Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.war Lisbeth die Empfindung, mit den Andern im Einklang zu sein, daß sie die kurze Bitterkeit der Frage: was hab ich denn nun Lobwürdiges gethan? mit weicher Hand ihr aus dem Gedächtniß wischte. Sie ließ sich heben und tragen, der allgemeine Beifall war so süß. Sie dachte nicht mehr daran, die Veröffentlichung der Verlobung zu verhindern, im Gegentheil. Sie war begierig, was nun wohl Erika z. B. sagen werde, und sie hörte mit Lächeln zu, wie ihr der Apotheker mit offenbarer Genugthuung zu verstehen gab, daß sie das beste Theil erwählt habe. Nur der Doktor Eybe drohte: "Also abtrünnig geworden? Zur Vernunft gekommen?" und dann mit unterdrückter Stimme: "Ich an Ihres Papas Stelle hätte meine Einwilligung nicht gegeben, der Herr Axel -" "Aber," unterbrach ihn Lisbeth ein bißchen erschrocken, "was für ein Glück, daß das Schicksal Sie nicht zum Papa bestimmt zu haben scheint!" "Erika, Erika! na, da haben wir's! Hast Du's gehört?" und mit süß-saurem Lachen gesellte er sich zu seiner Gattin. Am Vorabend seiner Abreise hatte Mama noch ein dringliches Gespräch mit dem Schwiegersohn. Wenn schon im Mai, nach Axels Doktorexamen, geheirathet werden sollte, wie war es möglich, Lisbeth noch die nöthige hauswirtschaftliche Ausbildung angedeihen zu war Lisbeth die Empfindung, mit den Andern im Einklang zu sein, daß sie die kurze Bitterkeit der Frage: was hab ich denn nun Lobwürdiges gethan? mit weicher Hand ihr aus dem Gedächtniß wischte. Sie ließ sich heben und tragen, der allgemeine Beifall war so süß. Sie dachte nicht mehr daran, die Veröffentlichung der Verlobung zu verhindern, im Gegentheil. Sie war begierig, was nun wohl Erika z. B. sagen werde, und sie hörte mit Lächeln zu, wie ihr der Apotheker mit offenbarer Genugthuung zu verstehen gab, daß sie das beste Theil erwählt habe. Nur der Doktor Eybe drohte: „Also abtrünnig geworden? Zur Vernunft gekommen?“ und dann mit unterdrückter Stimme: „Ich an Ihres Papas Stelle hätte meine Einwilligung nicht gegeben, der Herr Axel –“ „Aber,“ unterbrach ihn Lisbeth ein bißchen erschrocken, „was für ein Glück, daß das Schicksal Sie nicht zum Papa bestimmt zu haben scheint!“ „Erika, Erika! na, da haben wir’s! Hast Du’s gehört?“ und mit süß-saurem Lachen gesellte er sich zu seiner Gattin. Am Vorabend seiner Abreise hatte Mama noch ein dringliches Gespräch mit dem Schwiegersohn. Wenn schon im Mai, nach Axels Doktorexamen, geheirathet werden sollte, wie war es möglich, Lisbeth noch die nöthige hauswirtschaftliche Ausbildung angedeihen zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0381" n="373"/> war Lisbeth die Empfindung, mit den Andern im Einklang zu sein, daß sie die kurze Bitterkeit der Frage: was hab ich denn nun Lobwürdiges gethan? mit weicher Hand ihr aus dem Gedächtniß wischte. Sie ließ sich heben und tragen, der allgemeine Beifall war so süß. Sie dachte nicht mehr daran, die Veröffentlichung der Verlobung zu verhindern, im Gegentheil. Sie war begierig, was nun wohl Erika z. B. sagen werde, und sie hörte mit Lächeln zu, wie ihr der Apotheker mit offenbarer Genugthuung zu verstehen gab, daß sie das beste Theil erwählt habe.</p> <p>Nur der Doktor Eybe drohte: „Also abtrünnig geworden? Zur Vernunft gekommen?“ und dann mit unterdrückter Stimme: „Ich an Ihres Papas Stelle hätte meine Einwilligung nicht gegeben, der Herr Axel –“</p> <p>„Aber,“ unterbrach ihn Lisbeth ein bißchen erschrocken, „was für ein Glück, daß das Schicksal Sie nicht zum Papa bestimmt zu haben scheint!“</p> <p>„Erika, Erika! na, da haben wir’s! Hast Du’s gehört?“ und mit süß-saurem Lachen gesellte er sich zu seiner Gattin.</p> <p>Am Vorabend seiner Abreise hatte Mama noch ein dringliches Gespräch mit dem Schwiegersohn. Wenn schon im Mai, nach Axels Doktorexamen, geheirathet werden sollte, wie war es möglich, Lisbeth noch die nöthige hauswirtschaftliche Ausbildung angedeihen zu </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [373/0381]
war Lisbeth die Empfindung, mit den Andern im Einklang zu sein, daß sie die kurze Bitterkeit der Frage: was hab ich denn nun Lobwürdiges gethan? mit weicher Hand ihr aus dem Gedächtniß wischte. Sie ließ sich heben und tragen, der allgemeine Beifall war so süß. Sie dachte nicht mehr daran, die Veröffentlichung der Verlobung zu verhindern, im Gegentheil. Sie war begierig, was nun wohl Erika z. B. sagen werde, und sie hörte mit Lächeln zu, wie ihr der Apotheker mit offenbarer Genugthuung zu verstehen gab, daß sie das beste Theil erwählt habe.
Nur der Doktor Eybe drohte: „Also abtrünnig geworden? Zur Vernunft gekommen?“ und dann mit unterdrückter Stimme: „Ich an Ihres Papas Stelle hätte meine Einwilligung nicht gegeben, der Herr Axel –“
„Aber,“ unterbrach ihn Lisbeth ein bißchen erschrocken, „was für ein Glück, daß das Schicksal Sie nicht zum Papa bestimmt zu haben scheint!“
„Erika, Erika! na, da haben wir’s! Hast Du’s gehört?“ und mit süß-saurem Lachen gesellte er sich zu seiner Gattin.
Am Vorabend seiner Abreise hatte Mama noch ein dringliches Gespräch mit dem Schwiegersohn. Wenn schon im Mai, nach Axels Doktorexamen, geheirathet werden sollte, wie war es möglich, Lisbeth noch die nöthige hauswirtschaftliche Ausbildung angedeihen zu
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