Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.machen?" und da hob ich ihn auf und zeigte ihn ihr Ach, und noch ein Abenteuer! Denkt Euch, machen?“ und da hob ich ihn auf und zeigte ihn ihr Ach, und noch ein Abenteuer! Denkt Euch, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0221" n="205"/> machen?“ und da hob ich ihn auf und zeigte ihn ihr<lb/> in der Nähe. Nachher beim Abendeſſen ſaß ſie neben<lb/> mir und ſagte mir, Mama ſei die ſchönſte Frau, die<lb/> ihr begegnet ſei, und ſo etwas ganz Apartes habe ſie<lb/> in der glatten Haartracht und der ganzen Erſcheinung.<lb/> Sie fragte, ob Papa Profeſſor ſei, und als ich ſagte:<lb/> „nein, Privatgelehrter“, wußte ſie gar nicht recht,<lb/> was das iſt. Ich erzählte ihr auch von Euch, und<lb/> ſie erzählte mir von einem reizenden Lamm, das ſie<lb/> als junges Mädchen gehabt hatte, und das immer<lb/> mit einem Blumenkranz um den Hals geſchmückt und<lb/> an einem roſa Bande durchs Haus geführt wurde,<lb/> wenn Sonntag war. Aber einmal, als Alle aus<lb/> waren, ſtieg es in die Haferkiſte und aß ſich ſo dick<lb/> und rund, daß es nicht wieder heraus konnte. Der<lb/> Thierarzt mußte kommen und verſchrieb dem Lamm<lb/> für 50 Pfg. Ricinusöl, da war es wieder geſund.</p><lb/> <p>Ach, und noch ein Abenteuer! Denkt Euch,<lb/> geſtern Abend lieſt Papa uns das ſchöne Gedicht aus<lb/> dem Scheffel vor: „Noch heute freut mich's, o Rungl¬<lb/> ſtein“ — das ja nun für uns beſonders intereſſant<lb/> war. Er kam ganz in Feuer und ſprach eben in<lb/> dumpfem Ton die Zeile: „Betrüblich ſehr ſteht König<lb/> Marke, der alte“, da klopft es donnernd an die<lb/> Thür, und ohne „Herein“ abzuwarten, erſcheint —<lb/> der Landrath. Er trug einen Schlafrock, zwei lange<lb/> rothe Troddeln ſchleiften hinter ihm her. „Wollt'<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0221]
machen?“ und da hob ich ihn auf und zeigte ihn ihr
in der Nähe. Nachher beim Abendeſſen ſaß ſie neben
mir und ſagte mir, Mama ſei die ſchönſte Frau, die
ihr begegnet ſei, und ſo etwas ganz Apartes habe ſie
in der glatten Haartracht und der ganzen Erſcheinung.
Sie fragte, ob Papa Profeſſor ſei, und als ich ſagte:
„nein, Privatgelehrter“, wußte ſie gar nicht recht,
was das iſt. Ich erzählte ihr auch von Euch, und
ſie erzählte mir von einem reizenden Lamm, das ſie
als junges Mädchen gehabt hatte, und das immer
mit einem Blumenkranz um den Hals geſchmückt und
an einem roſa Bande durchs Haus geführt wurde,
wenn Sonntag war. Aber einmal, als Alle aus
waren, ſtieg es in die Haferkiſte und aß ſich ſo dick
und rund, daß es nicht wieder heraus konnte. Der
Thierarzt mußte kommen und verſchrieb dem Lamm
für 50 Pfg. Ricinusöl, da war es wieder geſund.
Ach, und noch ein Abenteuer! Denkt Euch,
geſtern Abend lieſt Papa uns das ſchöne Gedicht aus
dem Scheffel vor: „Noch heute freut mich's, o Rungl¬
ſtein“ — das ja nun für uns beſonders intereſſant
war. Er kam ganz in Feuer und ſprach eben in
dumpfem Ton die Zeile: „Betrüblich ſehr ſteht König
Marke, der alte“, da klopft es donnernd an die
Thür, und ohne „Herein“ abzuwarten, erſcheint —
der Landrath. Er trug einen Schlafrock, zwei lange
rothe Troddeln ſchleiften hinter ihm her. „Wollt'
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