mit Trunkenheit, bis sich Wehmuth unsrer ge- meinschaftlich bemächtigte. Nachdem wir lange mit einander geweint und geklagt hatten, kündigte mir Deine Mutter an, daß sie mich am folgenden Morgen abholen würde, und daß ich in ihrem Hotel wohnen sollte. Jch versprach bereit zu seyn, ob ich gleich eine dunckle Abneigung dagegen in mir spürte. Meine guten Hausgenossen hör- ten mit Betrübniß von dieser Verändrung. Der Glanz eurer Erscheinung, und der Titel Gräfinn, unter welchem Deine Mutter von mir zu ihnen sprach, hatte die armen Leute ganz schüchtern gemacht. Es kostete mir viele Mühe sie zu überzeu- gen daß ich die alte Virginia sey, und bleiben wolle. Sie weinten alle recht herzlich, als ich am andern Tage mit Deiner Mutter davon fuhr.
Jm Hotel angelangt, führte mich deine Mut- ter in ihr Kabinett, und nachdem sie mich zärtlich umarmt, und mir ihre mütterliche Liebe zugesichert hatte, machte sie mir bekannt, daß sie mich ihrem Gemahl, dem Herzoge, vorstellen werde, mit welchem sie schon meinetwegen gesprochen, und ihn zu meinem Vortheil gestimmt habe. Jch kann es Dir unmöglich beschreiben, welchen wi-
mit Trunkenheit, bis ſich Wehmuth unſrer ge- meinſchaftlich bemaͤchtigte. Nachdem wir lange mit einander geweint und geklagt hatten, kuͤndigte mir Deine Mutter an, daß ſie mich am folgenden Morgen abholen wuͤrde, und daß ich in ihrem Hotel wohnen ſollte. Jch verſprach bereit zu ſeyn, ob ich gleich eine dunckle Abneigung dagegen in mir ſpuͤrte. Meine guten Hausgenoſſen hoͤr- ten mit Betruͤbniß von dieſer Veraͤndrung. Der Glanz eurer Erſcheinung, und der Titel Graͤfinn, unter welchem Deine Mutter von mir zu ihnen ſprach, hatte die armen Leute ganz ſchuͤchtern gemacht. Es koſtete mir viele Muͤhe ſie zu uͤberzeu- gen daß ich die alte Virginia ſey, und bleiben wolle. Sie weinten alle recht herzlich, als ich am andern Tage mit Deiner Mutter davon fuhr.
Jm Hotel angelangt, fuͤhrte mich deine Mut- ter in ihr Kabinett, und nachdem ſie mich zaͤrtlich umarmt, und mir ihre muͤtterliche Liebe zugeſichert hatte, machte ſie mir bekannt, daß ſie mich ihrem Gemahl, dem Herzoge, vorſtellen werde, mit welchem ſie ſchon meinetwegen geſprochen, und ihn zu meinem Vortheil geſtimmt habe. Jch kann es Dir unmoͤglich beſchreiben, welchen wi-
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mit Trunkenheit, bis ſich Wehmuth unſrer ge-
meinſchaftlich bemaͤchtigte. Nachdem wir lange
mit einander geweint und geklagt hatten, kuͤndigte
mir Deine Mutter an, daß ſie mich am folgenden
Morgen abholen wuͤrde, und daß ich in ihrem
Hotel wohnen ſollte. Jch verſprach bereit zu
ſeyn, ob ich gleich eine dunckle Abneigung dagegen
in mir ſpuͤrte. Meine guten Hausgenoſſen hoͤr-
ten mit Betruͤbniß von dieſer Veraͤndrung. Der
Glanz eurer Erſcheinung, und der Titel Graͤfinn,
unter welchem Deine Mutter von mir zu ihnen
ſprach, hatte die armen Leute ganz ſchuͤchtern
gemacht. Es koſtete mir viele Muͤhe ſie zu uͤberzeu-
gen daß ich die alte Virginia ſey, und bleiben
wolle. Sie weinten alle recht herzlich, als ich
am andern Tage mit Deiner Mutter davon fuhr.
Jm Hotel angelangt, fuͤhrte mich deine Mut-
ter in ihr Kabinett, und nachdem ſie mich zaͤrtlich
umarmt, und mir ihre muͤtterliche Liebe zugeſichert
hatte, machte ſie mir bekannt, daß ſie mich
ihrem Gemahl, dem Herzoge, vorſtellen werde,
mit welchem ſie ſchon meinetwegen geſprochen,
und ihn zu meinem Vortheil geſtimmt habe. Jch
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/194>, abgerufen am 16.02.2025.
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