François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.abgeschwächt, seitdem seine Schlaffheit, wie ich es Niemals jedoch, so oft ich ihn besuchte, unterließ abgeſchwächt, ſeitdem ſeine Schlaffheit, wie ich es Niemals jedoch, ſo oft ich ihn beſuchte, unterließ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0113" n="109"/> abgeſchwächt, ſeitdem ſeine Schlaffheit, wie ich es<lb/> ſchalt, mir eine Gewiſſensſchuld aufgebürdet. Ich<lb/> ſuchte ihn auf, ſo oft ich im Elternhauſe verweilte,<lb/> unterhielt eine Art Zuſammenhang zwiſchen ihm und<lb/> ſeiner alten Gemeinde, folgte nicht ganz ohne Antheil<lb/> ſeinen Beſtrebungen in der Gegenwart; von unſerem<lb/> gemeinſamen Geheimniß aber war niemals die Rede.</p><lb/> <p>Niemals jedoch, ſo oft ich ihn beſuchte, unterließ<lb/> er es, mir ſeinen beſonderen Schützling vorzuführen<lb/> und meine frühere Theilnahme für ihn wieder anzu¬<lb/> regen, denn — und das war wohl der häßlichſte Um¬<lb/> ſchlag meiner Stimmung — der Knabe, an dem ich<lb/> mit ſo viel Wohlgefallen gehangen hatte, und der ſich<lb/> gleichmäßig ſchön und kraftvoll entwickelte, war ſeit<lb/> jener Mitternacht, wo ich ihn hinter der Kloſter¬<lb/> pforte verſchwinden ſah, meinem Herzen ein Gräuel.<lb/> Ich erblickte in ihm nicht mehr das Ebenbild ſeines<lb/> Vaters, der die Luſt und das Leid meines kurzen Len¬<lb/> zes, nicht mehr das Schmerzenskind ſeiner Mutter,<lb/> die meine einzige Geſpielin geweſen war; er erinnerte<lb/> mich nur noch an den Mann, der durch meine Mit¬<lb/> ſchuld um das Glück betrogen wurde, das Pfand<lb/> einer reinen Liebe an ſein Herz zu drücken. Unge¬<lb/> recht, wie ich war — auch gegen mich ſelbſt — grollte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0113]
abgeſchwächt, ſeitdem ſeine Schlaffheit, wie ich es
ſchalt, mir eine Gewiſſensſchuld aufgebürdet. Ich
ſuchte ihn auf, ſo oft ich im Elternhauſe verweilte,
unterhielt eine Art Zuſammenhang zwiſchen ihm und
ſeiner alten Gemeinde, folgte nicht ganz ohne Antheil
ſeinen Beſtrebungen in der Gegenwart; von unſerem
gemeinſamen Geheimniß aber war niemals die Rede.
Niemals jedoch, ſo oft ich ihn beſuchte, unterließ
er es, mir ſeinen beſonderen Schützling vorzuführen
und meine frühere Theilnahme für ihn wieder anzu¬
regen, denn — und das war wohl der häßlichſte Um¬
ſchlag meiner Stimmung — der Knabe, an dem ich
mit ſo viel Wohlgefallen gehangen hatte, und der ſich
gleichmäßig ſchön und kraftvoll entwickelte, war ſeit
jener Mitternacht, wo ich ihn hinter der Kloſter¬
pforte verſchwinden ſah, meinem Herzen ein Gräuel.
Ich erblickte in ihm nicht mehr das Ebenbild ſeines
Vaters, der die Luſt und das Leid meines kurzen Len¬
zes, nicht mehr das Schmerzenskind ſeiner Mutter,
die meine einzige Geſpielin geweſen war; er erinnerte
mich nur noch an den Mann, der durch meine Mit¬
ſchuld um das Glück betrogen wurde, das Pfand
einer reinen Liebe an ſein Herz zu drücken. Unge¬
recht, wie ich war — auch gegen mich ſelbſt — grollte
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