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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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"Schade, Schade!" seufzte der Vater zum zwei¬
tenmal.

"Davon abgesehen, Eberhard, den Geist der Me¬
nuet hat sie nicht gefaßt, konnte sie vermöge ihrer
Extraction nicht fassen. Wie sie den Rock in die Höhe
zieht, als wär's ein Tändelschürzchen im Schäferspiel!
Heißt dieser Knix eine Reverenz? Da muß ich unsere
Tochter loben. Ohne eine Muskel des Oberkörpers
zu bewegen, senken sich die Kniee bis zum Boden
hinab, und heben sich wieder peu a peu. Ohne sich
in die Robe zu verwickeln, ohne Fehltritt schreitet sie
rückwärts, würdevoll, wie sie vorwärts geschritten ist.
Correctement der Anstand, mit welchem eine Recken¬
burg ihrer Souverainin Hand und Schleppe küßt!"

"Nun freilich, freilich, unsere Dine, unsere gute,
brave Ehrenhardine!" bestätigte der Papa, indem er
mich herzlich auf die Backen klopfte. Dann aber
seufzte er zum drittenmale: "Schade, Schade um die
kleine Dorl!"

Ich hatte diese Ergießung nur so bei Wege auf¬
geschnappt, und wußte, daß ich bei derlei Angelegen¬
heiten zu schweigen hatte. Die mütterliche Weisheit
aber war auf fruchtbarem Boden aufgegangen. Der
armen, kleinen Dorl war das Entree zu jedem Platze,

„Schade, Schade!“ ſeufzte der Vater zum zwei¬
tenmal.

„Davon abgeſehen, Eberhard, den Geiſt der Me¬
nuet hat ſie nicht gefaßt, konnte ſie vermöge ihrer
Extraction nicht faſſen. Wie ſie den Rock in die Höhe
zieht, als wär's ein Tändelſchürzchen im Schäferſpiel!
Heißt dieſer Knix eine Reverenz? Da muß ich unſere
Tochter loben. Ohne eine Muskel des Oberkörpers
zu bewegen, ſenken ſich die Kniee bis zum Boden
hinab, und heben ſich wieder peu à peu. Ohne ſich
in die Robe zu verwickeln, ohne Fehltritt ſchreitet ſie
rückwärts, würdevoll, wie ſie vorwärts geſchritten iſt.
Correctement der Anſtand, mit welchem eine Recken¬
burg ihrer Souverainin Hand und Schleppe küßt!“

„Nun freilich, freilich, unſere Dine, unſere gute,
brave Ehrenhardine!“ beſtätigte der Papa, indem er
mich herzlich auf die Backen klopfte. Dann aber
ſeufzte er zum drittenmale: „Schade, Schade um die
kleine Dorl!“

Ich hatte dieſe Ergießung nur ſo bei Wege auf¬
geſchnappt, und wußte, daß ich bei derlei Angelegen¬
heiten zu ſchweigen hatte. Die mütterliche Weisheit
aber war auf fruchtbarem Boden aufgegangen. Der
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[105/0112] „Schade, Schade!“ ſeufzte der Vater zum zwei¬ tenmal. „Davon abgeſehen, Eberhard, den Geiſt der Me¬ nuet hat ſie nicht gefaßt, konnte ſie vermöge ihrer Extraction nicht faſſen. Wie ſie den Rock in die Höhe zieht, als wär's ein Tändelſchürzchen im Schäferſpiel! Heißt dieſer Knix eine Reverenz? Da muß ich unſere Tochter loben. Ohne eine Muskel des Oberkörpers zu bewegen, ſenken ſich die Kniee bis zum Boden hinab, und heben ſich wieder peu à peu. Ohne ſich in die Robe zu verwickeln, ohne Fehltritt ſchreitet ſie rückwärts, würdevoll, wie ſie vorwärts geſchritten iſt. Correctement der Anſtand, mit welchem eine Recken¬ burg ihrer Souverainin Hand und Schleppe küßt!“ „Nun freilich, freilich, unſere Dine, unſere gute, brave Ehrenhardine!“ beſtätigte der Papa, indem er mich herzlich auf die Backen klopfte. Dann aber ſeufzte er zum drittenmale: „Schade, Schade um die kleine Dorl!“ Ich hatte dieſe Ergießung nur ſo bei Wege auf¬ geſchnappt, und wußte, daß ich bei derlei Angelegen¬ heiten zu ſchweigen hatte. Die mütterliche Weisheit aber war auf fruchtbarem Boden aufgegangen. Der armen, kleinen Dorl war das Entrée zu jedem Platze,

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/112>, abgerufen am 21.11.2024.