François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.dieser Ausdruck dumpfer Resignation mir durch die Ein Hauch, so rosig wie in ihrer glücklichsten "Ja, wache bei meiner Mutter, Dorothee," ant¬ dieſer Ausdruck dumpfer Reſignation mir durch die Ein Hauch, ſo roſig wie in ihrer glücklichſten „Ja, wache bei meiner Mutter, Dorothee,“ ant¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142" n="138"/> dieſer Ausdruck dumpfer Reſignation mir durch die<lb/> Seele ſchnitt. Was mußte das bewegliche Kind ge¬<lb/> kämpft haben, um ſo ſeiner Impulſe Herr zu wer¬<lb/> den, und was gelitten! Ich zog ihren Kopf an mein<lb/> Herz, drückte ihre Hand und ſprach: „Der Todte hat<lb/> Dich lieb gehabt wie ſein eigenes Kind — laß die bö¬<lb/> ſen Erinnerungen zwiſchen uns gelöſcht ſein, Dorothee.“</p><lb/> <p>Ein Hauch, ſo roſig wie in ihrer glücklichſten<lb/> Zeit, flog über das bis dahin ſchattenbleiche Geſicht.<lb/> Sie beugte ſich über meine Hände und warme Thrä¬<lb/> nen rieſelten auf ſie herab. Die Wanduhr ſchlug<lb/> eben Mitternacht. „O Fräulein Hardine!“ rief ſie,<lb/> „wenn das Ihr Ernſt iſt — und Sie haben ja nie¬<lb/> mals ein Wort gegeben, das Sie nicht wahr gemacht<lb/> — o, ſo bethätigen ſie es auch heute, dieſe Nacht viel¬<lb/> leicht zum letzten Male, daß wir im Leben bei ein¬<lb/> ander ſind. Ruhen Sie und laſſen Sie mich wachen bei<lb/> dieſer theueren Frau, noch einmal ſie pflegen wie ſonſt.<lb/> Sie brauchen Kraft für den morgenden Tag, und ich,<lb/> könnte ich in ſeiner Erwartung ruhen? Gönnen Sie mir<lb/> die Wohlthat dieſes Vertrauens, Fräulein Hardine.“</p><lb/> <p>„Ja, wache bei meiner Mutter, Dorothee,“ ant¬<lb/> wortete ich ohne Beſinnen, „ich will in Deinem Bette<lb/> drüben ſchlafen.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [138/0142]
dieſer Ausdruck dumpfer Reſignation mir durch die
Seele ſchnitt. Was mußte das bewegliche Kind ge¬
kämpft haben, um ſo ſeiner Impulſe Herr zu wer¬
den, und was gelitten! Ich zog ihren Kopf an mein
Herz, drückte ihre Hand und ſprach: „Der Todte hat
Dich lieb gehabt wie ſein eigenes Kind — laß die bö¬
ſen Erinnerungen zwiſchen uns gelöſcht ſein, Dorothee.“
Ein Hauch, ſo roſig wie in ihrer glücklichſten
Zeit, flog über das bis dahin ſchattenbleiche Geſicht.
Sie beugte ſich über meine Hände und warme Thrä¬
nen rieſelten auf ſie herab. Die Wanduhr ſchlug
eben Mitternacht. „O Fräulein Hardine!“ rief ſie,
„wenn das Ihr Ernſt iſt — und Sie haben ja nie¬
mals ein Wort gegeben, das Sie nicht wahr gemacht
— o, ſo bethätigen ſie es auch heute, dieſe Nacht viel¬
leicht zum letzten Male, daß wir im Leben bei ein¬
ander ſind. Ruhen Sie und laſſen Sie mich wachen bei
dieſer theueren Frau, noch einmal ſie pflegen wie ſonſt.
Sie brauchen Kraft für den morgenden Tag, und ich,
könnte ich in ſeiner Erwartung ruhen? Gönnen Sie mir
die Wohlthat dieſes Vertrauens, Fräulein Hardine.“
„Ja, wache bei meiner Mutter, Dorothee,“ ant¬
wortete ich ohne Beſinnen, „ich will in Deinem Bette
drüben ſchlafen.“
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