Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

schrockenheit und seines großen Geschicks war durch
das ganze Lager verbreitet; Hoch und Gering schätzte
des noch jungen Mannes bedeutenden Beruf. Die
Genossen der alten Baderei waren bald aufeinander
gestoßen und die heimischen Verhältnisse weidlich hin
und her besprochen worden. Ob dem kleinen Muster¬
bräutchen nicht ein wenig die Ohren geklungen haben
sollten?

"Ihr müßt Euch," so schloß der väterliche Be¬
richt, "unter dem Herrn Doctor Faber nun beileibe
nicht mehr den steifen Feldscheergehülfen vorstellen, der
sich quasi immer einen Spiegel vorhielt, um ja keine
angestammte Badereimanier durchschlüpfen zu lassen.
Er ist degagirt wie Einer, seitdem Generale und Prin¬
zen so gut wie der gemeine Stückknecht unter seinen
Messern und Zangen still halten müssen. Auch ge¬
müthlicher, aufgeknöpfter ist er geworden, nichtsdesto¬
weniger aber doch noch der alte Per--se, der Alles an¬
ders anfaßt, wie andere Leute, und besieht man's bei
Licht, allemal recht. Als ich ihn auf das Risico
hinwies, dem jungen, einsamen Bräutchen das einge¬
gangene Verhältniß so selten in Erinnerung zu brin¬
gen, da versicherte er zwar, um die Weihnachtszeit
sein regelmäßiges Carmen entsendet zu haben, und

ſchrockenheit und ſeines großen Geſchicks war durch
das ganze Lager verbreitet; Hoch und Gering ſchätzte
des noch jungen Mannes bedeutenden Beruf. Die
Genoſſen der alten Baderei waren bald aufeinander
geſtoßen und die heimiſchen Verhältniſſe weidlich hin
und her beſprochen worden. Ob dem kleinen Muſter¬
bräutchen nicht ein wenig die Ohren geklungen haben
ſollten?

„Ihr müßt Euch,“ ſo ſchloß der väterliche Be¬
richt, „unter dem Herrn Doctor Faber nun beileibe
nicht mehr den ſteifen Feldſcheergehülfen vorſtellen, der
ſich quaſi immer einen Spiegel vorhielt, um ja keine
angeſtammte Badereimanier durchſchlüpfen zu laſſen.
Er iſt degagirt wie Einer, ſeitdem Generale und Prin¬
zen ſo gut wie der gemeine Stückknecht unter ſeinen
Meſſern und Zangen ſtill halten müſſen. Auch ge¬
müthlicher, aufgeknöpfter iſt er geworden, nichtsdeſto¬
weniger aber doch noch der alte Per—ſé, der Alles an¬
ders anfaßt, wie andere Leute, und beſieht man’s bei
Licht, allemal recht. Als ich ihn auf das Riſico
hinwies, dem jungen, einſamen Bräutchen das einge¬
gangene Verhältniß ſo ſelten in Erinnerung zu brin¬
gen, da verſicherte er zwar, um die Weihnachtszeit
ſein regelmäßiges Carmen entſendet zu haben, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0049" n="45"/>
&#x017F;chrockenheit und &#x017F;eines großen Ge&#x017F;chicks war durch<lb/>
das ganze Lager verbreitet; Hoch und Gering &#x017F;chätzte<lb/>
des noch jungen Mannes bedeutenden Beruf. Die<lb/>
Geno&#x017F;&#x017F;en der alten Baderei waren bald aufeinander<lb/>
ge&#x017F;toßen und die heimi&#x017F;chen Verhältni&#x017F;&#x017F;e weidlich hin<lb/>
und her be&#x017F;prochen worden. Ob dem kleinen Mu&#x017F;ter¬<lb/>
bräutchen nicht ein wenig die Ohren geklungen haben<lb/>
&#x017F;ollten?</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ihr müßt Euch,&#x201C; &#x017F;o &#x017F;chloß der väterliche Be¬<lb/>
richt, &#x201E;unter dem Herrn Doctor Faber nun beileibe<lb/>
nicht mehr den &#x017F;teifen Feld&#x017F;cheergehülfen vor&#x017F;tellen, der<lb/>
&#x017F;ich qua&#x017F;i immer einen Spiegel vorhielt, um ja keine<lb/>
ange&#x017F;tammte Badereimanier durch&#x017F;chlüpfen zu la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Er i&#x017F;t degagirt wie Einer, &#x017F;eitdem Generale und Prin¬<lb/>
zen &#x017F;o gut wie der gemeine Stückknecht unter &#x017F;einen<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;ern und Zangen &#x017F;till halten mü&#x017F;&#x017F;en. Auch ge¬<lb/>
müthlicher, aufgeknöpfter i&#x017F;t er geworden, nichtsde&#x017F;to¬<lb/>
weniger aber doch noch der alte Per&#x2014;&#x017F;<hi rendition="#aq">é</hi>, der Alles an¬<lb/>
ders anfaßt, wie andere Leute, und be&#x017F;ieht man&#x2019;s bei<lb/>
Licht, allemal recht. Als ich ihn auf das Ri&#x017F;ico<lb/>
hinwies, dem jungen, ein&#x017F;amen Bräutchen das einge¬<lb/>
gangene Verhältniß &#x017F;o &#x017F;elten in Erinnerung zu brin¬<lb/>
gen, da ver&#x017F;icherte er zwar, um die Weihnachtszeit<lb/>
&#x017F;ein regelmäßiges Carmen ent&#x017F;endet zu haben, und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0049] ſchrockenheit und ſeines großen Geſchicks war durch das ganze Lager verbreitet; Hoch und Gering ſchätzte des noch jungen Mannes bedeutenden Beruf. Die Genoſſen der alten Baderei waren bald aufeinander geſtoßen und die heimiſchen Verhältniſſe weidlich hin und her beſprochen worden. Ob dem kleinen Muſter¬ bräutchen nicht ein wenig die Ohren geklungen haben ſollten? „Ihr müßt Euch,“ ſo ſchloß der väterliche Be¬ richt, „unter dem Herrn Doctor Faber nun beileibe nicht mehr den ſteifen Feldſcheergehülfen vorſtellen, der ſich quaſi immer einen Spiegel vorhielt, um ja keine angeſtammte Badereimanier durchſchlüpfen zu laſſen. Er iſt degagirt wie Einer, ſeitdem Generale und Prin¬ zen ſo gut wie der gemeine Stückknecht unter ſeinen Meſſern und Zangen ſtill halten müſſen. Auch ge¬ müthlicher, aufgeknöpfter iſt er geworden, nichtsdeſto¬ weniger aber doch noch der alte Per—ſé, der Alles an¬ ders anfaßt, wie andere Leute, und beſieht man’s bei Licht, allemal recht. Als ich ihn auf das Riſico hinwies, dem jungen, einſamen Bräutchen das einge¬ gangene Verhältniß ſo ſelten in Erinnerung zu brin¬ gen, da verſicherte er zwar, um die Weihnachtszeit ſein regelmäßiges Carmen entſendet zu haben, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/49
Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/49>, abgerufen am 21.11.2024.