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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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ich machte mit der Schilderung meines Flurgangs
einen guten Effekt.

"Du hast scharfe Reckenburger Augen," sagte die
Gräfin. "Halte sie offen und berichte mir ehrlich,
was Du bemerkst."

Mit diesen Worten war das Amt meiner Zukunft
eingeleitet: Scharf zu sehen und ehrlich Bericht zu er¬
statten; dazu im Verlauf die mündliche Vermittelung
der Anordnungen und Ausführungen zwischen Thurm
und Flur: das ist der Inhalt meiner langen, land¬
wirthschaftlichen Lehrzeit auf Reckenburg.

"Indessen," so fuhr die Gräfin nach einer Pause
fort, "die Zeit für das Freie wird kürzer, und manche
häusliche Stunde möchte Dir einsam vorkommen,
Eberhardine. Tröste Dich damit, daß die Heimath
Dir mindestens nichts Schicklicheres geboten haben
würde. Für die Saison in Dresden sind Deine El¬
tern zu arm, und die geselligen Allüren einer kleinen
Stadt würden Dich nur verstimmen. Besser, einsam
sein, als falsch placirt. Im Uebrigen möchte ich Dir
selber unter jener bescheidenen Societät einen Succeß
nicht verbürgen, und welchen Genuß gewährt die Ge¬
sellschaft mit Ausnahme des Succeß? -- Liest Du
gern, Eberhardine?"

ich machte mit der Schilderung meines Flurgangs
einen guten Effekt.

„Du haſt ſcharfe Reckenburger Augen,“ ſagte die
Gräfin. „Halte ſie offen und berichte mir ehrlich,
was Du bemerkſt.“

Mit dieſen Worten war das Amt meiner Zukunft
eingeleitet: Scharf zu ſehen und ehrlich Bericht zu er¬
ſtatten; dazu im Verlauf die mündliche Vermittelung
der Anordnungen und Ausführungen zwiſchen Thurm
und Flur: das iſt der Inhalt meiner langen, land¬
wirthſchaftlichen Lehrzeit auf Reckenburg.

„Indeſſen,“ ſo fuhr die Gräfin nach einer Pauſe
fort, „die Zeit für das Freie wird kürzer, und manche
häusliche Stunde möchte Dir einſam vorkommen,
Eberhardine. Tröſte Dich damit, daß die Heimath
Dir mindeſtens nichts Schicklicheres geboten haben
würde. Für die Saiſon in Dresden ſind Deine El¬
tern zu arm, und die geſelligen Allüren einer kleinen
Stadt würden Dich nur verſtimmen. Beſſer, einſam
ſein, als falſch placirt. Im Uebrigen möchte ich Dir
ſelber unter jener beſcheidenen Societät einen Succeß
nicht verbürgen, und welchen Genuß gewährt die Ge¬
ſellſchaft mit Ausnahme des Succeß? — Lieſt Du
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[194/0201] ich machte mit der Schilderung meines Flurgangs einen guten Effekt. „Du haſt ſcharfe Reckenburger Augen,“ ſagte die Gräfin. „Halte ſie offen und berichte mir ehrlich, was Du bemerkſt.“ Mit dieſen Worten war das Amt meiner Zukunft eingeleitet: Scharf zu ſehen und ehrlich Bericht zu er¬ ſtatten; dazu im Verlauf die mündliche Vermittelung der Anordnungen und Ausführungen zwiſchen Thurm und Flur: das iſt der Inhalt meiner langen, land¬ wirthſchaftlichen Lehrzeit auf Reckenburg. „Indeſſen,“ ſo fuhr die Gräfin nach einer Pauſe fort, „die Zeit für das Freie wird kürzer, und manche häusliche Stunde möchte Dir einſam vorkommen, Eberhardine. Tröſte Dich damit, daß die Heimath Dir mindeſtens nichts Schicklicheres geboten haben würde. Für die Saiſon in Dresden ſind Deine El¬ tern zu arm, und die geſelligen Allüren einer kleinen Stadt würden Dich nur verſtimmen. Beſſer, einſam ſein, als falſch placirt. Im Uebrigen möchte ich Dir ſelber unter jener beſcheidenen Societät einen Succeß nicht verbürgen, und welchen Genuß gewährt die Ge¬ ſellſchaft mit Ausnahme des Succeß? — Lieſt Du gern, Eberhardine?“

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/201>, abgerufen am 21.11.2024.