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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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in welcher das Geschaffene nur eben erhalten, oder
mäßig über seine Gränzen hinausgeführt zu werden
brauchte. Ein ruhiger Ueberblick war gestattet.

Da sah ich das Werk denn aufgerichtet, mit wel¬
chem mein Dasein gleichsam zu einem Wesen ver¬
wachsen war; sah die fruchtbringende Flur und den
Baum des Rechtes und der Ehre Wurzel schlagend
in einem neuen Geschlecht. Mit Zuversicht blickte ich
auf den Keimstock der Gemeinde, die sich heute rühmt,
seit fast einem Menschenalter keinen Prozeß geführt
und keinen Frevel gebüßt zu haben, keinen Spieler
und Trunkenbold, kein Mädchen zu kennen, das ohne
Kranz zum Altare getreten wäre; eine Gemeinde, die
ihre Rekruten ohne Murren stellt, ihre Waisen ohne
Beihülfe innerhalb der Familie zur Arbeit erzieht;
keiner Wittwe, keinem Greise den Altentheil ver¬
kümmert.

Und ich sage Ja und Amen zu diesem Ruhm.
In der That, es war eine ehrsame und rechtschaffene,
aber es war auch eine freude- und liebelose Colonie.

Freude- und liebelos wie die, welche sie gegrün¬
det hatte. Denn -- was ist da zu vertuschen? --
das, was Ihr ein Herz nennt, meine Freunde, das
war für nichts bei meiner That. Ich hatte einen

in welcher das Geſchaffene nur eben erhalten, oder
mäßig über ſeine Gränzen hinausgeführt zu werden
brauchte. Ein ruhiger Ueberblick war geſtattet.

Da ſah ich das Werk denn aufgerichtet, mit wel¬
chem mein Daſein gleichſam zu einem Weſen ver¬
wachſen war; ſah die fruchtbringende Flur und den
Baum des Rechtes und der Ehre Wurzel ſchlagend
in einem neuen Geſchlecht. Mit Zuverſicht blickte ich
auf den Keimſtock der Gemeinde, die ſich heute rühmt,
ſeit faſt einem Menſchenalter keinen Prozeß geführt
und keinen Frevel gebüßt zu haben, keinen Spieler
und Trunkenbold, kein Mädchen zu kennen, das ohne
Kranz zum Altare getreten wäre; eine Gemeinde, die
ihre Rekruten ohne Murren ſtellt, ihre Waiſen ohne
Beihülfe innerhalb der Familie zur Arbeit erzieht;
keiner Wittwe, keinem Greiſe den Altentheil ver¬
kümmert.

Und ich ſage Ja und Amen zu dieſem Ruhm.
In der That, es war eine ehrſame und rechtſchaffene,
aber es war auch eine freude- und liebeloſe Colonie.

Freude- und liebelos wie die, welche ſie gegrün¬
det hatte. Denn — was iſt da zu vertuſchen? —
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[166/0170] in welcher das Geſchaffene nur eben erhalten, oder mäßig über ſeine Gränzen hinausgeführt zu werden brauchte. Ein ruhiger Ueberblick war geſtattet. Da ſah ich das Werk denn aufgerichtet, mit wel¬ chem mein Daſein gleichſam zu einem Weſen ver¬ wachſen war; ſah die fruchtbringende Flur und den Baum des Rechtes und der Ehre Wurzel ſchlagend in einem neuen Geſchlecht. Mit Zuverſicht blickte ich auf den Keimſtock der Gemeinde, die ſich heute rühmt, ſeit faſt einem Menſchenalter keinen Prozeß geführt und keinen Frevel gebüßt zu haben, keinen Spieler und Trunkenbold, kein Mädchen zu kennen, das ohne Kranz zum Altare getreten wäre; eine Gemeinde, die ihre Rekruten ohne Murren ſtellt, ihre Waiſen ohne Beihülfe innerhalb der Familie zur Arbeit erzieht; keiner Wittwe, keinem Greiſe den Altentheil ver¬ kümmert. Und ich ſage Ja und Amen zu dieſem Ruhm. In der That, es war eine ehrſame und rechtſchaffene, aber es war auch eine freude- und liebeloſe Colonie. Freude- und liebelos wie die, welche ſie gegrün¬ det hatte. Denn — was iſt da zu vertuſchen? — das, was Ihr ein Herz nennt, meine Freunde, das war für nichts bei meiner That. Ich hatte einen

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/170>, abgerufen am 21.11.2024.