Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895."O!" Annita genirte sich und fürchtete doch, sich's merken zu lassen, eben weil Adolf so harmlos dabei war. Mama hat recht, er ist ein reines Kind, dachte sie gerührt, er weiß noch gar nicht, wie unpassend solche Bilder sind. Hätte ich es nur stillschweigend beiseite gebracht! Das geht ja noch übers Ballet, keinen einzigen Rock, und ziemlich dick schien sie mir sogar zu sein. Sie betrachtete Adolfs rothbraunes Gesicht, die kleinen Augen, die runde Nase, den dicken Schnurrbart über dem rothschimmernden Munde. So kindisch ist er doch nicht mehr, - nein, es gehört schon ein ziemlicher Stumpfsinn dazu, solche Photographie in der Tasche zu tragen und sich nicht zu schämen. Ach nein, die Männer - - Für einige Zeit verließ sie das Kinderzimmer, half Mama in der Küche und hackte Petersilie, immer nach der Melodie: "Dickes Trampelthier." In ihrer Phantasie schwoll Miß Adamina von Augenblick zu Augenblick mehr auf, bis sie wirklich so dick war wie ein Koloß. Laß ihn nur allein sitzen! laß ihn sich nur mit seinem Trampelthier im Badekostüm trösten, dachte sie rachsinnig; also das ist sein Geschmack! reizend, wahrhaftig: Und auf der andern Seite bin ich sein Geschmack? O pfui, pfui, pfui solche Schmeicheleien, für die dank' ich. Die Männer thun jawohl alles in einen Topf, denen ist wohl alles gleich, - natürlich - Angela Rothermund, oder ich, oder dies Trampelthier, „O!“ Annita genirte sich und fürchtete doch, sich’s merken zu lassen, eben weil Adolf so harmlos dabei war. Mama hat recht, er ist ein reines Kind, dachte sie gerührt, er weiß noch gar nicht, wie unpassend solche Bilder sind. Hätte ich es nur stillschweigend beiseite gebracht! Das geht ja noch übers Ballet, keinen einzigen Rock, und ziemlich dick schien sie mir sogar zu sein. Sie betrachtete Adolfs rothbraunes Gesicht, die kleinen Augen, die runde Nase, den dicken Schnurrbart über dem rothschimmernden Munde. So kindisch ist er doch nicht mehr, – nein, es gehört schon ein ziemlicher Stumpfsinn dazu, solche Photographie in der Tasche zu tragen und sich nicht zu schämen. Ach nein, die Männer – – Für einige Zeit verließ sie das Kinderzimmer, half Mama in der Küche und hackte Petersilie, immer nach der Melodie: „Dickes Trampelthier.“ In ihrer Phantasie schwoll Miß Adamina von Augenblick zu Augenblick mehr auf, bis sie wirklich so dick war wie ein Koloß. Laß ihn nur allein sitzen! laß ihn sich nur mit seinem Trampelthier im Badekostüm trösten, dachte sie rachsinnig; also das ist sein Geschmack! reizend, wahrhaftig: Und auf der andern Seite bin ich sein Geschmack? O pfui, pfui, pfui solche Schmeicheleien, für die dank’ ich. Die Männer thun jawohl alles in einen Topf, denen ist wohl alles gleich, – natürlich – Angela Rothermund, oder ich, oder dies Trampelthier, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0260" n="252"/> <p>„O!“ Annita genirte sich und fürchtete doch, sich’s merken zu lassen, eben weil Adolf so harmlos dabei war. Mama hat recht, er ist ein reines Kind, dachte sie gerührt, er weiß noch gar nicht, wie unpassend solche Bilder sind. Hätte ich es nur stillschweigend beiseite gebracht! Das geht ja noch übers Ballet, keinen einzigen Rock, und ziemlich dick schien sie mir sogar zu sein. Sie betrachtete Adolfs rothbraunes Gesicht, die kleinen Augen, die runde Nase, den dicken Schnurrbart über dem rothschimmernden Munde. So kindisch ist er doch nicht mehr, – nein, es gehört schon ein ziemlicher Stumpfsinn dazu, solche Photographie in der Tasche zu tragen und sich nicht zu schämen. Ach nein, die Männer – –</p> <p>Für einige Zeit verließ sie das Kinderzimmer, half Mama in der Küche und hackte Petersilie, immer nach der Melodie: „Dickes Trampelthier.“ In ihrer Phantasie schwoll Miß Adamina von Augenblick zu Augenblick mehr auf, bis sie wirklich so dick war wie ein Koloß. Laß ihn nur allein sitzen! laß ihn sich nur mit seinem Trampelthier im Badekostüm trösten, dachte sie rachsinnig; also das ist sein Geschmack! reizend, wahrhaftig: Und auf der andern Seite bin ich sein Geschmack? O pfui, pfui, pfui solche Schmeicheleien, für die dank’ ich. Die Männer thun jawohl alles in einen Topf, denen ist wohl alles gleich, – natürlich – Angela Rothermund, oder ich, oder dies Trampelthier, </p> </div> </body> </text> </TEI> [252/0260]
„O!“ Annita genirte sich und fürchtete doch, sich’s merken zu lassen, eben weil Adolf so harmlos dabei war. Mama hat recht, er ist ein reines Kind, dachte sie gerührt, er weiß noch gar nicht, wie unpassend solche Bilder sind. Hätte ich es nur stillschweigend beiseite gebracht! Das geht ja noch übers Ballet, keinen einzigen Rock, und ziemlich dick schien sie mir sogar zu sein. Sie betrachtete Adolfs rothbraunes Gesicht, die kleinen Augen, die runde Nase, den dicken Schnurrbart über dem rothschimmernden Munde. So kindisch ist er doch nicht mehr, – nein, es gehört schon ein ziemlicher Stumpfsinn dazu, solche Photographie in der Tasche zu tragen und sich nicht zu schämen. Ach nein, die Männer – –
Für einige Zeit verließ sie das Kinderzimmer, half Mama in der Küche und hackte Petersilie, immer nach der Melodie: „Dickes Trampelthier.“ In ihrer Phantasie schwoll Miß Adamina von Augenblick zu Augenblick mehr auf, bis sie wirklich so dick war wie ein Koloß. Laß ihn nur allein sitzen! laß ihn sich nur mit seinem Trampelthier im Badekostüm trösten, dachte sie rachsinnig; also das ist sein Geschmack! reizend, wahrhaftig: Und auf der andern Seite bin ich sein Geschmack? O pfui, pfui, pfui solche Schmeicheleien, für die dank’ ich. Die Männer thun jawohl alles in einen Topf, denen ist wohl alles gleich, – natürlich – Angela Rothermund, oder ich, oder dies Trampelthier,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |