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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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Er -- der Schüler, -- sei gleichfalls auf dem
Wege dorthin. Nicht als Gast, -- wie er lachend
hinzufügte, -- denn solche Ehre widerfahre ihm noch
nicht, -- nur um sich die schönen Wagen und Pferde
der Schloßgäste ein wenig anzusehen. Habe das An¬
liegen Eile, sei er bereit, seinen Vater herbeizurufen.

Der Invalide brachte nunmehr in polternder
Hast das Begehren nach seinem Taufschein zu Gehör,
indem er zu seiner Empfehlung sich auf das Zeugniß
der beiden Klosterpröbste berief, das er schon auf dem
Wege aus seiner Brieftasche genommen hatte.

"Ludwig Nordheim," sagte der Schüler, nachdem
er das Blatt überblickt hatte. -- "Der Name und die
Handschrift meines Großvaters!" --

"Ihres Großvaters!" -- rief August Müller auf
das Angenehmste überrascht. "Junger Herr -- Sie
heißen -- --"

"Ich heiße Ludwig Nordheim, wie er," antwortete
treuherzig der Knabe. -- "Die Nordheims sind ein
ständiges Geschlecht in der Pfarre von Reckenburg.
Erst mein Großvater, des Fräuleins alter Freund,
dann mein Vater, auch wieder ihr Freund, und ginge
es nach dessen Willen, würde ich einmal der Dritte.
Mir aber," so plauderte er fröhlich weiter, "mir ist

Er — der Schüler, — ſei gleichfalls auf dem
Wege dorthin. Nicht als Gaſt, — wie er lachend
hinzufügte, — denn ſolche Ehre widerfahre ihm noch
nicht, — nur um ſich die ſchönen Wagen und Pferde
der Schloßgäſte ein wenig anzuſehen. Habe das An¬
liegen Eile, ſei er bereit, ſeinen Vater herbeizurufen.

Der Invalide brachte nunmehr in polternder
Haſt das Begehren nach ſeinem Taufſchein zu Gehör,
indem er zu ſeiner Empfehlung ſich auf das Zeugniß
der beiden Kloſterpröbſte berief, das er ſchon auf dem
Wege aus ſeiner Brieftaſche genommen hatte.

„Ludwig Nordheim,“ ſagte der Schüler, nachdem
er das Blatt überblickt hatte. — „Der Name und die
Handſchrift meines Großvaters!“ —

„Ihres Großvaters!“ — rief Auguſt Müller auf
das Angenehmſte überraſcht. „Junger Herr — Sie
heißen — —“

„Ich heiße Ludwig Nordheim, wie er,“ antwortete
treuherzig der Knabe. — „Die Nordheims ſind ein
ſtändiges Geſchlecht in der Pfarre von Reckenburg.
Erſt mein Großvater, des Fräuleins alter Freund,
dann mein Vater, auch wieder ihr Freund, und ginge
es nach deſſen Willen, würde ich einmal der Dritte.
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[61/0068] Er — der Schüler, — ſei gleichfalls auf dem Wege dorthin. Nicht als Gaſt, — wie er lachend hinzufügte, — denn ſolche Ehre widerfahre ihm noch nicht, — nur um ſich die ſchönen Wagen und Pferde der Schloßgäſte ein wenig anzuſehen. Habe das An¬ liegen Eile, ſei er bereit, ſeinen Vater herbeizurufen. Der Invalide brachte nunmehr in polternder Haſt das Begehren nach ſeinem Taufſchein zu Gehör, indem er zu ſeiner Empfehlung ſich auf das Zeugniß der beiden Kloſterpröbſte berief, das er ſchon auf dem Wege aus ſeiner Brieftaſche genommen hatte. „Ludwig Nordheim,“ ſagte der Schüler, nachdem er das Blatt überblickt hatte. — „Der Name und die Handſchrift meines Großvaters!“ — „Ihres Großvaters!“ — rief Auguſt Müller auf das Angenehmſte überraſcht. „Junger Herr — Sie heißen — —“ „Ich heiße Ludwig Nordheim, wie er,“ antwortete treuherzig der Knabe. — „Die Nordheims ſind ein ſtändiges Geſchlecht in der Pfarre von Reckenburg. Erſt mein Großvater, des Fräuleins alter Freund, dann mein Vater, auch wieder ihr Freund, und ginge es nach deſſen Willen, würde ich einmal der Dritte. Mir aber,“ ſo plauderte er fröhlich weiter, „mir iſt

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/68>, abgerufen am 21.11.2024.