mit welcher, in den Liedern unsrer Troubadours, ehemahls die Damen ihre Ritter zur Schlacht ziehen sahen. Mein besonnener Vater unterhielt freundlich diesen Scherz; Doch als er mich zum letzten Mahl umarmte, fühlte ich ein leises Zittern in seinen Armen, welches mich plötzlich wie ein ungeheurer, stechender Schmerz durch- bebte. Aber sogleich gefaßt, setzte er den wohl- thätigen Scherz fort, indem er lächelnd sagte, So lebt wohl mein Fräulein und gedenkt unsrer in eurem Gebet. Damit schwang er sich aufs Pferd, und verschwand schnell meinen Blicken. Der junge Pohle küßte den Zipfel des blauen Bandes, neigte sich, und folgte ihm mit Blitzes- schnelle.
Da war ich nun wieder allein, unter lieben freundlichen Menschen zwar, aber doch allein. Damahls war mir dieß peinlicher als jetzt. Von meiner Kindheit an war mir wenigstens der Vater geblieben, mit welchem ich meine Gedan- ken austauschen konnte, welcher sie verstand, bil- ligte oder befriedigend berichtigte. Das sollte von
mit welcher, in den Liedern unſrer Troubadours, ehemahls die Damen ihre Ritter zur Schlacht ziehen ſahen. Mein beſonnener Vater unterhielt freundlich dieſen Scherz; Doch als er mich zum letzten Mahl umarmte, fuͤhlte ich ein leiſes Zittern in ſeinen Armen, welches mich ploͤtzlich wie ein ungeheurer, ſtechender Schmerz durch- bebte. Aber ſogleich gefaßt, ſetzte er den wohl- thaͤtigen Scherz fort, indem er laͤchelnd ſagte, So lebt wohl mein Fraͤulein und gedenkt unſrer in eurem Gebet. Damit ſchwang er ſich aufs Pferd, und verſchwand ſchnell meinen Blicken. Der junge Pohle kuͤßte den Zipfel des blauen Bandes, neigte ſich, und folgte ihm mit Blitzes- ſchnelle.
Da war ich nun wieder allein, unter lieben freundlichen Menſchen zwar, aber doch allein. Damahls war mir dieß peinlicher als jetzt. Von meiner Kindheit an war mir wenigſtens der Vater geblieben, mit welchem ich meine Gedan- ken austauſchen konnte, welcher ſie verſtand, bil- ligte oder befriedigend berichtigte. Das ſollte von
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mit welcher, in den Liedern unſrer Troubadours,
ehemahls die Damen ihre Ritter zur Schlacht
ziehen ſahen. Mein beſonnener Vater unterhielt
freundlich dieſen Scherz; Doch als er mich
zum letzten Mahl umarmte, fuͤhlte ich ein leiſes
Zittern in ſeinen Armen, welches mich ploͤtzlich
wie ein ungeheurer, ſtechender Schmerz durch-
bebte. Aber ſogleich gefaßt, ſetzte er den wohl-
thaͤtigen Scherz fort, indem er laͤchelnd ſagte,
So lebt wohl mein Fraͤulein und gedenkt unſrer
in eurem Gebet. Damit ſchwang er ſich aufs
Pferd, und verſchwand ſchnell meinen Blicken.
Der junge Pohle kuͤßte den Zipfel des blauen
Bandes, neigte ſich, und folgte ihm mit Blitzes-
ſchnelle.
Da war ich nun wieder allein, unter lieben
freundlichen Menſchen zwar, aber doch allein.
Damahls war mir dieß peinlicher als jetzt. Von
meiner Kindheit an war mir wenigſtens der
Vater geblieben, mit welchem ich meine Gedan-
ken austauſchen konnte, welcher ſie verſtand, bil-
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/180>, abgerufen am 16.02.2025.
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