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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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Moni, willscht am nächschte Sonntag zur Kommunio'
gehe? I geh als au" --

Das Mädchen stützte sich auf den Spaten und
sagte: "Ja, warum nit? Sonntag hab i mein' Aus¬
gang, und wenn's in die Kirch' geht, wird mir's der
gnädig Herr gern e Stund bälder erlauben." Sie
lächelte schelmisch. "Er ist a christlicher Herr, der
Herr General, der hätt' sollen geistlich werd'n; aber
denn gleich a kathol'scher, so wie 's bei mir z'Haus
gibt." Ein vielsagendes Blinzeln gab ihr bei diesen
Worten einen ganz veränderten, alten und welt¬
erfahrenen Ausdruck.

Michel sah sie unbehaglich, mit offenem Munde
an, er verstand nicht recht, und das war seiner hohen
Meinung von sich zuwider. Und dann -- sein Pfar¬
rer war die gefürchtete Respektsperson im Dorf, --
was gab es jetzt zu lachen?

Denn Monika lachte laut und ausgelassen; als
sie aber seine Verdutztheit sah, hielt sie inne und
sagte: "Gelt, Du weißt nit, warum ich so lachen
muß? Ich hab' nämlich an den geistlichen Herrn
denken müssen in meinem Heimathsdorf. Was der
meine Kam'rädinnen gefragt hat in der Beicht, -- 's
ist nicht zum sagen." Sie lachte in sich hinein und
fuhr fort: "Er hat's, scheint's, gethan, daß mir was
z' lachen haben. In der ersten Beicht' hat er jede
g'fragt, ob sie schon mal 'n Mannsbild im Dunkeln

Moni, willſcht am nächſchte Sonntag zur Kommunio'
gehe? I geh als au“ —

Das Mädchen ſtützte ſich auf den Spaten und
ſagte: „Ja, warum nit? Sonntag hab i mein' Aus¬
gang, und wenn's in die Kirch' geht, wird mir's der
gnädig Herr gern e Stund bälder erlauben.“ Sie
lächelte ſchelmiſch. „Er iſt a chriſtlicher Herr, der
Herr General, der hätt' ſollen geiſtlich werd'n; aber
denn gleich a kathol'ſcher, ſo wie 's bei mir z'Haus
gibt.“ Ein vielſagendes Blinzeln gab ihr bei dieſen
Worten einen ganz veränderten, alten und welt¬
erfahrenen Ausdruck.

Michel ſah ſie unbehaglich, mit offenem Munde
an, er verſtand nicht recht, und das war ſeiner hohen
Meinung von ſich zuwider. Und dann — ſein Pfar¬
rer war die gefürchtete Reſpektsperſon im Dorf, —
was gab es jetzt zu lachen?

Denn Monika lachte laut und ausgelaſſen; als
ſie aber ſeine Verdutztheit ſah, hielt ſie inne und
ſagte: „Gelt, Du weißt nit, warum ich ſo lachen
muß? Ich hab' nämlich an den geiſtlichen Herrn
denken müſſen in meinem Heimathsdorf. Was der
meine Kam'rädinnen gefragt hat in der Beicht, — 's
iſt nicht zum ſagen.“ Sie lachte in ſich hinein und
fuhr fort: „Er hat's, ſcheint's, gethan, daß mir was
z' lachen haben. In der erſten Beicht' hat er jede
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[158/0174] Moni, willſcht am nächſchte Sonntag zur Kommunio' gehe? I geh als au“ — Das Mädchen ſtützte ſich auf den Spaten und ſagte: „Ja, warum nit? Sonntag hab i mein' Aus¬ gang, und wenn's in die Kirch' geht, wird mir's der gnädig Herr gern e Stund bälder erlauben.“ Sie lächelte ſchelmiſch. „Er iſt a chriſtlicher Herr, der Herr General, der hätt' ſollen geiſtlich werd'n; aber denn gleich a kathol'ſcher, ſo wie 's bei mir z'Haus gibt.“ Ein vielſagendes Blinzeln gab ihr bei dieſen Worten einen ganz veränderten, alten und welt¬ erfahrenen Ausdruck. Michel ſah ſie unbehaglich, mit offenem Munde an, er verſtand nicht recht, und das war ſeiner hohen Meinung von ſich zuwider. Und dann — ſein Pfar¬ rer war die gefürchtete Reſpektsperſon im Dorf, — was gab es jetzt zu lachen? Denn Monika lachte laut und ausgelaſſen; als ſie aber ſeine Verdutztheit ſah, hielt ſie inne und ſagte: „Gelt, Du weißt nit, warum ich ſo lachen muß? Ich hab' nämlich an den geiſtlichen Herrn denken müſſen in meinem Heimathsdorf. Was der meine Kam'rädinnen gefragt hat in der Beicht, — 's iſt nicht zum ſagen.“ Sie lachte in ſich hinein und fuhr fort: „Er hat's, ſcheint's, gethan, daß mir was z' lachen haben. In der erſten Beicht' hat er jede g'fragt, ob ſie ſchon mal 'n Mannsbild im Dunkeln

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/174>, abgerufen am 21.11.2024.