Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.ruhigem Erröthen ein Tuch über sein Thonmodell und Alfred athmete auf; er drückte dem Freunde "Sie sind noch nicht weit genug, um den freien Alfred entließ Babett, die, müde sich dehnend, "Ich muß reisen," sagte der Maler, "gleich mor¬ ruhigem Erröthen ein Tuch über ſein Thonmodell und Alfred athmete auf; er drückte dem Freunde „Sie ſind noch nicht weit genug, um den freien Alfred entließ Babett, die, müde ſich dehnend, „Ich muß reiſen,“ ſagte der Maler, „gleich mor¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0066" n="50"/> ruhigem Erröthen ein Tuch über ſein Thonmodell und<lb/> bemühte ſich, den Maler auf die andere Seite zu<lb/> locken. Doch Jener ging ruhig auf das verhüllte<lb/> Werk zu und betrachtete es eine Weile ſchweigend,<lb/> während der junge Bildhauer haſtig auf und ab lief.<lb/> Wolff hatte ſchon an der Begrüßung empfunden, wie<lb/> es hier ſtehe, und daß ermuthigender Zuſpruch eine<lb/> Lebensfrage bedeute. Er fing an, dies und jenes zu<lb/> loben, rieth ihm aber dann, die Arbeit, an der er ſich<lb/> offenbar müde geſehen, eine Weile ruhen zu laſſen<lb/> und irgend eine andere Aufgabe zu wählen.</p><lb/> <p>Alfred athmete auf; er drückte dem Freunde<lb/> lebhaft die Hand. Dann erzählte er ihm von ſeinen<lb/> täglichen Leiden; der Maler nickte wie zu etwas<lb/> Längſtbekanntem.</p><lb/> <p>„Sie ſind noch nicht weit genug, um den freien<lb/> Genuß und Nutzen davon zu haben. Machen Sie<lb/> jetzt etwas, und gehen Sie inzwiſchen nicht in die<lb/> „Theken“, es wird beſſer ſein. Und wenn Sie jetzt<lb/> Zeit haben, kommen Sie mit auf einen Spaziergang,<lb/> ich möcht' mit Ihnen reden.“</p><lb/> <p>Alfred entließ Babett, die, müde ſich dehnend,<lb/> in einer Ecke ſtand. Sie gingen hinaus und quer<lb/> durch die Stadt, den Iſarauen zu. Die jungen<lb/> Uferweiden ſchimmerten in hellem Grün; doch war es<lb/> kühl und menſchenleer auf den kiesbeſtreuten Wegen.</p><lb/> <p>„Ich muß reiſen,“ ſagte der Maler, „gleich mor¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [50/0066]
ruhigem Erröthen ein Tuch über ſein Thonmodell und
bemühte ſich, den Maler auf die andere Seite zu
locken. Doch Jener ging ruhig auf das verhüllte
Werk zu und betrachtete es eine Weile ſchweigend,
während der junge Bildhauer haſtig auf und ab lief.
Wolff hatte ſchon an der Begrüßung empfunden, wie
es hier ſtehe, und daß ermuthigender Zuſpruch eine
Lebensfrage bedeute. Er fing an, dies und jenes zu
loben, rieth ihm aber dann, die Arbeit, an der er ſich
offenbar müde geſehen, eine Weile ruhen zu laſſen
und irgend eine andere Aufgabe zu wählen.
Alfred athmete auf; er drückte dem Freunde
lebhaft die Hand. Dann erzählte er ihm von ſeinen
täglichen Leiden; der Maler nickte wie zu etwas
Längſtbekanntem.
„Sie ſind noch nicht weit genug, um den freien
Genuß und Nutzen davon zu haben. Machen Sie
jetzt etwas, und gehen Sie inzwiſchen nicht in die
„Theken“, es wird beſſer ſein. Und wenn Sie jetzt
Zeit haben, kommen Sie mit auf einen Spaziergang,
ich möcht' mit Ihnen reden.“
Alfred entließ Babett, die, müde ſich dehnend,
in einer Ecke ſtand. Sie gingen hinaus und quer
durch die Stadt, den Iſarauen zu. Die jungen
Uferweiden ſchimmerten in hellem Grün; doch war es
kühl und menſchenleer auf den kiesbeſtreuten Wegen.
„Ich muß reiſen,“ ſagte der Maler, „gleich mor¬
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