François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.sahen sie nur gelegentlich an uns vorüberstreifen. Wie es nun geschehen konnte, das, meine Freunde, Mein Geheimniß in diesen Sommerwochen aber Louise v. Francois, Die letzte Reckenburgerin. I. 17
ſahen ſie nur gelegentlich an uns vorüberſtreifen. Wie es nun geſchehen konnte, das, meine Freunde, Mein Geheimniß in dieſen Sommerwochen aber Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. I. 17
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0264" n="257"/> ſahen ſie nur gelegentlich an uns vorüberſtreifen.<lb/> Die Eltern lobten dieſen beſcheidenen Takt und auch<lb/> nach Außen hin verflüchtigte ſich das Gedächtniß je¬<lb/> ner einzigen Ausſchreitung raſcher, als man hätte er¬<lb/> warten ſollen. Des würdigen Hofpredigers Aufklä¬<lb/> rungen über die Lehre von Urſache und Wirkung ſei<lb/> dabei in Dank und Ehren gedacht.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Wie</hi> es nun geſchehen konnte, <hi rendition="#g">das</hi>, meine Freunde,<lb/> was Ihr lange ſchon geahnt haben werdet, <hi rendition="#g">wie</hi> es<lb/> in dieſen Sommerwochen ſich vollbracht hat, ſo tief<lb/> verhüllt, daß nicht damals noch ſpäter ein argwöh¬<lb/> niſcher Blick die Heimlichkeit ausgeſpürt — ich weiß<lb/> es nicht. Und wenn ich es wüßte: ich habe Euch die<lb/> Offenbarung meines <hi rendition="#g">eigenen</hi> Geheimniſſes verheißen,<lb/> nicht die der anderen Herzen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Mein</hi> Geheimniß in dieſen Sommerwochen aber<lb/> war, daß ich — ich ganz <hi rendition="#g">allein</hi> das der Anderen —<lb/> geahnt —? nein daß ich es gewußt habe. Ich ſah<lb/> nichts, ich hörte nichts, ich ſpürte ihm nicht nach, be¬<lb/> rechnete nicht die verführeriſche Gunſt der Gelegen¬<lb/> heit. Aber ich athmete die Wahrheit gleichſam mit<lb/> der Luft; ich fühlte es faſt als eine Nothwendigkeit,<lb/> daß ein glückgewohnter Sinn wie der ſeine und ein<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Louiſe v. Fran<hi rendition="#aq">ç</hi>ois, Die letzte Reckenburgerin. <hi rendition="#aq">I</hi>. 17<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [257/0264]
ſahen ſie nur gelegentlich an uns vorüberſtreifen.
Die Eltern lobten dieſen beſcheidenen Takt und auch
nach Außen hin verflüchtigte ſich das Gedächtniß je¬
ner einzigen Ausſchreitung raſcher, als man hätte er¬
warten ſollen. Des würdigen Hofpredigers Aufklä¬
rungen über die Lehre von Urſache und Wirkung ſei
dabei in Dank und Ehren gedacht.
Wie es nun geſchehen konnte, das, meine Freunde,
was Ihr lange ſchon geahnt haben werdet, wie es
in dieſen Sommerwochen ſich vollbracht hat, ſo tief
verhüllt, daß nicht damals noch ſpäter ein argwöh¬
niſcher Blick die Heimlichkeit ausgeſpürt — ich weiß
es nicht. Und wenn ich es wüßte: ich habe Euch die
Offenbarung meines eigenen Geheimniſſes verheißen,
nicht die der anderen Herzen.
Mein Geheimniß in dieſen Sommerwochen aber
war, daß ich — ich ganz allein das der Anderen —
geahnt —? nein daß ich es gewußt habe. Ich ſah
nichts, ich hörte nichts, ich ſpürte ihm nicht nach, be¬
rechnete nicht die verführeriſche Gunſt der Gelegen¬
heit. Aber ich athmete die Wahrheit gleichſam mit
der Luft; ich fühlte es faſt als eine Nothwendigkeit,
daß ein glückgewohnter Sinn wie der ſeine und ein
Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. I. 17
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