Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich erhielt den Namen Eberhardine, wie einst
der Vater schon den seinigen erhalten hatte, zu Ehren
des gräflichen Familienoberhauptes. Beide Genera¬
tionen per procura und ohne daß Verleiher und
Empfänger sich jemals mit Augen gesehen hätten.
Da der hohen Pathin hinwiederum aber ihr Name
durch die kurfürstliche Eberhardine eingebunden worden
war, durch jene Brandenburgerin, welche ihrem starken
August und der polnischen Königskrone zum Trotz,
ihre Tugend und protestantische Treue zu behaupten
wußte, so bin ich der unmaßgeblichen Meinung, daß
eine Ader dieser ausländischen Zähigkeit, per procura
des Taufregisters, sich auf die sächsische Pathenfolge
in weiblicher Linie vererbt haben mag. Das königlich-
kurfürstliche Namenserbe dahingegen wurde für einen
Lieutenantshaushalt zu großartig befunden. Der
Papa strich "die ungeschlachte Bestie" am Anfang
und auch die Tochter hat sich, ex officio, späterhin
gern mit der Hardine begnügt, wenngleich sie der
Sanction des Kalenders entbehrte.

Das junge Ehepaar hatte seinen Haushalt ge¬
gründet, -- notabene: in der Theuerungsnoth der
siebenziger Jahre, -- mit einer Monatsgage von
zwölf Thalern und einem Lehnstamm, ungefähr des

Ich erhielt den Namen Eberhardine, wie einſt
der Vater ſchon den ſeinigen erhalten hatte, zu Ehren
des gräflichen Familienoberhauptes. Beide Genera¬
tionen per procura und ohne daß Verleiher und
Empfänger ſich jemals mit Augen geſehen hätten.
Da der hohen Pathin hinwiederum aber ihr Name
durch die kurfürſtliche Eberhardine eingebunden worden
war, durch jene Brandenburgerin, welche ihrem ſtarken
Auguſt und der polniſchen Königskrone zum Trotz,
ihre Tugend und proteſtantiſche Treue zu behaupten
wußte, ſo bin ich der unmaßgeblichen Meinung, daß
eine Ader dieſer ausländiſchen Zähigkeit, per procura
des Taufregiſters, ſich auf die ſächſiſche Pathenfolge
in weiblicher Linie vererbt haben mag. Das königlich-
kurfürſtliche Namenserbe dahingegen wurde für einen
Lieutenantshaushalt zu großartig befunden. Der
Papa ſtrich „die ungeſchlachte Beſtie“ am Anfang
und auch die Tochter hat ſich, ex officio, ſpäterhin
gern mit der Hardine begnügt, wenngleich ſie der
Sanction des Kalenders entbehrte.

Das junge Ehepaar hatte ſeinen Haushalt ge¬
gründet, — notabene: in der Theuerungsnoth der
ſiebenziger Jahre, — mit einer Monatsgage von
zwölf Thalern und einem Lehnſtamm, ungefähr des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0092" n="85"/>
        <p>Ich erhielt den Namen Eberhardine, wie ein&#x017F;t<lb/>
der Vater &#x017F;chon den &#x017F;einigen erhalten hatte, zu Ehren<lb/>
des gräflichen Familienoberhauptes. Beide Genera¬<lb/>
tionen <hi rendition="#aq">per procura</hi> und ohne daß Verleiher und<lb/>
Empfänger &#x017F;ich jemals mit Augen ge&#x017F;ehen hätten.<lb/>
Da der hohen Pathin hinwiederum aber ihr Name<lb/>
durch die kurfür&#x017F;tliche Eberhardine eingebunden worden<lb/>
war, durch jene Brandenburgerin, welche ihrem &#x017F;tarken<lb/>
Augu&#x017F;t und der polni&#x017F;chen Königskrone zum Trotz,<lb/>
ihre Tugend und prote&#x017F;tanti&#x017F;che Treue zu behaupten<lb/>
wußte, &#x017F;o bin ich der unmaßgeblichen Meinung, daß<lb/>
eine Ader die&#x017F;er ausländi&#x017F;chen Zähigkeit, <hi rendition="#aq">per procura</hi><lb/>
des Taufregi&#x017F;ters, &#x017F;ich auf die &#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;che Pathenfolge<lb/>
in weiblicher Linie vererbt haben mag. Das königlich-<lb/>
kurfür&#x017F;tliche Namenserbe dahingegen wurde für einen<lb/>
Lieutenantshaushalt zu großartig befunden. Der<lb/>
Papa &#x017F;trich &#x201E;die unge&#x017F;chlachte Be&#x017F;tie&#x201C; am Anfang<lb/>
und auch die Tochter hat &#x017F;ich, <hi rendition="#aq">ex officio</hi>, &#x017F;päterhin<lb/>
gern mit der Hardine begnügt, wenngleich &#x017F;ie der<lb/>
Sanction des Kalenders entbehrte.</p><lb/>
        <p>Das junge Ehepaar hatte &#x017F;einen Haushalt ge¬<lb/>
gründet, &#x2014; <hi rendition="#aq">notabene</hi>: in der Theuerungsnoth der<lb/>
&#x017F;iebenziger Jahre, &#x2014; mit einer Monatsgage von<lb/>
zwölf Thalern und einem Lehn&#x017F;tamm, ungefähr des<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0092] Ich erhielt den Namen Eberhardine, wie einſt der Vater ſchon den ſeinigen erhalten hatte, zu Ehren des gräflichen Familienoberhauptes. Beide Genera¬ tionen per procura und ohne daß Verleiher und Empfänger ſich jemals mit Augen geſehen hätten. Da der hohen Pathin hinwiederum aber ihr Name durch die kurfürſtliche Eberhardine eingebunden worden war, durch jene Brandenburgerin, welche ihrem ſtarken Auguſt und der polniſchen Königskrone zum Trotz, ihre Tugend und proteſtantiſche Treue zu behaupten wußte, ſo bin ich der unmaßgeblichen Meinung, daß eine Ader dieſer ausländiſchen Zähigkeit, per procura des Taufregiſters, ſich auf die ſächſiſche Pathenfolge in weiblicher Linie vererbt haben mag. Das königlich- kurfürſtliche Namenserbe dahingegen wurde für einen Lieutenantshaushalt zu großartig befunden. Der Papa ſtrich „die ungeſchlachte Beſtie“ am Anfang und auch die Tochter hat ſich, ex officio, ſpäterhin gern mit der Hardine begnügt, wenngleich ſie der Sanction des Kalenders entbehrte. Das junge Ehepaar hatte ſeinen Haushalt ge¬ gründet, — notabene: in der Theuerungsnoth der ſiebenziger Jahre, — mit einer Monatsgage von zwölf Thalern und einem Lehnſtamm, ungefähr des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/92
Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/92>, abgerufen am 21.11.2024.