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Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

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"Vielleicht ich? Wenn Du doch so gern auch möchtest, Adolf?"

"Es kommt mir nicht darauf an, ich kann ja so wie so schlecht tanzen."

Das war nun Thatsache. Adolf stieß mit den Knieen und trat auf die Füße, daß es ein Graus war, aber eben deshalb hatte sich ja Annita angeboten. Sie lechzte nach einem Opfer für ihn. "Was ist das Leben ohne Tanz! Ein Stern ohne Glanz!" deklamierte August Severin, der eben mit seiner Blonden vorüberhopf'te. So blank war seine Stirn, daß sich die Gasflammen darin spiegelten, und um den Mund zog beständig ein süßes Lächeln.

"Na, denn komm nur", fragte Adolf und bot Annita den Arm. Der Platz war beschränkt, und es dauerte eine Weile, bis sie daran kamen. Aber ein Vergnügen war es auch dann nicht. Kaum eine Minute blieben sie im Takt, dabei drehten sie sich immer auf der gleichen Stelle. "Halt Dich doch fest an mir", murmelte Adolf kläglich, "Du bist glatt wie 'n Aal; was soll denn das heißen? Du rutschst mir ja unterm Arm durch"

"Ach, verzeih mir, Adolf, ich konnte ja nicht anders, aber meine ewige schwesterliche Freundschaft" - zitternd schwieg das Mädchen, denn ganz verständnißlos blieb Adolfs Gesicht.

"Wie?" sagte er zerstreut, "na, jetzt kommen wir

„Vielleicht ich? Wenn Du doch so gern auch möchtest, Adolf?“

„Es kommt mir nicht darauf an, ich kann ja so wie so schlecht tanzen.“

Das war nun Thatsache. Adolf stieß mit den Knieen und trat auf die Füße, daß es ein Graus war, aber eben deshalb hatte sich ja Annita angeboten. Sie lechzte nach einem Opfer für ihn. „Was ist das Leben ohne Tanz! Ein Stern ohne Glanz!“ deklamierte August Severin, der eben mit seiner Blonden vorüberhopf’te. So blank war seine Stirn, daß sich die Gasflammen darin spiegelten, und um den Mund zog beständig ein süßes Lächeln.

„Na, denn komm nur“, fragte Adolf und bot Annita den Arm. Der Platz war beschränkt, und es dauerte eine Weile, bis sie daran kamen. Aber ein Vergnügen war es auch dann nicht. Kaum eine Minute blieben sie im Takt, dabei drehten sie sich immer auf der gleichen Stelle. „Halt Dich doch fest an mir“, murmelte Adolf kläglich, „Du bist glatt wie ’n Aal; was soll denn das heißen? Du rutschst mir ja unterm Arm durch“

„Ach, verzeih mir, Adolf, ich konnte ja nicht anders, aber meine ewige schwesterliche Freundschaft“ – zitternd schwieg das Mädchen, denn ganz verständnißlos blieb Adolfs Gesicht.

„Wie?“ sagte er zerstreut, „na, jetzt kommen wir

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[239/0247] „Vielleicht ich? Wenn Du doch so gern auch möchtest, Adolf?“ „Es kommt mir nicht darauf an, ich kann ja so wie so schlecht tanzen.“ Das war nun Thatsache. Adolf stieß mit den Knieen und trat auf die Füße, daß es ein Graus war, aber eben deshalb hatte sich ja Annita angeboten. Sie lechzte nach einem Opfer für ihn. „Was ist das Leben ohne Tanz! Ein Stern ohne Glanz!“ deklamierte August Severin, der eben mit seiner Blonden vorüberhopf’te. So blank war seine Stirn, daß sich die Gasflammen darin spiegelten, und um den Mund zog beständig ein süßes Lächeln. „Na, denn komm nur“, fragte Adolf und bot Annita den Arm. Der Platz war beschränkt, und es dauerte eine Weile, bis sie daran kamen. Aber ein Vergnügen war es auch dann nicht. Kaum eine Minute blieben sie im Takt, dabei drehten sie sich immer auf der gleichen Stelle. „Halt Dich doch fest an mir“, murmelte Adolf kläglich, „Du bist glatt wie ’n Aal; was soll denn das heißen? Du rutschst mir ja unterm Arm durch“ „Ach, verzeih mir, Adolf, ich konnte ja nicht anders, aber meine ewige schwesterliche Freundschaft“ – zitternd schwieg das Mädchen, denn ganz verständnißlos blieb Adolfs Gesicht. „Wie?“ sagte er zerstreut, „na, jetzt kommen wir

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/247>, abgerufen am 22.11.2024.