François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.Die Schwäche, mit welcher ich jahrelang Doro¬ Von Dorothee hörte ich nichts. Ich hatte nicht Auch zu dem Probst hatte mein Verhältniß sich Die Schwäche, mit welcher ich jahrelang Doro¬ Von Dorothee hörte ich nichts. Ich hatte nicht Auch zu dem Probſt hatte mein Verhältniß ſich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0112" n="108"/> <p>Die Schwäche, mit welcher ich jahrelang Doro¬<lb/> theens Heimlichkeit geduldet und gewahrt, hatte mein<lb/> Gewiſſen frei gelaſſen. Nun aber, da eine untilgbare<lb/> Schuld gegen einen Anderen daraus erwachſen war,<lb/> drückte ſie mich wie ein Alp. Es gab jetzt einen<lb/> Menſchen, deſſen ehrenwerthen Namen ich nicht hören<lb/> konnte, ohne zu erbleichen; einen, vor dem ich in der<lb/> Erinnerung die Blicke niederſchlug; den ich belügen<lb/> oder in ſeinem innerſten Heiligthume vernichten mußte,<lb/> wenn er mir mit der Frage: „Handelteſt Du recht¬<lb/> ſchaffen und ehrenhaft gegen den Vertrauenden?“ un¬<lb/> ter die Augen getreten wäre. Die Dämonen des<lb/> Lebens: Unruhe, Zweifel, Furcht und Scham, ſie, die<lb/> ich mehr gefürchtet hatte, als Verlaſſenheit und Ar¬<lb/> muth, jetzt lernte ich ſie kennen. Der Stolz der Un¬<lb/> ſchuld war vernichtet, alle Sicherheit des Gefühls ge¬<lb/> brochen, ſeitdem die Nachgiebigkeit gegen ein Gefühl<lb/> mich ſo weit von meinem Grundweſen vertrieben hatte.</p><lb/> <p>Von Dorothee hörte ich nichts. Ich hatte nicht<lb/> erwartet, daß ſie mir ſchriebe und würde ihr nicht ge¬<lb/> antwortet haben. Ob ſie mit dem Probſt in Verbin¬<lb/> dung geblieben, mochte ich nicht wiſſen, bezweifelte es<lb/> aber. Wir waren fertig mit einander.</p><lb/> <p>Auch zu dem Probſt hatte mein Verhältniß ſich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [108/0112]
Die Schwäche, mit welcher ich jahrelang Doro¬
theens Heimlichkeit geduldet und gewahrt, hatte mein
Gewiſſen frei gelaſſen. Nun aber, da eine untilgbare
Schuld gegen einen Anderen daraus erwachſen war,
drückte ſie mich wie ein Alp. Es gab jetzt einen
Menſchen, deſſen ehrenwerthen Namen ich nicht hören
konnte, ohne zu erbleichen; einen, vor dem ich in der
Erinnerung die Blicke niederſchlug; den ich belügen
oder in ſeinem innerſten Heiligthume vernichten mußte,
wenn er mir mit der Frage: „Handelteſt Du recht¬
ſchaffen und ehrenhaft gegen den Vertrauenden?“ un¬
ter die Augen getreten wäre. Die Dämonen des
Lebens: Unruhe, Zweifel, Furcht und Scham, ſie, die
ich mehr gefürchtet hatte, als Verlaſſenheit und Ar¬
muth, jetzt lernte ich ſie kennen. Der Stolz der Un¬
ſchuld war vernichtet, alle Sicherheit des Gefühls ge¬
brochen, ſeitdem die Nachgiebigkeit gegen ein Gefühl
mich ſo weit von meinem Grundweſen vertrieben hatte.
Von Dorothee hörte ich nichts. Ich hatte nicht
erwartet, daß ſie mir ſchriebe und würde ihr nicht ge¬
antwortet haben. Ob ſie mit dem Probſt in Verbin¬
dung geblieben, mochte ich nicht wiſſen, bezweifelte es
aber. Wir waren fertig mit einander.
Auch zu dem Probſt hatte mein Verhältniß ſich
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