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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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krampften sich zusammen, um ein Zittern zu verber¬
gen. So mochte er ausschauen, wenn er zu einer
Operation auf Leben und Tod den Entschluß gefaßt
hatte.

Doch zögerte er nicht, seinen Besuch zu erklären.
"Die Unterredung, um welche ich bitte, geschieht im
Einverständniß mit Ihrem Vater, Jungfrau Dorothee,"
stieß er hervor.

Der Hauswirth war Herr in seinem Revier und
Vater Kellermeister hatte das tete-a-tete mit meiner
Besucherin bewilligt, so flehentlich dieselbe mich daher
anblicken mochte, ich erhob mich, um die Laube zu
verlassen. Faber aber trat mir in den Weg, faßte
nach meiner Hand und sprach: "Sie verpflichten mich,
wenn Sie bleiben, Fräulein Hardine."

So nahm ich denn meinen Platz wieder ein und
deutete für den Faber auf eine Bank uns gegenüber.
Er setzte sich nicht, hob aber nach einem tiefen Athem¬
zuge, zu mir gewendet, unverweilt seine Rede an.

"Sie kennen das Ziel, das ich mir gesetzt habe,
Fräulein Hardine. Die Jahre herkömmlichen Stu¬
diums sind versäumt. Ich muß es auf praktischem
Wege zu erreichen suchen. Und ich werde es errei¬
chen. Aber nicht in meiner kleinbürgerlichen Heimath,

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krampften ſich zuſammen, um ein Zittern zu verber¬
gen. So mochte er ausſchauen, wenn er zu einer
Operation auf Leben und Tod den Entſchluß gefaßt
hatte.

Doch zögerte er nicht, ſeinen Beſuch zu erklären.
„Die Unterredung, um welche ich bitte, geſchieht im
Einverſtändniß mit Ihrem Vater, Jungfrau Dorothee,“
ſtieß er hervor.

Der Hauswirth war Herr in ſeinem Revier und
Vater Kellermeiſter hatte das tête-à-tête mit meiner
Beſucherin bewilligt, ſo flehentlich dieſelbe mich daher
anblicken mochte, ich erhob mich, um die Laube zu
verlaſſen. Faber aber trat mir in den Weg, faßte
nach meiner Hand und ſprach: „Sie verpflichten mich,
wenn Sie bleiben, Fräulein Hardine.“

So nahm ich denn meinen Platz wieder ein und
deutete für den Faber auf eine Bank uns gegenüber.
Er ſetzte ſich nicht, hob aber nach einem tiefen Athem¬
zuge, zu mir gewendet, unverweilt ſeine Rede an.

„Sie kennen das Ziel, das ich mir geſetzt habe,
Fräulein Hardine. Die Jahre herkömmlichen Stu¬
diums ſind verſäumt. Ich muß es auf praktiſchem
Wege zu erreichen ſuchen. Und ich werde es errei¬
chen. Aber nicht in meiner kleinbürgerlichen Heimath,

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[131/0138] krampften ſich zuſammen, um ein Zittern zu verber¬ gen. So mochte er ausſchauen, wenn er zu einer Operation auf Leben und Tod den Entſchluß gefaßt hatte. Doch zögerte er nicht, ſeinen Beſuch zu erklären. „Die Unterredung, um welche ich bitte, geſchieht im Einverſtändniß mit Ihrem Vater, Jungfrau Dorothee,“ ſtieß er hervor. Der Hauswirth war Herr in ſeinem Revier und Vater Kellermeiſter hatte das tête-à-tête mit meiner Beſucherin bewilligt, ſo flehentlich dieſelbe mich daher anblicken mochte, ich erhob mich, um die Laube zu verlaſſen. Faber aber trat mir in den Weg, faßte nach meiner Hand und ſprach: „Sie verpflichten mich, wenn Sie bleiben, Fräulein Hardine.“ So nahm ich denn meinen Platz wieder ein und deutete für den Faber auf eine Bank uns gegenüber. Er ſetzte ſich nicht, hob aber nach einem tiefen Athem¬ zuge, zu mir gewendet, unverweilt ſeine Rede an. „Sie kennen das Ziel, das ich mir geſetzt habe, Fräulein Hardine. Die Jahre herkömmlichen Stu¬ diums ſind verſäumt. Ich muß es auf praktiſchem Wege zu erreichen ſuchen. Und ich werde es errei¬ chen. Aber nicht in meiner kleinbürgerlichen Heimath, 9*

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/138>, abgerufen am 21.11.2024.