Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.so wenig war mein Eindringen hier und Ihre Gastfreundschaft im Stil unseres alten Europas. In Dank und Verehrung Ihr Doktor Rich. Hausdörffer." Einen Vers, der ihm noch in halber Schlaftrunkenheit ums Ohr gesummt hatte, schrieb er ebenfalls auf, doch getraute er sich nicht, ihn auf den Tisch zu legen. Er befestigte das Blatt mit einer Nadel an dem ersten Fichtenstamm vor der Hausthür und schritt dann träumerisch und noch mehrmals umblickend über die nassen moosigen Matten hinweg; auf dem Kreuz oben auf der Kirchthurmspitze funkelte der erste weinerliche Morgenstrahl. - - - Frau von Götzendorff hatte ihren asthmatischen Anfall. Pünklich um halb vier jeden Morgen trat dieser Unverschämte an das Lager der würdigen Dame, preßte ihr Kehle und Brustkorb zusammen, hielt ihr die Nase zu, schnitt ihr jede berechtigte Klage kurz vor dem Munde ab und trieb sie, die ihre Ruhe und Bequemlichkeit über alles liebte, mit den Sperlingen aufzustehen, "avec les moineaux et les paysans, savez-vous," und sich ans Fenster anzuklammern, um nur wieder zu Athem zu kommen. Das war nun schon so seit den sieben Jahren, wo sie ihre Sommerfrische im Erkerzimmer des Schlosses abhielt, und genau so lange hatte ihre liebe Bekannte, die Frau so wenig war mein Eindringen hier und Ihre Gastfreundschaft im Stil unseres alten Europas. In Dank und Verehrung Ihr Doktor Rich. Hausdörffer.“ Einen Vers, der ihm noch in halber Schlaftrunkenheit ums Ohr gesummt hatte, schrieb er ebenfalls auf, doch getraute er sich nicht, ihn auf den Tisch zu legen. Er befestigte das Blatt mit einer Nadel an dem ersten Fichtenstamm vor der Hausthür und schritt dann träumerisch und noch mehrmals umblickend über die nassen moosigen Matten hinweg; auf dem Kreuz oben auf der Kirchthurmspitze funkelte der erste weinerliche Morgenstrahl. – – – Frau von Götzendorff hatte ihren asthmatischen Anfall. Pünklich um halb vier jeden Morgen trat dieser Unverschämte an das Lager der würdigen Dame, preßte ihr Kehle und Brustkorb zusammen, hielt ihr die Nase zu, schnitt ihr jede berechtigte Klage kurz vor dem Munde ab und trieb sie, die ihre Ruhe und Bequemlichkeit über alles liebte, mit den Sperlingen aufzustehen, „avec les moineaux et les paysans, savez-vous,“ und sich ans Fenster anzuklammern, um nur wieder zu Athem zu kommen. Das war nun schon so seit den sieben Jahren, wo sie ihre Sommerfrische im Erkerzimmer des Schlosses abhielt, und genau so lange hatte ihre liebe Bekannte, die Frau <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0129" n="121"/> so wenig war mein Eindringen hier und Ihre Gastfreundschaft im Stil unseres alten Europas.</p> <p>In Dank und Verehrung</p> <p>Ihr</p> <p>Doktor Rich. Hausdörffer.“</p> <p>Einen Vers, der ihm noch in halber Schlaftrunkenheit ums Ohr gesummt hatte, schrieb er ebenfalls auf, doch getraute er sich nicht, ihn auf den Tisch zu legen. Er befestigte das Blatt mit einer Nadel an dem ersten Fichtenstamm vor der Hausthür und schritt dann träumerisch und noch mehrmals umblickend über die nassen moosigen Matten hinweg; auf dem Kreuz oben auf der Kirchthurmspitze funkelte der erste weinerliche Morgenstrahl. – – –</p> <p>Frau von Götzendorff hatte ihren asthmatischen Anfall. Pünklich um halb vier jeden Morgen trat dieser Unverschämte an das Lager der würdigen Dame, preßte ihr Kehle und Brustkorb zusammen, hielt ihr die Nase zu, schnitt ihr jede berechtigte Klage kurz vor dem Munde ab und trieb sie, die ihre Ruhe und Bequemlichkeit über alles liebte, mit den Sperlingen aufzustehen, <hi rendition="#aq">„avec les moineaux et les paysans, savez-vous,“</hi> und sich ans Fenster anzuklammern, um nur wieder zu Athem zu kommen. Das war nun schon so seit den sieben Jahren, wo sie ihre Sommerfrische im Erkerzimmer des Schlosses abhielt, und genau so lange hatte ihre liebe Bekannte, die Frau </p> </div> </body> </text> </TEI> [121/0129]
so wenig war mein Eindringen hier und Ihre Gastfreundschaft im Stil unseres alten Europas.
In Dank und Verehrung
Ihr
Doktor Rich. Hausdörffer.“
Einen Vers, der ihm noch in halber Schlaftrunkenheit ums Ohr gesummt hatte, schrieb er ebenfalls auf, doch getraute er sich nicht, ihn auf den Tisch zu legen. Er befestigte das Blatt mit einer Nadel an dem ersten Fichtenstamm vor der Hausthür und schritt dann träumerisch und noch mehrmals umblickend über die nassen moosigen Matten hinweg; auf dem Kreuz oben auf der Kirchthurmspitze funkelte der erste weinerliche Morgenstrahl. – – –
Frau von Götzendorff hatte ihren asthmatischen Anfall. Pünklich um halb vier jeden Morgen trat dieser Unverschämte an das Lager der würdigen Dame, preßte ihr Kehle und Brustkorb zusammen, hielt ihr die Nase zu, schnitt ihr jede berechtigte Klage kurz vor dem Munde ab und trieb sie, die ihre Ruhe und Bequemlichkeit über alles liebte, mit den Sperlingen aufzustehen, „avec les moineaux et les paysans, savez-vous,“ und sich ans Fenster anzuklammern, um nur wieder zu Athem zu kommen. Das war nun schon so seit den sieben Jahren, wo sie ihre Sommerfrische im Erkerzimmer des Schlosses abhielt, und genau so lange hatte ihre liebe Bekannte, die Frau
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