François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.Wie auf ein Zauberwort war sie plötzlich wieder Unter der Thür stockte ihr Fuß; sie sah den Sie brach in einen Thränenstrom aus und barg Ich aber, als hätte das liebliche Geschöpf mir Wie auf ein Zauberwort war ſie plötzlich wieder Unter der Thür ſtockte ihr Fuß; ſie ſah den Sie brach in einen Thränenſtrom aus und barg Ich aber, als hätte das liebliche Geſchöpf mir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0143" n="139"/> <p>Wie auf ein Zauberwort war ſie plötzlich wieder<lb/> die alte Dorl, küßte meine Hand, fragte nach der<lb/> ärztlichen Vorſchrift, richtete geſchäftig Alles für die<lb/> Nachtpflege ein, zündete dann Licht an und leuchtete<lb/> mir hinüber in ihre Mädchenſtube.</p><lb/> <p>Unter der Thür ſtockte ihr Fuß; ſie ſah den<lb/> Raum ſauber in Ordnung gehalten, unverändert, wie<lb/> ſie ihn verlaſſen hatte. Im Fenſter breitete ſich ein<lb/> Strauch von Rosmarin, den die Mutter aus einem<lb/> jener Hochzeitszweige aufgezogen hatte.</p><lb/> <p>Sie brach in einen Thränenſtrom aus und barg<lb/> das Geſicht hinter ihren Händen. „O daß ich nie¬<lb/> mals, niemals dieſe Schwelle überſchritten hätte!“<lb/> ſchluchzte ſie. Bald aber war ſie wieder ruhig und gefaßt,<lb/> ordnete mein Bett, half mir beim Auskleiden, miſchte<lb/> mir ein Glas Zuckerwaſſer, alles mit ihrer leiſe ſchwe¬<lb/> benden Art, küßte dann noch einmal meine Hand und<lb/> ging hinüber zur Mutter.</p><lb/> <p>Ich aber, als hätte das liebliche Geſchöpf mir<lb/> einen Beruhigungstrank eingeflößt, ſchlief ungeſtört bis<lb/> zum grauenden Morgen. Als ich das Krankenzimmer<lb/> betrat, ſtand Dorothee am Fenſter in einem weißen<lb/> Morgenkleid aus ihrer Mädchenzeit, da ſie durch die<lb/> bunten Farben ihres Reiſeanzuges nicht allzu grell<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [139/0143]
Wie auf ein Zauberwort war ſie plötzlich wieder
die alte Dorl, küßte meine Hand, fragte nach der
ärztlichen Vorſchrift, richtete geſchäftig Alles für die
Nachtpflege ein, zündete dann Licht an und leuchtete
mir hinüber in ihre Mädchenſtube.
Unter der Thür ſtockte ihr Fuß; ſie ſah den
Raum ſauber in Ordnung gehalten, unverändert, wie
ſie ihn verlaſſen hatte. Im Fenſter breitete ſich ein
Strauch von Rosmarin, den die Mutter aus einem
jener Hochzeitszweige aufgezogen hatte.
Sie brach in einen Thränenſtrom aus und barg
das Geſicht hinter ihren Händen. „O daß ich nie¬
mals, niemals dieſe Schwelle überſchritten hätte!“
ſchluchzte ſie. Bald aber war ſie wieder ruhig und gefaßt,
ordnete mein Bett, half mir beim Auskleiden, miſchte
mir ein Glas Zuckerwaſſer, alles mit ihrer leiſe ſchwe¬
benden Art, küßte dann noch einmal meine Hand und
ging hinüber zur Mutter.
Ich aber, als hätte das liebliche Geſchöpf mir
einen Beruhigungstrank eingeflößt, ſchlief ungeſtört bis
zum grauenden Morgen. Als ich das Krankenzimmer
betrat, ſtand Dorothee am Fenſter in einem weißen
Morgenkleid aus ihrer Mädchenzeit, da ſie durch die
bunten Farben ihres Reiſeanzuges nicht allzu grell
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