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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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nicht, bei einem offenbaren Auflehnen, im un-
glücklichen Falle, jeden Weg der Rettung? Bald
begriff ich, mein einziges Heil liege nur in der
Flucht, und nur meinem eignen Muthe dürfe
ich mich vertrauen. Sobald ich hierüber mit
mir einig war, fühlte ich mich beruhigt, und
erschien wieder unter euch, mit meiner gewohn-
ten Heiterkeit, wodurch ihr alle auch über mein
Vorhaben getäuscht worden seyd. Jm stillen
fuhr ich jedoch zu beobachten fort, und bald
wurde mir klar, daß ich fast wie eine Ge-
fangne gehüthet werde. Man hatte mir eine
zweite Kammerfrau gegeben, und meine Man-
non ziemlich überflüssig zu machen gesucht. An-
toine wurde mit Pension, entlassen um nach sei-
ner Heimath zurück zu kehren, und kam um
mir zum Abschiede die Hand zu küssen, Deine
Mutter war dabei zugegen. Aber vorbereitet
darauf, drückte ich ihm, indem ich ihm einige
Goldstücke zum Andenken schenkte, unvermerkt
einen kleinen Zettel in die Hand, worin ich ihm
befahl, bis auf weitere Nachricht, auf dem näch-
sten Dorfe zu verweilen. Mit Behuthsam-
keit fand ich nun Gelegenheit, Mannon mein

nicht, bei einem offenbaren Auflehnen, im un-
gluͤcklichen Falle, jeden Weg der Rettung? Bald
begriff ich, mein einziges Heil liege nur in der
Flucht, und nur meinem eignen Muthe duͤrfe
ich mich vertrauen. Sobald ich hieruͤber mit
mir einig war, fuͤhlte ich mich beruhigt, und
erſchien wieder unter euch, mit meiner gewohn-
ten Heiterkeit, wodurch ihr alle auch uͤber mein
Vorhaben getaͤuſcht worden ſeyd. Jm ſtillen
fuhr ich jedoch zu beobachten fort, und bald
wurde mir klar, daß ich faſt wie eine Ge-
fangne gehuͤthet werde. Man hatte mir eine
zweite Kammerfrau gegeben, und meine Man-
non ziemlich uͤberfluͤſſig zu machen geſucht. An-
toine wurde mit Penſion, entlaſſen um nach ſei-
ner Heimath zuruͤck zu kehren, und kam um
mir zum Abſchiede die Hand zu kuͤſſen, Deine
Mutter war dabei zugegen. Aber vorbereitet
darauf, druͤckte ich ihm, indem ich ihm einige
Goldſtuͤcke zum Andenken ſchenkte, unvermerkt
einen kleinen Zettel in die Hand, worin ich ihm
befahl, bis auf weitere Nachricht, auf dem naͤch-
ſten Dorfe zu verweilen. Mit Behuthſam-
keit fand ich nun Gelegenheit, Mannon mein

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[191[199]/0209] nicht, bei einem offenbaren Auflehnen, im un- gluͤcklichen Falle, jeden Weg der Rettung? Bald begriff ich, mein einziges Heil liege nur in der Flucht, und nur meinem eignen Muthe duͤrfe ich mich vertrauen. Sobald ich hieruͤber mit mir einig war, fuͤhlte ich mich beruhigt, und erſchien wieder unter euch, mit meiner gewohn- ten Heiterkeit, wodurch ihr alle auch uͤber mein Vorhaben getaͤuſcht worden ſeyd. Jm ſtillen fuhr ich jedoch zu beobachten fort, und bald wurde mir klar, daß ich faſt wie eine Ge- fangne gehuͤthet werde. Man hatte mir eine zweite Kammerfrau gegeben, und meine Man- non ziemlich uͤberfluͤſſig zu machen geſucht. An- toine wurde mit Penſion, entlaſſen um nach ſei- ner Heimath zuruͤck zu kehren, und kam um mir zum Abſchiede die Hand zu kuͤſſen, Deine Mutter war dabei zugegen. Aber vorbereitet darauf, druͤckte ich ihm, indem ich ihm einige Goldſtuͤcke zum Andenken ſchenkte, unvermerkt einen kleinen Zettel in die Hand, worin ich ihm befahl, bis auf weitere Nachricht, auf dem naͤch- ſten Dorfe zu verweilen. Mit Behuthſam- keit fand ich nun Gelegenheit, Mannon mein

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 191[199]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/209>, abgerufen am 25.11.2024.