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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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Dorothee, die mich nicht vor dem morgenden Tage
erwartet hatte und von einem Ausgange zurückkehrte.
Jetzt erst legte ich die Reisekleider ab, öffnete dann,
meine Nachbarin zu überraschen, leise die Thür und
stand eine Weile unbemerkt auf ihrer Schwelle.

Die rege, behende kleine Dorl saß am Fenster,
das Köpfchen in die Hand gestützt, sie, die ich immer
nur lachen und plaudern gehört, sie -- seufzte; sie
schien mir bleicher, als da ich sie verlassen hatte, das
Auge weiter, fragender geöffnet und von einem bläu¬
lichen Schatten umringt. Die Blumen auf dem Fen¬
sterbrett hingen durstig die Köpfe, die Zeisige im
Bauer flatterten unruhig nach Futter. Ihre fröh¬
liche Pflegerin hatte sie versäumt.

Sobald sie jedoch meiner ansichtig ward, da goß
sich der gewohnte blühende Lebenshauch über die lieb¬
liche Gestalt. Sie stürzte mit einem Freudenschrei an
meine Brust. "Hardine!" jubelte sie, "Fräulein Har¬
dine, o, nun ist Alles wieder gut!"

"Was ist gut?" fragte ich, indem ich mich zu
ihr setzte und ihre Hand faßte. "Hast Du Kummer,
Dorothee?" Sie schüttelte den Kopf. "Oder Sorge?
Um den Faber etwa?"

"Um den Faber? ach, was weiß ich von dem!

Dorothee, die mich nicht vor dem morgenden Tage
erwartet hatte und von einem Ausgange zurückkehrte.
Jetzt erſt legte ich die Reiſekleider ab, öffnete dann,
meine Nachbarin zu überraſchen, leiſe die Thür und
ſtand eine Weile unbemerkt auf ihrer Schwelle.

Die rege, behende kleine Dorl ſaß am Fenſter,
das Köpfchen in die Hand geſtützt, ſie, die ich immer
nur lachen und plaudern gehört, ſie — ſeufzte; ſie
ſchien mir bleicher, als da ich ſie verlaſſen hatte, das
Auge weiter, fragender geöffnet und von einem bläu¬
lichen Schatten umringt. Die Blumen auf dem Fen¬
ſterbrett hingen durſtig die Köpfe, die Zeiſige im
Bauer flatterten unruhig nach Futter. Ihre fröh¬
liche Pflegerin hatte ſie verſäumt.

Sobald ſie jedoch meiner anſichtig ward, da goß
ſich der gewohnte blühende Lebenshauch über die lieb¬
liche Geſtalt. Sie ſtürzte mit einem Freudenſchrei an
meine Bruſt. „Hardine!“ jubelte ſie, „Fräulein Har¬
dine, o, nun iſt Alles wieder gut!“

Was iſt gut?“ fragte ich, indem ich mich zu
ihr ſetzte und ihre Hand faßte. „Haſt Du Kummer,
Dorothee?“ Sie ſchüttelte den Kopf. „Oder Sorge?
Um den Faber etwa?“

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[221/0228] Dorothee, die mich nicht vor dem morgenden Tage erwartet hatte und von einem Ausgange zurückkehrte. Jetzt erſt legte ich die Reiſekleider ab, öffnete dann, meine Nachbarin zu überraſchen, leiſe die Thür und ſtand eine Weile unbemerkt auf ihrer Schwelle. Die rege, behende kleine Dorl ſaß am Fenſter, das Köpfchen in die Hand geſtützt, ſie, die ich immer nur lachen und plaudern gehört, ſie — ſeufzte; ſie ſchien mir bleicher, als da ich ſie verlaſſen hatte, das Auge weiter, fragender geöffnet und von einem bläu¬ lichen Schatten umringt. Die Blumen auf dem Fen¬ ſterbrett hingen durſtig die Köpfe, die Zeiſige im Bauer flatterten unruhig nach Futter. Ihre fröh¬ liche Pflegerin hatte ſie verſäumt. Sobald ſie jedoch meiner anſichtig ward, da goß ſich der gewohnte blühende Lebenshauch über die lieb¬ liche Geſtalt. Sie ſtürzte mit einem Freudenſchrei an meine Bruſt. „Hardine!“ jubelte ſie, „Fräulein Har¬ dine, o, nun iſt Alles wieder gut!“ „Was iſt gut?“ fragte ich, indem ich mich zu ihr ſetzte und ihre Hand faßte. „Haſt Du Kummer, Dorothee?“ Sie ſchüttelte den Kopf. „Oder Sorge? Um den Faber etwa?“ „Um den Faber? ach, was weiß ich von dem!

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/228>, abgerufen am 21.11.2024.