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Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.

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den schon Virgile machen. Wir werden dann auch
unsre klassischen Schriftsteller bekommen; Jeder wird
sie lesen wollen; unsre Nachbarn werden Deutsch ler-
nen und die Höfe es mit Vergnügen reden. Und viel-
leicht bringen unsre guten Schriftsteller es dahin, daß
unsre zur Vollkommenheit gebrachte und verfeinerte
Sprache noch einst von einem Ende von Europa bis
zum andern wird geredet werden. Noch sind diese schö-
nen Tage unsrer Litteratur nicht gekommen; aber sie
nähern sich, und erscheinen gewiß. Ich kündige sie
Ihnen an, obgleich mein Alter mir die Hoffnung nimmt,
sie noch selbst zu sehen. Ich bin wie Moses, ich sehe
das gelobte Land von ferne, werde aber nicht selbst
hereinkommen. Erlauben Sie mir diese Vergleichung.
Ich lasse sonst den Moses in allen seinen Würden, und
will mich auf keine Weise mit ihm in Vergleichung
setzen. Auch sind die schönen Tage unsrer Litteratur,
denen wir entgegen sehen, gewiß weit mehr werth,
als die nackten und dürftigen Felsen des unfrucht-
baren Jdumäa.

[Abbildung]

den ſchon Virgile machen. Wir werden dann auch
unſre klaſſiſchen Schriftſteller bekommen; Jeder wird
ſie leſen wollen; unſre Nachbarn werden Deutſch ler-
nen und die Hoͤfe es mit Vergnuͤgen reden. Und viel-
leicht bringen unſre guten Schriftſteller es dahin, daß
unſre zur Vollkommenheit gebrachte und verfeinerte
Sprache noch einſt von einem Ende von Europa bis
zum andern wird geredet werden. Noch ſind dieſe ſchoͤ-
nen Tage unſrer Litteratur nicht gekommen; aber ſie
naͤhern ſich, und erſcheinen gewiß. Ich kuͤndige ſie
Ihnen an, obgleich mein Alter mir die Hoffnung nimmt,
ſie noch ſelbſt zu ſehen. Ich bin wie Moſes, ich ſehe
das gelobte Land von ferne, werde aber nicht ſelbſt
hereinkommen. Erlauben Sie mir dieſe Vergleichung.
Ich laſſe ſonſt den Moſes in allen ſeinen Wuͤrden, und
will mich auf keine Weiſe mit ihm in Vergleichung
ſetzen. Auch ſind die ſchoͤnen Tage unſrer Litteratur,
denen wir entgegen ſehen, gewiß weit mehr werth,
als die nackten und duͤrftigen Felſen des unfrucht-
baren Jdumaͤa.

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[62/0068] den ſchon Virgile machen. Wir werden dann auch unſre klaſſiſchen Schriftſteller bekommen; Jeder wird ſie leſen wollen; unſre Nachbarn werden Deutſch ler- nen und die Hoͤfe es mit Vergnuͤgen reden. Und viel- leicht bringen unſre guten Schriftſteller es dahin, daß unſre zur Vollkommenheit gebrachte und verfeinerte Sprache noch einſt von einem Ende von Europa bis zum andern wird geredet werden. Noch ſind dieſe ſchoͤ- nen Tage unſrer Litteratur nicht gekommen; aber ſie naͤhern ſich, und erſcheinen gewiß. Ich kuͤndige ſie Ihnen an, obgleich mein Alter mir die Hoffnung nimmt, ſie noch ſelbſt zu ſehen. Ich bin wie Moſes, ich ſehe das gelobte Land von ferne, werde aber nicht ſelbſt hereinkommen. Erlauben Sie mir dieſe Vergleichung. Ich laſſe ſonſt den Moſes in allen ſeinen Wuͤrden, und will mich auf keine Weiſe mit ihm in Vergleichung ſetzen. Auch ſind die ſchoͤnen Tage unſrer Litteratur, denen wir entgegen ſehen, gewiß weit mehr werth, als die nackten und duͤrftigen Felſen des unfrucht- baren Jdumaͤa. [Abbildung]

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Zitationshilfe: Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780/68>, abgerufen am 21.11.2024.