Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.dem Steintisch auch Brot und frische rothe Radies¬ Sie stülpte dem "Buben", mit dem sie am Ihr Vater hielt sich die Seiten vor Lachen. "So ein Sonntagnachmittag auf dem Lande "Alle lachen, nur der Muckerl nicht," bemerkte 3*
dem Steintiſch auch Brot und friſche rothe Radies¬ Sie ſtülpte dem „Buben“, mit dem ſie am Ihr Vater hielt ſich die Seiten vor Lachen. „So ein Sonntagnachmittag auf dem Lande „Alle lachen, nur der Muckerl nicht,“ bemerkte 3*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="35"/> dem Steintiſch auch Brot und friſche rothe Radies¬<lb/> chen aufgeſtellt waren. Im Nu ſaß Jeder hinter ſei¬<lb/> nem Bierkrug. Alfred ſah das Fräulein ſchärfer an,<lb/> ſie war doch ſehr anziehend mit dem warmen Puppen¬<lb/> geſichtchen. Freilich ſaß ſie mit gekreuzten Füßen,<lb/> die Arme übereinandergeſchlagen und ſchien unabſicht¬<lb/> lich oder abſichtlich Alles nachzuahmen, was die jun¬<lb/> gen Männer thaten. Sie gab ſich auch den Anſtrich,<lb/> ebenſo durſtig zu ſein, ſetzte ihren Krug prahleriſch<lb/> an den Mund, trank aber doch nur ein paar Tropfen<lb/> jedesmal. Es kam die Rede auf einen bekannten Offi¬<lb/> zier. Sofort fing ſie an, ſeine Sprechweiſe nach¬<lb/> zuahmen, ſchleifte das R, wie ein Lieutenant, ſprach<lb/> durch die Naſe und klemmte das Auge zu, als ſäße<lb/> ein Monocle darin. Das Lachen der Zuhörer erhöhte<lb/> ihre Ausgelaſſenheit.</p><lb/> <p>Sie ſtülpte dem „Buben“, mit dem ſie am<lb/> dreiſteſten umging, ihr Blumenhütchen auf den Kopf,<lb/> ſchlang ihm ein buntſeidenes Tuch um die Schultern<lb/> und begann nun, eine ſchmachtende Liebesrede an ihn<lb/> zu richten, immer in karrikirtem Lieutenantsdeutſch.</p><lb/> <p>Ihr Vater hielt ſich die Seiten vor Lachen.</p><lb/> <p>„So ein Sonntagnachmittag auf dem Lande<lb/> ſtellt mich allemal wieder her,“ ſagte er behaglich zu<lb/> dem neben ihm ſitzenden Alfred.</p><lb/> <p>„Alle lachen, nur der Muckerl nicht,“ bemerkte<lb/> Fräulein Appolonia herausfordernd.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">3*<lb/></fw> </div> </body> </text> </TEI> [35/0051]
dem Steintiſch auch Brot und friſche rothe Radies¬
chen aufgeſtellt waren. Im Nu ſaß Jeder hinter ſei¬
nem Bierkrug. Alfred ſah das Fräulein ſchärfer an,
ſie war doch ſehr anziehend mit dem warmen Puppen¬
geſichtchen. Freilich ſaß ſie mit gekreuzten Füßen,
die Arme übereinandergeſchlagen und ſchien unabſicht¬
lich oder abſichtlich Alles nachzuahmen, was die jun¬
gen Männer thaten. Sie gab ſich auch den Anſtrich,
ebenſo durſtig zu ſein, ſetzte ihren Krug prahleriſch
an den Mund, trank aber doch nur ein paar Tropfen
jedesmal. Es kam die Rede auf einen bekannten Offi¬
zier. Sofort fing ſie an, ſeine Sprechweiſe nach¬
zuahmen, ſchleifte das R, wie ein Lieutenant, ſprach
durch die Naſe und klemmte das Auge zu, als ſäße
ein Monocle darin. Das Lachen der Zuhörer erhöhte
ihre Ausgelaſſenheit.
Sie ſtülpte dem „Buben“, mit dem ſie am
dreiſteſten umging, ihr Blumenhütchen auf den Kopf,
ſchlang ihm ein buntſeidenes Tuch um die Schultern
und begann nun, eine ſchmachtende Liebesrede an ihn
zu richten, immer in karrikirtem Lieutenantsdeutſch.
Ihr Vater hielt ſich die Seiten vor Lachen.
„So ein Sonntagnachmittag auf dem Lande
ſtellt mich allemal wieder her,“ ſagte er behaglich zu
dem neben ihm ſitzenden Alfred.
„Alle lachen, nur der Muckerl nicht,“ bemerkte
Fräulein Appolonia herausfordernd.
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