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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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aber net," und das vom Schätzle Alles treuherzig
mit, daß die Zwei lachten. "In der Anstalt müssen
wir viele Choräle singen," sagte Marianne entschul¬
digend; "da heraußen ziehen wir die Volkslieder vor."

Ein kleiner alter Weingärtner mit einem ver¬
hutzelten braunen Mausgesicht und blanken Ohrringen
trottete daher, hielt an, that seinen Butten herunter
und hörte zu, bis das Lied zu Ende war. Seine
kleinen Augen glänzten. Dann kam er heran, griff
an die Mütze, nahm von dem Butten sorgfältig eine
große weiße Lilie ab, die obenauf lag, dann ein paar
Hände voll Zwetschen, die er den Kindern reichte.
Zuletzt gab er die Blume an Marianne: "Jetzt hat's
keine meh, sell isch d'letzt gwe drobe imme Weinberg."

"Vergelt's Gott! Vergelt's Gott!" riefen die
Kinder.

Marianne hatte dem Alten die Hand geboten,
die er nicht wieder freiließ.

"'s hätt mi arg gehei't, wann i's heut net troffe
hätt, Fräulein Maariann'," sagte er im Weggehen.

"Meine Kinder werden oft beschenkt, und da
fällt dann auch für mich etwas ab." Marianne
hielt ihr Gesicht über die Lilie und sog den starken
Duft der weißen wehrlosen Blume ein; dann rief sie
die Kinder zum Aufbruch. Nun sahen die Freunde
wohl, daß das Gehen nicht so leicht war. Das
Reihehalten wäre nicht möglich gewesen ohne den

aber net,“ und das vom Schätzle Alles treuherzig
mit, daß die Zwei lachten. „In der Anſtalt müſſen
wir viele Choräle ſingen,“ ſagte Marianne entſchul¬
digend; „da heraußen ziehen wir die Volkslieder vor.“

Ein kleiner alter Weingärtner mit einem ver¬
hutzelten braunen Mausgeſicht und blanken Ohrringen
trottete daher, hielt an, that ſeinen Butten herunter
und hörte zu, bis das Lied zu Ende war. Seine
kleinen Augen glänzten. Dann kam er heran, griff
an die Mütze, nahm von dem Butten ſorgfältig eine
große weiße Lilie ab, die obenauf lag, dann ein paar
Hände voll Zwetſchen, die er den Kindern reichte.
Zuletzt gab er die Blume an Marianne: „Jetzt hat's
keine meh, ſell iſch d'letzt gwe drobe imme Weinberg.“

„Vergelt's Gott! Vergelt's Gott!“ riefen die
Kinder.

Marianne hatte dem Alten die Hand geboten,
die er nicht wieder freiließ.

„'s hätt mi arg gehei't, wann i's heut net troffe
hätt, Fräulein Maariann',“ ſagte er im Weggehen.

„Meine Kinder werden oft beſchenkt, und da
fällt dann auch für mich etwas ab.“ Marianne
hielt ihr Geſicht über die Lilie und ſog den ſtarken
Duft der weißen wehrloſen Blume ein; dann rief ſie
die Kinder zum Aufbruch. Nun ſahen die Freunde
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[141/0157] aber net,“ und das vom Schätzle Alles treuherzig mit, daß die Zwei lachten. „In der Anſtalt müſſen wir viele Choräle ſingen,“ ſagte Marianne entſchul¬ digend; „da heraußen ziehen wir die Volkslieder vor.“ Ein kleiner alter Weingärtner mit einem ver¬ hutzelten braunen Mausgeſicht und blanken Ohrringen trottete daher, hielt an, that ſeinen Butten herunter und hörte zu, bis das Lied zu Ende war. Seine kleinen Augen glänzten. Dann kam er heran, griff an die Mütze, nahm von dem Butten ſorgfältig eine große weiße Lilie ab, die obenauf lag, dann ein paar Hände voll Zwetſchen, die er den Kindern reichte. Zuletzt gab er die Blume an Marianne: „Jetzt hat's keine meh, ſell iſch d'letzt gwe drobe imme Weinberg.“ „Vergelt's Gott! Vergelt's Gott!“ riefen die Kinder. Marianne hatte dem Alten die Hand geboten, die er nicht wieder freiließ. „'s hätt mi arg gehei't, wann i's heut net troffe hätt, Fräulein Maariann',“ ſagte er im Weggehen. „Meine Kinder werden oft beſchenkt, und da fällt dann auch für mich etwas ab.“ Marianne hielt ihr Geſicht über die Lilie und ſog den ſtarken Duft der weißen wehrloſen Blume ein; dann rief ſie die Kinder zum Aufbruch. Nun ſahen die Freunde wohl, daß das Gehen nicht ſo leicht war. Das Reihehalten wäre nicht möglich geweſen ohne den

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/157>, abgerufen am 21.11.2024.