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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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Sie legte den Kopf zurück, drückte die Augen zu¬
sammen und sagte spöttisch: "Sie wollen wohl auch
mit mir anbinden? Sie gehen wohl beim Muckerl
in die Schul'?"

"Wenn Sie von meinem Freunde reden --" rief
der Bildhauer fast heftig.

"So, Sie sind Freunde miteinander, Ihr seid
ein Paar!" sagte sie wegwerfend.

Der Zorn stieg ihm zu Kopf.

"Ich bitte Sie, seien Sie einmal vernünftig,"
rief er, "Sie sind noch jung, Sie kennen die Men¬
schen noch nicht, aber daß Wolff ein edler, ein seltner
Mensch ist, das sollten auch Ihre Kinderaugen schon
erkannt haben, falls sie überhaupt die Fähigkeit
haben, das Gute und Rechte wahrzunehmen."

Das Fräulein hatte die nach der Glocke aus¬
gestreckte Hand sinken lassen und ihn eine Weile in
sprachloser Verwunderung angestarrt. Sie that einen
tiefen Athemzug. Dann sagte sie langsam:

"Das ist brav von Ihnen, daß Sie ihn in
Schutz nehmen; das muß wohl auch ein Freund
thun," Sie zog die Klingel und fuhr in demselben
gezähmten Tone fort: "Wenn Sie Sonntag kommen
wollen, -- es wird Ihnen arg langweilig sein, --
aber mir machen Sie eine Freud' damit. Auf Wieder¬
sehn!" Sie stockte, erröthete und reichte ihm das
Händchen im seidnen Handschuh. Er fühlte ihren

Sie legte den Kopf zurück, drückte die Augen zu¬
ſammen und ſagte ſpöttiſch: „Sie wollen wohl auch
mit mir anbinden? Sie gehen wohl beim Muckerl
in die Schul'?“

„Wenn Sie von meinem Freunde reden —“ rief
der Bildhauer faſt heftig.

„So, Sie ſind Freunde miteinander, Ihr ſeid
ein Paar!“ ſagte ſie wegwerfend.

Der Zorn ſtieg ihm zu Kopf.

„Ich bitte Sie, ſeien Sie einmal vernünftig,“
rief er, „Sie ſind noch jung, Sie kennen die Men¬
ſchen noch nicht, aber daß Wolff ein edler, ein ſeltner
Menſch iſt, das ſollten auch Ihre Kinderaugen ſchon
erkannt haben, falls ſie überhaupt die Fähigkeit
haben, das Gute und Rechte wahrzunehmen.“

Das Fräulein hatte die nach der Glocke aus¬
geſtreckte Hand ſinken laſſen und ihn eine Weile in
ſprachloſer Verwunderung angeſtarrt. Sie that einen
tiefen Athemzug. Dann ſagte ſie langſam:

„Das iſt brav von Ihnen, daß Sie ihn in
Schutz nehmen; das muß wohl auch ein Freund
thun,“ Sie zog die Klingel und fuhr in demſelben
gezähmten Tone fort: „Wenn Sie Sonntag kommen
wollen, — es wird Ihnen arg langweilig ſein, —
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[57/0073] Sie legte den Kopf zurück, drückte die Augen zu¬ ſammen und ſagte ſpöttiſch: „Sie wollen wohl auch mit mir anbinden? Sie gehen wohl beim Muckerl in die Schul'?“ „Wenn Sie von meinem Freunde reden —“ rief der Bildhauer faſt heftig. „So, Sie ſind Freunde miteinander, Ihr ſeid ein Paar!“ ſagte ſie wegwerfend. Der Zorn ſtieg ihm zu Kopf. „Ich bitte Sie, ſeien Sie einmal vernünftig,“ rief er, „Sie ſind noch jung, Sie kennen die Men¬ ſchen noch nicht, aber daß Wolff ein edler, ein ſeltner Menſch iſt, das ſollten auch Ihre Kinderaugen ſchon erkannt haben, falls ſie überhaupt die Fähigkeit haben, das Gute und Rechte wahrzunehmen.“ Das Fräulein hatte die nach der Glocke aus¬ geſtreckte Hand ſinken laſſen und ihn eine Weile in ſprachloſer Verwunderung angeſtarrt. Sie that einen tiefen Athemzug. Dann ſagte ſie langſam: „Das iſt brav von Ihnen, daß Sie ihn in Schutz nehmen; das muß wohl auch ein Freund thun,“ Sie zog die Klingel und fuhr in demſelben gezähmten Tone fort: „Wenn Sie Sonntag kommen wollen, — es wird Ihnen arg langweilig ſein, — aber mir machen Sie eine Freud' damit. Auf Wieder¬ ſehn!“ Sie ſtockte, erröthete und reichte ihm das Händchen im ſeidnen Handſchuh. Er fühlte ihren

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/73>, abgerufen am 24.11.2024.