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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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Der ehrwürdige Pfarrherr von Reckenburg stutzte.
Er kannte den Prinzen natürlich nicht; er kannte ja
nicht einmal die Gräfin und war weit davon entfernt,
in dem Sohne des Ungetreuen seinen dermaleinstigen
Patron zu vermuthen. Angeregt durch einen Zeitungs¬
artikel, hatte daher nur ein Zufall ihm vor Kurzem
flüchtige Kunde über ihn zugetragen.

Der junge, schöne Prinz, -- einen Antinous
nannte ihn das Gerücht, -- leichtlebig, zu galanten
Abenteuern geneigt und daher mit seinen knappen Fi¬
nanzen ärgerlich verwickelt, hatte längst schon über die
methodischen Anforderungen des kurfürstlichen Hofes,
dem er sich als Verwandter, Mündel und Militair unter¬
geordnet sah, Verdruß und Langeweile zur Schau ge¬
tragen, und ein Heißsporn in den Kauf, war er bei
dem lässigen Ausgang der Monarchenversammlung zu
Pillnitz im verflossenen Herbst in offene Empörung
ausgebrochen. Er entwich heimlich von Dresden, um
an dem Hoflager des Kurfürsten Klemens in Koblenz
eine anregendere Kameraderie zu suchen. Hier in das
frivole Treiben der Emigrirten bedenklich verwickelt,
hatte er sich in eine Schuldenlast gestürzt, welche weder
die Verwandtschaft von Kursachsen, noch von Kur¬
trier zu honoriren geneigt war. Vor Kurzem sollte

Der ehrwürdige Pfarrherr von Reckenburg ſtutzte.
Er kannte den Prinzen natürlich nicht; er kannte ja
nicht einmal die Gräfin und war weit davon entfernt,
in dem Sohne des Ungetreuen ſeinen dermaleinſtigen
Patron zu vermuthen. Angeregt durch einen Zeitungs¬
artikel, hatte daher nur ein Zufall ihm vor Kurzem
flüchtige Kunde über ihn zugetragen.

Der junge, ſchöne Prinz, — einen Antinous
nannte ihn das Gerücht, — leichtlebig, zu galanten
Abenteuern geneigt und daher mit ſeinen knappen Fi¬
nanzen ärgerlich verwickelt, hatte längſt ſchon über die
methodiſchen Anforderungen des kurfürſtlichen Hofes,
dem er ſich als Verwandter, Mündel und Militair unter¬
geordnet ſah, Verdruß und Langeweile zur Schau ge¬
tragen, und ein Heißſporn in den Kauf, war er bei
dem läſſigen Ausgang der Monarchenverſammlung zu
Pillnitz im verfloſſenen Herbſt in offene Empörung
ausgebrochen. Er entwich heimlich von Dresden, um
an dem Hoflager des Kurfürſten Klemens in Koblenz
eine anregendere Kameraderie zu ſuchen. Hier in das
frivole Treiben der Emigrirten bedenklich verwickelt,
hatte er ſich in eine Schuldenlaſt geſtürzt, welche weder
die Verwandtſchaft von Kurſachſen, noch von Kur¬
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[215/0222] Der ehrwürdige Pfarrherr von Reckenburg ſtutzte. Er kannte den Prinzen natürlich nicht; er kannte ja nicht einmal die Gräfin und war weit davon entfernt, in dem Sohne des Ungetreuen ſeinen dermaleinſtigen Patron zu vermuthen. Angeregt durch einen Zeitungs¬ artikel, hatte daher nur ein Zufall ihm vor Kurzem flüchtige Kunde über ihn zugetragen. Der junge, ſchöne Prinz, — einen Antinous nannte ihn das Gerücht, — leichtlebig, zu galanten Abenteuern geneigt und daher mit ſeinen knappen Fi¬ nanzen ärgerlich verwickelt, hatte längſt ſchon über die methodiſchen Anforderungen des kurfürſtlichen Hofes, dem er ſich als Verwandter, Mündel und Militair unter¬ geordnet ſah, Verdruß und Langeweile zur Schau ge¬ tragen, und ein Heißſporn in den Kauf, war er bei dem läſſigen Ausgang der Monarchenverſammlung zu Pillnitz im verfloſſenen Herbſt in offene Empörung ausgebrochen. Er entwich heimlich von Dresden, um an dem Hoflager des Kurfürſten Klemens in Koblenz eine anregendere Kameraderie zu ſuchen. Hier in das frivole Treiben der Emigrirten bedenklich verwickelt, hatte er ſich in eine Schuldenlaſt geſtürzt, welche weder die Verwandtſchaft von Kurſachſen, noch von Kur¬ trier zu honoriren geneigt war. Vor Kurzem ſollte

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/222>, abgerufen am 21.11.2024.