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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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erwählten über Reifezeit und Alter verbleibt. "Du
aber -- Marianne -- meine Marianne --"

"Komm!" sagte sie mit einer gewissen Macht¬
losigkeit im Ton, "es ist Mittagszeit; die Sonne
sticht, -- unsere Wirthin wartet, und es kommt ein
Gewitter; wir müssen heim --"

Und mit fürsorglicher Hand leitete sie ihn zurück
durch die gewundenen Gäßchen bis zur Fischerliesel,
wo schon die Nudelsuppe auf dem Tische dampfte.
Hinter der Suppe saß aber bereits ein Gast mit
einem vollen Teller vor sich. Doch schien er keinen
Hunger zu verspüren, sondern rührte bedenklich in
dem Fadenknäuel und sprang in voller Eile auf, als
die Beiden in das Gastzimmer traten.

"Alfred!" rief er mit halberstickter Stimme.

Und "Max, bist Du -- ?" klang es nicht we¬
niger bewegt zurück.

Der Maler drückte ihn kurz und schnell an die
Brust. "Da bin ich! und da bist Du!" er athmete
hoch auf, "und das ist Fräulein Marianne Einsele,
die mir Alles geschrieben hat."

"Ja, das ist die liebste Marianne. Ach, Max,
daß ich Dich nicht sehen kann!"

"Gar nichts?" rief der Maler betroffen, "ich
dachte doch -- aber der Arzt gibt doch Hoffnung?"

"Wer darf darauf bauen?"

Marianne sah die stumme Erschütterung in dem

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erwählten über Reifezeit und Alter verbleibt. „Du
aber — Marianne — meine Marianne —“

„Komm!“ ſagte ſie mit einer gewiſſen Macht¬
loſigkeit im Ton, „es iſt Mittagszeit; die Sonne
ſticht, — unſere Wirthin wartet, und es kommt ein
Gewitter; wir müſſen heim —“

Und mit fürſorglicher Hand leitete ſie ihn zurück
durch die gewundenen Gäßchen bis zur Fiſcherlieſel,
wo ſchon die Nudelſuppe auf dem Tiſche dampfte.
Hinter der Suppe ſaß aber bereits ein Gaſt mit
einem vollen Teller vor ſich. Doch ſchien er keinen
Hunger zu verſpüren, ſondern rührte bedenklich in
dem Fadenknäuel und ſprang in voller Eile auf, als
die Beiden in das Gaſtzimmer traten.

„Alfred!“ rief er mit halberſtickter Stimme.

Und „Max, biſt Du — ?“ klang es nicht we¬
niger bewegt zurück.

Der Maler drückte ihn kurz und ſchnell an die
Bruſt. „Da bin ich! und da biſt Du!“ er athmete
hoch auf, „und das iſt Fräulein Marianne Einſele,
die mir Alles geſchrieben hat.“

„Ja, das iſt die liebſte Marianne. Ach, Max,
daß ich Dich nicht ſehen kann!“

„Gar nichts?“ rief der Maler betroffen, „ich
dachte doch — aber der Arzt gibt doch Hoffnung?“

„Wer darf darauf bauen?“

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[115/0131] erwählten über Reifezeit und Alter verbleibt. „Du aber — Marianne — meine Marianne —“ „Komm!“ ſagte ſie mit einer gewiſſen Macht¬ loſigkeit im Ton, „es iſt Mittagszeit; die Sonne ſticht, — unſere Wirthin wartet, und es kommt ein Gewitter; wir müſſen heim —“ Und mit fürſorglicher Hand leitete ſie ihn zurück durch die gewundenen Gäßchen bis zur Fiſcherlieſel, wo ſchon die Nudelſuppe auf dem Tiſche dampfte. Hinter der Suppe ſaß aber bereits ein Gaſt mit einem vollen Teller vor ſich. Doch ſchien er keinen Hunger zu verſpüren, ſondern rührte bedenklich in dem Fadenknäuel und ſprang in voller Eile auf, als die Beiden in das Gaſtzimmer traten. „Alfred!“ rief er mit halberſtickter Stimme. Und „Max, biſt Du — ?“ klang es nicht we¬ niger bewegt zurück. Der Maler drückte ihn kurz und ſchnell an die Bruſt. „Da bin ich! und da biſt Du!“ er athmete hoch auf, „und das iſt Fräulein Marianne Einſele, die mir Alles geſchrieben hat.“ „Ja, das iſt die liebſte Marianne. Ach, Max, daß ich Dich nicht ſehen kann!“ „Gar nichts?“ rief der Maler betroffen, „ich dachte doch — aber der Arzt gibt doch Hoffnung?“ „Wer darf darauf bauen?“ Marianne ſah die ſtumme Erſchütterung in dem 8 *

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/131>, abgerufen am 21.11.2024.