Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891."Ho, ho! Mädle!" schrieen die Gesellen und Einen Augenblick noch herrschte das Schweigen "Jetzt, wisset Se was? Se send e Lügnerin! "'s ischt wohr! 's ischt e Mädeleshandschrift!" Ganz versteinert stand das Mädchen; große "Das hat mir noch kein Mensch gesagt," "Aber 's ischt doch aso!" schrie der Meister Im selben Augenblick aber schlug ihn einer über "Wirscht Dei' Maul halte? So eppes sagt mer „Ho, ho! Mädle!“ ſchrieen die Geſellen und Einen Augenblick noch herrſchte das Schweigen „Jetzt, wiſſet Se was? Se ſend e Lügnerin! „'s iſcht wohr! 's iſcht e Mädeleshandſchrift!“ Ganz verſteinert ſtand das Mädchen; große „Das hat mir noch kein Menſch geſagt,“ „Aber 's iſcht doch aſo!“ ſchrie der Meiſter Im ſelben Augenblick aber ſchlug ihn einer über „Wirſcht Dei' Maul halte? So eppes ſagt mer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0185" n="169"/> <p>„Ho, ho! Mädle!“ ſchrieen die Geſellen und<lb/> rückten drohend auf ſie zu.</p><lb/> <p>Einen Augenblick noch herrſchte das Schweigen<lb/> der Rathloſigkeit, dann ſagte plötzlich der Meiſter mit<lb/> rauher, entſchiedener Stimme:</p><lb/> <p>„Jetzt, wiſſet Se was? Se ſend e Lügnerin!<lb/> Deſcht Ihre eigne Handſchrift!“</p><lb/> <p>„'s iſcht wohr! 's iſcht e Mädeleshandſchrift!“<lb/> wiederholte der Chor der ſchwarzen Geſellen.</p><lb/> <p>Ganz verſteinert ſtand das Mädchen; große<lb/> Thränen quollen aus ihren dunkeln Augen und rollten,<lb/> ohne daß ſich das Geſicht verzog, über die bräunlichen<lb/> Wangen. Ueber Michels Augen legte ſich's wie ein<lb/> Schleier, er faßte nach ſeinem Seitengewehr.</p><lb/> <p>„Das hat mir noch kein Menſch geſagt,“<lb/> ſchluchzte das Mädchen, ihr weißes Tüchlein an die<lb/> Augen drückend, „das kann ich mir nicht gefallen<lb/> laſſen! Meine Ehr' angreifen? Was hab' ich denn<lb/> weiter als meine Ehr'?“ Und troſtlos mit ſtrömen¬<lb/> den Augen blickte ſie den Beſchuldiger an.</p><lb/> <p>„Aber 's iſcht doch aſo!“ ſchrie der Meiſter<lb/> mit einem Schlag in die Luft.</p><lb/> <p>Im ſelben Augenblick aber ſchlug ihn einer über<lb/> die Schulter, daß er zuſammenknickte, und ein zorn¬<lb/> glühendes Geſicht ſchnaubte ihn an:</p><lb/> <p>„Wirſcht Dei' Maul halte? So eppes ſagt mer<lb/> net, wemmers net beweiſe ka'!“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [169/0185]
„Ho, ho! Mädle!“ ſchrieen die Geſellen und
rückten drohend auf ſie zu.
Einen Augenblick noch herrſchte das Schweigen
der Rathloſigkeit, dann ſagte plötzlich der Meiſter mit
rauher, entſchiedener Stimme:
„Jetzt, wiſſet Se was? Se ſend e Lügnerin!
Deſcht Ihre eigne Handſchrift!“
„'s iſcht wohr! 's iſcht e Mädeleshandſchrift!“
wiederholte der Chor der ſchwarzen Geſellen.
Ganz verſteinert ſtand das Mädchen; große
Thränen quollen aus ihren dunkeln Augen und rollten,
ohne daß ſich das Geſicht verzog, über die bräunlichen
Wangen. Ueber Michels Augen legte ſich's wie ein
Schleier, er faßte nach ſeinem Seitengewehr.
„Das hat mir noch kein Menſch geſagt,“
ſchluchzte das Mädchen, ihr weißes Tüchlein an die
Augen drückend, „das kann ich mir nicht gefallen
laſſen! Meine Ehr' angreifen? Was hab' ich denn
weiter als meine Ehr'?“ Und troſtlos mit ſtrömen¬
den Augen blickte ſie den Beſchuldiger an.
„Aber 's iſcht doch aſo!“ ſchrie der Meiſter
mit einem Schlag in die Luft.
Im ſelben Augenblick aber ſchlug ihn einer über
die Schulter, daß er zuſammenknickte, und ein zorn¬
glühendes Geſicht ſchnaubte ihn an:
„Wirſcht Dei' Maul halte? So eppes ſagt mer
net, wemmers net beweiſe ka'!“
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