François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.Der schneidet Krüppel und Leichen und bald zieht er "Schreibt er Dir denn nicht?" "Alle Jahr zweimal, zum Geburtstag und zum "Und Du?" "Was soll ich ihm schreiben? Ich erlebe ja "Aber was fehlt Dir denn, liebe Dorothee?" "Was mir fehlt? Ich glaube nichts. Ein we¬ "Du beschäftigst Dich nicht genügend, Kind," "Mit was soll ich mich denn beschäftigen?" ver¬ Ich mußte schweigen. In der That, was sollte "Aber was möchtest Du denn, Liebe?" fragte ich Der ſchneidet Krüppel und Leichen und bald zieht er „Schreibt er Dir denn nicht?“ „Alle Jahr zweimal, zum Geburtstag und zum „Und Du?“ „Was ſoll ich ihm ſchreiben? Ich erlebe ja „Aber was fehlt Dir denn, liebe Dorothee?“ „Was mir fehlt? Ich glaube nichts. Ein we¬ „Du beſchäftigſt Dich nicht genügend, Kind,“ „Mit was ſoll ich mich denn beſchäftigen?“ ver¬ Ich mußte ſchweigen. In der That, was ſollte „Aber was möchteſt Du denn, Liebe?“ fragte ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0229" n="222"/> Der ſchneidet Krüppel und Leichen und bald zieht er<lb/> in den Krieg. Um mich kümmert er ſich nicht <hi rendition="#g">ſo</hi> viel.“<lb/> Sie ſchnippte lachend mit der Hand.</p><lb/> <p>„Schreibt er Dir denn nicht?“</p><lb/> <p>„Alle Jahr zweimal, zum Geburtstag und zum<lb/> heiligen Chriſt.“</p><lb/> <p>„Und Du?“</p><lb/> <p>„Was ſoll ich ihm ſchreiben? Ich erlebe ja<lb/> nichts. Ich bedanke mich für ſein Angebinde, ſchicke<lb/> ihm auch eins und damit gut.“</p><lb/> <p>„Aber was fehlt Dir denn, liebe Dorothee?“</p><lb/> <p>„Was mir fehlt? Ich glaube nichts. Ein we¬<lb/> nig Freude vielleicht. Aber ich weiß es nicht. Sie<lb/> haben ja auch keine Freude, Fräulein Hardine.“</p><lb/> <p>„Du beſchäftigſt Dich nicht genügend, Kind,“<lb/> mahnte ich.</p><lb/> <p>„Mit was ſoll ich mich denn beſchäftigen?“ ver¬<lb/> ſetzte ſie, „ich thue, was ich kann.“</p><lb/> <p>Ich mußte ſchweigen. In der That, was ſollte<lb/> ſie thun in ihrer bräutlichen Freiheit und Beſchrän¬<lb/> kung? Undeutlich ahnte ich auch, daß Arbeit nicht<lb/> das Mittel ſein würde um <hi rendition="#g">dieſes</hi> Daſein auszufüllen.</p><lb/> <p>„Aber was möchteſt Du denn, Liebe?“ fragte ich<lb/> nach einer Pauſe.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [222/0229]
Der ſchneidet Krüppel und Leichen und bald zieht er
in den Krieg. Um mich kümmert er ſich nicht ſo viel.“
Sie ſchnippte lachend mit der Hand.
„Schreibt er Dir denn nicht?“
„Alle Jahr zweimal, zum Geburtstag und zum
heiligen Chriſt.“
„Und Du?“
„Was ſoll ich ihm ſchreiben? Ich erlebe ja
nichts. Ich bedanke mich für ſein Angebinde, ſchicke
ihm auch eins und damit gut.“
„Aber was fehlt Dir denn, liebe Dorothee?“
„Was mir fehlt? Ich glaube nichts. Ein we¬
nig Freude vielleicht. Aber ich weiß es nicht. Sie
haben ja auch keine Freude, Fräulein Hardine.“
„Du beſchäftigſt Dich nicht genügend, Kind,“
mahnte ich.
„Mit was ſoll ich mich denn beſchäftigen?“ ver¬
ſetzte ſie, „ich thue, was ich kann.“
Ich mußte ſchweigen. In der That, was ſollte
ſie thun in ihrer bräutlichen Freiheit und Beſchrän¬
kung? Undeutlich ahnte ich auch, daß Arbeit nicht
das Mittel ſein würde um dieſes Daſein auszufüllen.
„Aber was möchteſt Du denn, Liebe?“ fragte ich
nach einer Pauſe.
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