Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.Der Schluß von Allem, was ich Ihnen bisher und
Der Schluß von Allem, was ich Ihnen bisher und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0058" n="52"/> <p>Der Schluß von Allem, was ich Ihnen bisher<lb/> vorgetragen, iſt, daß man ſich mit dem groͤßten Eifer<lb/> bemuͤhen muͤßte, alle claſſiſche Autoren der alten und<lb/> neuern Sprachen gut zu uͤberſetzen. Wir wuͤrden da-<lb/> von den doppelten Vortheil haben, daß unſre Sprache<lb/> gebildet, und die Kenntniſſe allgemeiner gemacht wuͤr-<lb/> den. Wenn wir die guten Schriftſteller unter uns<lb/> naturaliſirten, ſo wuͤrden ſie uns neue Ideen zufuͤhren;<lb/> ihre Diction und die Anmuth ihres Styls wuͤrde uns<lb/> bereichern, und wie viele wichtige Kenntniſſe wuͤrde<lb/> nicht das Publikum dadurch erhalten? Ich glaube<lb/> nicht, daß unter den <hi rendition="#fr">ſechs und zwanzig</hi> Millionen<lb/> Menſchen, die man <placeName>Deutſchland</placeName> beylegt, ſich <hi rendition="#fr">hundert-<lb/> tauſend</hi> befinden, welche das Latein gut verſtehn, be-<lb/> ſonders wenn Sie den Haufen der Pfaffen und Moͤnche<lb/> abrechnen, die es kaum ſo weit gebracht haben, die Re-<lb/> geln des Syntax nur einigermaßen zu verſtehen. So<lb/> ſind alſo 25,900000 Menſchen von den wichtigſten<lb/> Kenntniſſen ganz ausgeſchloſſen, weil ſie dieſelben<lb/> nicht in ihrer Mutterſprache bekommen koͤnnen.<lb/> Welch eine gluͤckliche Veraͤnderung waͤre es alſo,<lb/> wenn unter dieſer Menge von Menſchen jene Kennt-<lb/> niſſe allgemeiner gemacht werden koͤnnten. Der Edel-<lb/> mann, der ſein Leben auf dem Lande zubringt, wuͤrde<lb/> ſich diejenigen Buͤcher auswaͤhlen, die ſich fuͤr ihn ſchick-<lb/> ten, und durch ſie ſich eben ſo ſehr unterrichten als be-<lb/> luſtigen. Der Buͤrger wuͤrde weniger roh werden,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [52/0058]
Der Schluß von Allem, was ich Ihnen bisher
vorgetragen, iſt, daß man ſich mit dem groͤßten Eifer
bemuͤhen muͤßte, alle claſſiſche Autoren der alten und
neuern Sprachen gut zu uͤberſetzen. Wir wuͤrden da-
von den doppelten Vortheil haben, daß unſre Sprache
gebildet, und die Kenntniſſe allgemeiner gemacht wuͤr-
den. Wenn wir die guten Schriftſteller unter uns
naturaliſirten, ſo wuͤrden ſie uns neue Ideen zufuͤhren;
ihre Diction und die Anmuth ihres Styls wuͤrde uns
bereichern, und wie viele wichtige Kenntniſſe wuͤrde
nicht das Publikum dadurch erhalten? Ich glaube
nicht, daß unter den ſechs und zwanzig Millionen
Menſchen, die man Deutſchland beylegt, ſich hundert-
tauſend befinden, welche das Latein gut verſtehn, be-
ſonders wenn Sie den Haufen der Pfaffen und Moͤnche
abrechnen, die es kaum ſo weit gebracht haben, die Re-
geln des Syntax nur einigermaßen zu verſtehen. So
ſind alſo 25,900000 Menſchen von den wichtigſten
Kenntniſſen ganz ausgeſchloſſen, weil ſie dieſelben
nicht in ihrer Mutterſprache bekommen koͤnnen.
Welch eine gluͤckliche Veraͤnderung waͤre es alſo,
wenn unter dieſer Menge von Menſchen jene Kennt-
niſſe allgemeiner gemacht werden koͤnnten. Der Edel-
mann, der ſein Leben auf dem Lande zubringt, wuͤrde
ſich diejenigen Buͤcher auswaͤhlen, die ſich fuͤr ihn ſchick-
ten, und durch ſie ſich eben ſo ſehr unterrichten als be-
luſtigen. Der Buͤrger wuͤrde weniger roh werden,
und
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