine Bettung zu den Stücken zu arbeiten angefangen worden; sonsten aber Zeitung eingelanget/ daß Herr Obrist Thewizi, neben den Herrn Obrist-Leutenant Häußlern / eine Parthey Tartaren geschlagen habe: Und wurde über diß bekräfftiget/ daß der Feind von Raab ab/ und geraden Weg nach Wien marchire. Dahero/ neben denen Soldaten und Arbeits-Leuten/ die Burger würklich zu schanzen angefangen. Wobey zugleich die nähesten Häuser und Gärten an der Stadt abgebrochen worden. Die Parola war: St. Nicola und Leitha.
Den 11. Julii sahe man/ mit herzlicher Erbärmde/ verschiedene Feuersbrunsten/ welche von denen Tartarischen Furien/ einen Tag über den andern angestecket wurden: massen diese Feuer-speyende höllische Drachen/ sich der Käiserlichen Residenz plötzlich/ je mehr und mehr näherten/ und keines Fleckens/ keines zierlichen und anmutigen Gartens/ noch Lust-Hauses schoneten; sondern alles/ was disfeits der Donau/ bis an Closter Neuburg gelegen/ nichts ausgenommen/ in die Aschen legten: Was von Menschen und Viehe nicht nach Wienn entronnen/ entweder nidersäbelten/ oder in ewige Dienstbarkeit hinweg schleppeten: Ja auch diejenige/ welche sich in unwegsame Hölzer und Schlupff-Winkel geflüchtet/ mit Spür-Hunden aufsuchten. Welches Elend dann eben so wenig mit Gedanken zu erreichen/ als der unglaubliche Schaden/ und unaussprechliche Verlust mit der Feder zu beschreiben / mögliche fället. Diesen Morgen kamen in aller Frühe/ von der Käiserlichen Infanterie, tausend Mann; auf dem Wasser aber tausend halbe Carthaunen-Kugeln anhero. Mit Abbrechung der Häuser und Gärten/ wurde je länger je weiter fortgefahren; auch auf der Biber- und Burg-Pastey/ die Bettungen zu den Stücken zu machen angefangen. Abends gieng die Verordnung/ die Schiffe/ bey Closter-Neuburg an der Donau/ zu einer Schiff-Brücke zusammen zu führen. Alles Brenn- und Bau-Holz/ Pfähle/ Torft/ und anderes/ was in grosser Menge/ vor dem neuen Thor an der Do-
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