Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.eine ebenso feine Spürnase zu, als er sie seinem Gevatter zugestehen mochte, und so langte er denn auch richtig schon vor dem Anker an, als der Fremde eben vom Pferde stieg. Er saß auch bereits in der Gaststube hinter seinem Glase, als dieser eintrat und sich ebenfalls eine Kanne Wein bestellte. Ihr habt da ein sauberes Pferd, gnädiger Herr, sagte der Wirth zu dem Reisenden; doch scheint es etwas ermüdet zu sein. Es ist ein braves Thier, ja, erwiderte der Fremde, dem bei den Worten des Wirthes ein feines Lächeln über das Antlitz flog, es hat eben auch einen weiten Weg gemacht. Hundert Kronen werth unter Brüdern, denke ich. Der Fremde trommelte eine Weile mit den Fingern auf die Fensterscheiben; dann wendete er sich wieder gegen den Wirth und sagte mit vornehmer Nachlässigkeit: Ich habe das Thier nicht mehr notwendig für die nächste Zeit; ist's Euch anständig, so könnt Ihr's haben um den genannten Preis, obwohl er zu niedrig ist. Ist's Euer Ernst, gnädiger Herr? Versteht sich, mein voller Ernst, Herr Wirth. Gut ... ich nehm' es, sagte dieser rasch mit übelverhehlter Freude; in einer Viertelstunde sollt Ihr das Geld haben, Junker. Damit braucht Ihr Euch gar nicht zu eilen ... gedenk' ich doch die Nacht in Eurer Herberge zuzubringen. Wollt Ihr mir vor der Hand ein Gemach zuweisen lassen, Herr Wirth? eine ebenso feine Spürnase zu, als er sie seinem Gevatter zugestehen mochte, und so langte er denn auch richtig schon vor dem Anker an, als der Fremde eben vom Pferde stieg. Er saß auch bereits in der Gaststube hinter seinem Glase, als dieser eintrat und sich ebenfalls eine Kanne Wein bestellte. Ihr habt da ein sauberes Pferd, gnädiger Herr, sagte der Wirth zu dem Reisenden; doch scheint es etwas ermüdet zu sein. Es ist ein braves Thier, ja, erwiderte der Fremde, dem bei den Worten des Wirthes ein feines Lächeln über das Antlitz flog, es hat eben auch einen weiten Weg gemacht. Hundert Kronen werth unter Brüdern, denke ich. Der Fremde trommelte eine Weile mit den Fingern auf die Fensterscheiben; dann wendete er sich wieder gegen den Wirth und sagte mit vornehmer Nachlässigkeit: Ich habe das Thier nicht mehr notwendig für die nächste Zeit; ist's Euch anständig, so könnt Ihr's haben um den genannten Preis, obwohl er zu niedrig ist. Ist's Euer Ernst, gnädiger Herr? Versteht sich, mein voller Ernst, Herr Wirth. Gut … ich nehm' es, sagte dieser rasch mit übelverhehlter Freude; in einer Viertelstunde sollt Ihr das Geld haben, Junker. Damit braucht Ihr Euch gar nicht zu eilen … gedenk' ich doch die Nacht in Eurer Herberge zuzubringen. Wollt Ihr mir vor der Hand ein Gemach zuweisen lassen, Herr Wirth? <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0011"/> eine ebenso feine Spürnase zu, als er sie seinem Gevatter zugestehen mochte, und so langte er denn auch richtig schon vor dem Anker an, als der Fremde eben vom Pferde stieg. Er saß auch bereits in der Gaststube hinter seinem Glase, als dieser eintrat und sich ebenfalls eine Kanne Wein bestellte. Ihr habt da ein sauberes Pferd, gnädiger Herr, sagte der Wirth zu dem Reisenden; doch scheint es etwas ermüdet zu sein.</p><lb/> <p>Es ist ein braves Thier, ja, erwiderte der Fremde, dem bei den Worten des Wirthes ein feines Lächeln über das Antlitz flog, es hat eben auch einen weiten Weg gemacht.</p><lb/> <p>Hundert Kronen werth unter Brüdern, denke ich.</p><lb/> <p>Der Fremde trommelte eine Weile mit den Fingern auf die Fensterscheiben; dann wendete er sich wieder gegen den Wirth und sagte mit vornehmer Nachlässigkeit: Ich habe das Thier nicht mehr notwendig für die nächste Zeit; ist's Euch anständig, so könnt Ihr's haben um den genannten Preis, obwohl er zu niedrig ist.</p><lb/> <p>Ist's Euer Ernst, gnädiger Herr?</p><lb/> <p>Versteht sich, mein voller Ernst, Herr Wirth.</p> <p>Gut … ich nehm' es, sagte dieser rasch mit übelverhehlter Freude; in einer Viertelstunde sollt Ihr das Geld haben, Junker.</p><lb/> <p>Damit braucht Ihr Euch gar nicht zu eilen … gedenk' ich doch die Nacht in Eurer Herberge zuzubringen. Wollt Ihr mir vor der Hand ein Gemach zuweisen lassen, Herr Wirth?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0011]
eine ebenso feine Spürnase zu, als er sie seinem Gevatter zugestehen mochte, und so langte er denn auch richtig schon vor dem Anker an, als der Fremde eben vom Pferde stieg. Er saß auch bereits in der Gaststube hinter seinem Glase, als dieser eintrat und sich ebenfalls eine Kanne Wein bestellte. Ihr habt da ein sauberes Pferd, gnädiger Herr, sagte der Wirth zu dem Reisenden; doch scheint es etwas ermüdet zu sein.
Es ist ein braves Thier, ja, erwiderte der Fremde, dem bei den Worten des Wirthes ein feines Lächeln über das Antlitz flog, es hat eben auch einen weiten Weg gemacht.
Hundert Kronen werth unter Brüdern, denke ich.
Der Fremde trommelte eine Weile mit den Fingern auf die Fensterscheiben; dann wendete er sich wieder gegen den Wirth und sagte mit vornehmer Nachlässigkeit: Ich habe das Thier nicht mehr notwendig für die nächste Zeit; ist's Euch anständig, so könnt Ihr's haben um den genannten Preis, obwohl er zu niedrig ist.
Ist's Euer Ernst, gnädiger Herr?
Versteht sich, mein voller Ernst, Herr Wirth.
Gut … ich nehm' es, sagte dieser rasch mit übelverhehlter Freude; in einer Viertelstunde sollt Ihr das Geld haben, Junker.
Damit braucht Ihr Euch gar nicht zu eilen … gedenk' ich doch die Nacht in Eurer Herberge zuzubringen. Wollt Ihr mir vor der Hand ein Gemach zuweisen lassen, Herr Wirth?
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