Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.geworden, sagte Lisbeth mit schüchterner Stimme: "Axel, vorhin, weißt Du, im Coupe, da hab ich so gewünscht, Du möchtest es sein, und da warst Du es wirklich!" "Mein kleines Chlorophyll, ich hab sie so entbehrt, Deine Briefe!" "Ach, meine Briefe! Nein, Deine -" "Und nachher, Lisbeth, wenn wir - ich meine in Kopenhagen," er athmete hoch auf, "dann segeln wir zusammen!" "Fliegen wir zusammen!" rief das Mädchen hingerissen. Er schlang den Arm um sie und bückte sich zu ihrem Gesicht, nicht tief, das war nicht nöthig, sie waren beide von fast gleichem schmächtigen Wuchs. Innig tauchten sie die Blicke ineinander: "Deine Augen glänzen im Dunkeln, Lisbeth." "Und Deine!" Immer das Echo. Dann hörten sie eine Uhr schlagen, es war hohe Zeit für Lisbeth, heimzukehren. "Sie haben ja einen Fahrplan!" "So ein Zug kann wohl mal Verspätung haben." Sie eilten aber doch. "Und wie lange muß ich jetzt noch auf dem Bahnhof sitzen, Lisbeth?" "Nur zwei Stunden." "Nur! Und treffe vielleicht noch die theure Tante! Nein, ich laufe herum und -" "Ach, komm eine Viertelstunde nach mir; Du hast den Weg verfehlt, einfach." - geworden, sagte Lisbeth mit schüchterner Stimme: „Axel, vorhin, weißt Du, im Coupé, da hab ich so gewünscht, Du möchtest es sein, und da warst Du es wirklich!“ „Mein kleines Chlorophyll, ich hab sie so entbehrt, Deine Briefe!“ „Ach, meine Briefe! Nein, Deine –“ „Und nachher, Lisbeth, wenn wir – ich meine in Kopenhagen,“ er athmete hoch auf, „dann segeln wir zusammen!“ „Fliegen wir zusammen!“ rief das Mädchen hingerissen. Er schlang den Arm um sie und bückte sich zu ihrem Gesicht, nicht tief, das war nicht nöthig, sie waren beide von fast gleichem schmächtigen Wuchs. Innig tauchten sie die Blicke ineinander: „Deine Augen glänzen im Dunkeln, Lisbeth.“ „Und Deine!“ Immer das Echo. Dann hörten sie eine Uhr schlagen, es war hohe Zeit für Lisbeth, heimzukehren. „Sie haben ja einen Fahrplan!“ „So ein Zug kann wohl mal Verspätung haben.“ Sie eilten aber doch. „Und wie lange muß ich jetzt noch auf dem Bahnhof sitzen, Lisbeth?“ „Nur zwei Stunden.“ „Nur! Und treffe vielleicht noch die theure Tante! Nein, ich laufe herum und –“ „Ach, komm eine Viertelstunde nach mir; Du hast den Weg verfehlt, einfach.“ – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0365" n="357"/> geworden, sagte Lisbeth mit schüchterner Stimme: „Axel, vorhin, weißt Du, im Coupé, da hab ich so gewünscht, Du möchtest es sein, und da warst Du es wirklich!“</p> <p>„Mein kleines Chlorophyll, ich hab sie so entbehrt, Deine Briefe!“</p> <p>„Ach, meine Briefe! Nein, Deine –“</p> <p>„Und nachher, Lisbeth, wenn wir – ich meine in Kopenhagen,“ er athmete hoch auf, „dann segeln wir zusammen!“</p> <p>„Fliegen wir zusammen!“ rief das Mädchen hingerissen.</p> <p>Er schlang den Arm um sie und bückte sich zu ihrem Gesicht, nicht tief, das war nicht nöthig, sie waren beide von fast gleichem schmächtigen Wuchs. Innig tauchten sie die Blicke ineinander: „Deine Augen glänzen im Dunkeln, Lisbeth.“</p> <p>„Und Deine!“ Immer das Echo. Dann hörten sie eine Uhr schlagen, es war hohe Zeit für Lisbeth, heimzukehren. „Sie haben ja einen Fahrplan!“</p> <p>„So ein Zug kann wohl mal Verspätung haben.“ Sie eilten aber doch. „Und wie lange muß ich jetzt noch auf dem Bahnhof sitzen, Lisbeth?“</p> <p>„Nur zwei Stunden.“</p> <p>„Nur! Und treffe vielleicht noch die theure Tante! Nein, ich laufe herum und –“</p> <p>„Ach, komm eine Viertelstunde nach mir; Du hast den Weg verfehlt, einfach.“ –</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [357/0365]
geworden, sagte Lisbeth mit schüchterner Stimme: „Axel, vorhin, weißt Du, im Coupé, da hab ich so gewünscht, Du möchtest es sein, und da warst Du es wirklich!“
„Mein kleines Chlorophyll, ich hab sie so entbehrt, Deine Briefe!“
„Ach, meine Briefe! Nein, Deine –“
„Und nachher, Lisbeth, wenn wir – ich meine in Kopenhagen,“ er athmete hoch auf, „dann segeln wir zusammen!“
„Fliegen wir zusammen!“ rief das Mädchen hingerissen.
Er schlang den Arm um sie und bückte sich zu ihrem Gesicht, nicht tief, das war nicht nöthig, sie waren beide von fast gleichem schmächtigen Wuchs. Innig tauchten sie die Blicke ineinander: „Deine Augen glänzen im Dunkeln, Lisbeth.“
„Und Deine!“ Immer das Echo. Dann hörten sie eine Uhr schlagen, es war hohe Zeit für Lisbeth, heimzukehren. „Sie haben ja einen Fahrplan!“
„So ein Zug kann wohl mal Verspätung haben.“ Sie eilten aber doch. „Und wie lange muß ich jetzt noch auf dem Bahnhof sitzen, Lisbeth?“
„Nur zwei Stunden.“
„Nur! Und treffe vielleicht noch die theure Tante! Nein, ich laufe herum und –“
„Ach, komm eine Viertelstunde nach mir; Du hast den Weg verfehlt, einfach.“ –
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Zitationshilfe: | Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/365>, abgerufen am 16.02.2025. |