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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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Das Lied verhallte so, mit einem Seufzer, und
Alfred stand noch immer an derselben Stelle. "Ja
-- ja --" murmelte er vor sich hin, "aber nun hilft
es doch nicht, nun muß ich doch hineingehen. Ich
glaube, ich bin im Schlaf, ich glaube, mir träumt
das nur so hier, -- ich glaube, ich muß anklopfen,
sonst werde ich verrückt, oder ich erwache, oder --

Er ging langsam die drei fehlenden Schritte und
klopfte mit zitternden Fingern. "Herein!" sagte die
volle weiche Alt-Stimme. Er griff nach seinem Hut,
um ihn abzuziehen, aber er fand ihn nicht, er hatte
ihn in der Hast vergessen. Wie er sich besann, ob er
denn nicht lieber erst zurücklaufen, den Hut holen
solle, ward das "Herein" wiederholt. Halb gegen
seinen Willen öffnete er nun die Thür, seine Blicke
flogen ihm voraus, doch ward er geblendet, weil er
so lang im Halbdunkeln gestanden hatte, und sagte
mit unsicherer Stimme in das Gemach hinein: "Ich
bitte um Verzeihung, ich glaube, dieses Kätzchen --"

"Ach Peterl, Peterl, Du machst mir argen Kum¬
mer!" sagte die Dame, die da auf ihn zutrat und
die Hände nach dem Thierchen ausstreckte. Es sprang
auch gleich auf ihre Schulter und drückte sich zärtlich
an ihren Kopf, das ungetreue Geschöpfchen. Alfreds
Augen hatten sich inzwischen erholt und flogen
suchend über die Stühle, die um den runden Tisch
her standen. Sie waren aber leer, und ebenso alle

Das Lied verhallte ſo, mit einem Seufzer, und
Alfred ſtand noch immer an derſelben Stelle. „Ja
— ja —“ murmelte er vor ſich hin, „aber nun hilft
es doch nicht, nun muß ich doch hineingehen. Ich
glaube, ich bin im Schlaf, ich glaube, mir träumt
das nur ſo hier, — ich glaube, ich muß anklopfen,
ſonſt werde ich verrückt, oder ich erwache, oder —

Er ging langſam die drei fehlenden Schritte und
klopfte mit zitternden Fingern. „Herein!“ ſagte die
volle weiche Alt-Stimme. Er griff nach ſeinem Hut,
um ihn abzuziehen, aber er fand ihn nicht, er hatte
ihn in der Haſt vergeſſen. Wie er ſich beſann, ob er
denn nicht lieber erſt zurücklaufen, den Hut holen
ſolle, ward das „Herein“ wiederholt. Halb gegen
ſeinen Willen öffnete er nun die Thür, ſeine Blicke
flogen ihm voraus, doch ward er geblendet, weil er
ſo lang im Halbdunkeln geſtanden hatte, und ſagte
mit unſicherer Stimme in das Gemach hinein: „Ich
bitte um Verzeihung, ich glaube, dieſes Kätzchen —“

„Ach Peterl, Peterl, Du machſt mir argen Kum¬
mer!“ ſagte die Dame, die da auf ihn zutrat und
die Hände nach dem Thierchen ausſtreckte. Es ſprang
auch gleich auf ihre Schulter und drückte ſich zärtlich
an ihren Kopf, das ungetreue Geſchöpfchen. Alfreds
Augen hatten ſich inzwiſchen erholt und flogen
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[21/0037] Das Lied verhallte ſo, mit einem Seufzer, und Alfred ſtand noch immer an derſelben Stelle. „Ja — ja —“ murmelte er vor ſich hin, „aber nun hilft es doch nicht, nun muß ich doch hineingehen. Ich glaube, ich bin im Schlaf, ich glaube, mir träumt das nur ſo hier, — ich glaube, ich muß anklopfen, ſonſt werde ich verrückt, oder ich erwache, oder — Er ging langſam die drei fehlenden Schritte und klopfte mit zitternden Fingern. „Herein!“ ſagte die volle weiche Alt-Stimme. Er griff nach ſeinem Hut, um ihn abzuziehen, aber er fand ihn nicht, er hatte ihn in der Haſt vergeſſen. Wie er ſich beſann, ob er denn nicht lieber erſt zurücklaufen, den Hut holen ſolle, ward das „Herein“ wiederholt. Halb gegen ſeinen Willen öffnete er nun die Thür, ſeine Blicke flogen ihm voraus, doch ward er geblendet, weil er ſo lang im Halbdunkeln geſtanden hatte, und ſagte mit unſicherer Stimme in das Gemach hinein: „Ich bitte um Verzeihung, ich glaube, dieſes Kätzchen —“ „Ach Peterl, Peterl, Du machſt mir argen Kum¬ mer!“ ſagte die Dame, die da auf ihn zutrat und die Hände nach dem Thierchen ausſtreckte. Es ſprang auch gleich auf ihre Schulter und drückte ſich zärtlich an ihren Kopf, das ungetreue Geſchöpfchen. Alfreds Augen hatten ſich inzwiſchen erholt und flogen ſuchend über die Stühle, die um den runden Tiſch her ſtanden. Sie waren aber leer, und ebenſo alle

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/37>, abgerufen am 21.11.2024.