Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.Es gab aber doch keine kleine Verwunderung nachher, als Axel Lorenzen so unvermuthet ins Pastorenhaus schneite! "Daß Ihr Euch nicht getroffen habt, Kinder!" Mama weinte vor Freude über die Ankunft des Neffen, der Pastor war im ersten Augenblick etwas steif, thaute aber bald auf; Lisbeth gerieth in Verwirrung, sobald Axel sie anblickte. Der that unbefangen für sie Alle; dem Pastor wollte es fast unglaublich scheinen, daß er der Verfasser jenes Briefes sei. Ein so gesetzter, fertiger junger Mann! Es sah aus, als halte er sehr auf gute Lebensart; aufmerksam gegen die Damen, fast weltmännisch. Als er den guten Wein, den der Onkel selbst herbeibrachte, mit einer schlichten, aber entschiedenen Handbewegung zurückwies, ward der Pastor förmlich betroffen und musterte ihn von jetzt an wie eine fremde Menschenspecies. So reif sollte der sein? Mit vierundzwanzig Jahren? Und was er alles wußte, und wovon er sprach! Eine totale Umwandlung mußte sich vollzogen haben, seit Pastor Markwort studirte. Er ertappte sich darauf, daß er vorsichtig abwog, was er sagen wollte; er, der Vormund und ältere Mann, im Gespräch mit diesem Springinsfeld. Aber nein, das war keiner, das war ein Mensch, ein erwachsener, sehr belesener, sehr erfahrener Mensch! "Die alte Studentenherrlichkeit scheint aber doch Es gab aber doch keine kleine Verwunderung nachher, als Axel Lorenzen so unvermuthet ins Pastorenhaus schneite! „Daß Ihr Euch nicht getroffen habt, Kinder!“ Mama weinte vor Freude über die Ankunft des Neffen, der Pastor war im ersten Augenblick etwas steif, thaute aber bald auf; Lisbeth gerieth in Verwirrung, sobald Axel sie anblickte. Der that unbefangen für sie Alle; dem Pastor wollte es fast unglaublich scheinen, daß er der Verfasser jenes Briefes sei. Ein so gesetzter, fertiger junger Mann! Es sah aus, als halte er sehr auf gute Lebensart; aufmerksam gegen die Damen, fast weltmännisch. Als er den guten Wein, den der Onkel selbst herbeibrachte, mit einer schlichten, aber entschiedenen Handbewegung zurückwies, ward der Pastor förmlich betroffen und musterte ihn von jetzt an wie eine fremde Menschenspecies. So reif sollte der sein? Mit vierundzwanzig Jahren? Und was er alles wußte, und wovon er sprach! Eine totale Umwandlung mußte sich vollzogen haben, seit Pastor Markwort studirte. Er ertappte sich darauf, daß er vorsichtig abwog, was er sagen wollte; er, der Vormund und ältere Mann, im Gespräch mit diesem Springinsfeld. Aber nein, das war keiner, das war ein Mensch, ein erwachsener, sehr belesener, sehr erfahrener Mensch! „Die alte Studentenherrlichkeit scheint aber doch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0366" n="358"/> <p>Es gab aber doch keine kleine Verwunderung nachher, als Axel Lorenzen so unvermuthet ins Pastorenhaus schneite!</p> <p>„Daß Ihr Euch nicht getroffen habt, Kinder!“ Mama weinte vor Freude über die Ankunft des Neffen, der Pastor war im ersten Augenblick etwas steif, thaute aber bald auf; Lisbeth gerieth in Verwirrung, sobald Axel sie anblickte. Der that unbefangen für sie Alle; dem Pastor wollte es fast unglaublich scheinen, daß er der Verfasser jenes Briefes sei. Ein so gesetzter, fertiger junger Mann! Es sah aus, als halte er sehr auf gute Lebensart; aufmerksam gegen die Damen, fast weltmännisch. Als er den guten Wein, den der Onkel selbst herbeibrachte, mit einer schlichten, aber entschiedenen Handbewegung zurückwies, ward der Pastor förmlich betroffen und musterte ihn von jetzt an wie eine fremde Menschenspecies. So reif sollte der sein? Mit vierundzwanzig Jahren? Und was er alles wußte, und wovon er sprach! Eine totale Umwandlung mußte sich vollzogen haben, seit Pastor Markwort studirte. Er ertappte sich darauf, daß er vorsichtig abwog, was er sagen wollte; er, der Vormund und ältere Mann, im Gespräch mit diesem Springinsfeld. Aber nein, das war keiner, das war ein Mensch, ein erwachsener, sehr belesener, sehr erfahrener Mensch!</p> <p>„Die alte Studentenherrlichkeit scheint aber doch </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [358/0366]
Es gab aber doch keine kleine Verwunderung nachher, als Axel Lorenzen so unvermuthet ins Pastorenhaus schneite!
„Daß Ihr Euch nicht getroffen habt, Kinder!“ Mama weinte vor Freude über die Ankunft des Neffen, der Pastor war im ersten Augenblick etwas steif, thaute aber bald auf; Lisbeth gerieth in Verwirrung, sobald Axel sie anblickte. Der that unbefangen für sie Alle; dem Pastor wollte es fast unglaublich scheinen, daß er der Verfasser jenes Briefes sei. Ein so gesetzter, fertiger junger Mann! Es sah aus, als halte er sehr auf gute Lebensart; aufmerksam gegen die Damen, fast weltmännisch. Als er den guten Wein, den der Onkel selbst herbeibrachte, mit einer schlichten, aber entschiedenen Handbewegung zurückwies, ward der Pastor förmlich betroffen und musterte ihn von jetzt an wie eine fremde Menschenspecies. So reif sollte der sein? Mit vierundzwanzig Jahren? Und was er alles wußte, und wovon er sprach! Eine totale Umwandlung mußte sich vollzogen haben, seit Pastor Markwort studirte. Er ertappte sich darauf, daß er vorsichtig abwog, was er sagen wollte; er, der Vormund und ältere Mann, im Gespräch mit diesem Springinsfeld. Aber nein, das war keiner, das war ein Mensch, ein erwachsener, sehr belesener, sehr erfahrener Mensch!
„Die alte Studentenherrlichkeit scheint aber doch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |