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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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Aus blauem Himmel hatte sie der entsetzliche Schlag
getroffen.

Sie lag am Boden in ihren Tageskleidern. Die
Arme, quer über dem Bette ausgestreckt, zuckten con¬
vulsivisch, die Augen starrten nach der Thür, ohne
daß sie die Eintretende bemerkten. "Fort, fort!" war
der einzige Laut, der sich der hastig arbeitenden Brust
entrang.

Ich hob sie auf das Bett und setzte mich an ihre
Seite. Der Krampf währte eine Weile; endlich ge¬
wahrte sie mich und winkte leidenschaftlich, daß ich
mich entferne.

"Du bist krank, Dorothee," sagte ich. "Ich werde
den Arzt rufen lassen."

Das Wort brachte sie außer sich. "Nein, nein!"
schrie sie auf. "Keinen Arzt! Ich bin gesund. O
nur allein, ganz allein!"

Ich zog die Bettvorhänge zusammen, und that,
als ob ich mich entferne, setzte mich aber verborgen
in den Hintergrund. Allmälig wurde sie ruhiger; ein
Thränenstrom machte ihr Luft; ich hörte sie schluch¬
zen, endlich nur noch leise wimmern und seufzen.

Nach einer Stunde etwa richtete sie sich auf,
strich den verschobenen Anzug zurecht, trocknete ihre

Aus blauem Himmel hatte ſie der entſetzliche Schlag
getroffen.

Sie lag am Boden in ihren Tageskleidern. Die
Arme, quer über dem Bette ausgeſtreckt, zuckten con¬
vulſiviſch, die Augen ſtarrten nach der Thür, ohne
daß ſie die Eintretende bemerkten. „Fort, fort!“ war
der einzige Laut, der ſich der haſtig arbeitenden Bruſt
entrang.

Ich hob ſie auf das Bett und ſetzte mich an ihre
Seite. Der Krampf währte eine Weile; endlich ge¬
wahrte ſie mich und winkte leidenſchaftlich, daß ich
mich entferne.

„Du biſt krank, Dorothee,“ ſagte ich. „Ich werde
den Arzt rufen laſſen.“

Das Wort brachte ſie außer ſich. „Nein, nein!“
ſchrie ſie auf. „Keinen Arzt! Ich bin geſund. O
nur allein, ganz allein!“

Ich zog die Bettvorhänge zuſammen, und that,
als ob ich mich entferne, ſetzte mich aber verborgen
in den Hintergrund. Allmälig wurde ſie ruhiger; ein
Thränenſtrom machte ihr Luft; ich hörte ſie ſchluch¬
zen, endlich nur noch leiſe wimmern und ſeufzen.

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[2/0006] Aus blauem Himmel hatte ſie der entſetzliche Schlag getroffen. Sie lag am Boden in ihren Tageskleidern. Die Arme, quer über dem Bette ausgeſtreckt, zuckten con¬ vulſiviſch, die Augen ſtarrten nach der Thür, ohne daß ſie die Eintretende bemerkten. „Fort, fort!“ war der einzige Laut, der ſich der haſtig arbeitenden Bruſt entrang. Ich hob ſie auf das Bett und ſetzte mich an ihre Seite. Der Krampf währte eine Weile; endlich ge¬ wahrte ſie mich und winkte leidenſchaftlich, daß ich mich entferne. „Du biſt krank, Dorothee,“ ſagte ich. „Ich werde den Arzt rufen laſſen.“ Das Wort brachte ſie außer ſich. „Nein, nein!“ ſchrie ſie auf. „Keinen Arzt! Ich bin geſund. O nur allein, ganz allein!“ Ich zog die Bettvorhänge zuſammen, und that, als ob ich mich entferne, ſetzte mich aber verborgen in den Hintergrund. Allmälig wurde ſie ruhiger; ein Thränenſtrom machte ihr Luft; ich hörte ſie ſchluch¬ zen, endlich nur noch leiſe wimmern und ſeufzen. Nach einer Stunde etwa richtete ſie ſich auf, ſtrich den verſchobenen Anzug zurecht, trocknete ihre

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/6>, abgerufen am 21.11.2024.