Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.Aber gegen die Herren Professoren der Geschich- tins B 3
Aber gegen die Herren Profeſſoren der Geſchich- tins B 3
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Aber gegen die Herren Profeſſoren der Geſchich-
te, glaube ich etwas weniger Behutſamkeit beobachten
zu duͤrfen; und es wird mir erlaubt ſeyn, ihrer Pruͤ-
fung einige kleine Zweifel vorzulegen. Ich neh-
me mir alſo die Freyheit, ſie zu fragen: Ob das
Studium der Chronologie der nuͤtzlichſte Theil der
Geſchichte? und ob es ein unverzeilicher Fehler ſey, im
Todesjahr des Belus, oder in Abſicht des Tages zu
irren, da das Pferd des Darius durch ſein wiehern,
ſeinen Herrn auf den Thron von Perſien brachte? Ob
ſo viel darauf ankomme, zu wiſſen, ob die goldne
Bulle um ſechs Uhr Morgens, oder um vier Uhr Nach-
mittags publicirt ſey? Was mich betrifft, ſo begnuͤge
ich mich den Inhalt der goldnen Bulle, und dieſes zu
wiſſen, daß ſie im Jahr 1356. bekannt gemacht worden.
Ich will hiemit gar nicht die Geſchichtſchreiber entſchul-
digen, welche Anachroniſmen begehen. Indeß wuͤrde
ich kleine Verſehen dieſer Art mit mehr Nachſicht be-
urtheilen, als die weit wichtigern Fehler, wenn ein Ge-
ſchichtſchreiber die Begebenheiten verwirrt erzaͤhlt
wenn er ihre Urſachen nicht mit Deutlichkeit entwickelt,
wenn er keine gute Methode beobachtet, wenn er ſich
lang bey Kleinigkeiten aufhaͤlt, und uͤber die wichtig-
ſten Gegenſtaͤnde leicht wegeilt. Ich denke ohngefehr
eben ſo uͤber die Genealogie, und glaube nicht, daß
man einen Gelehrten ſteinigen muͤſſe, weil er etwa die
Genealogie der heil. Helena, Mutter Kaiſer Conſtan-
tins
B 3
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