Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.aufzulösen! Sogar der freundliche Kapitän ver- Siehe, meine Thränen sind während des aufzuloͤſen! Sogar der freundliche Kapitaͤn ver- Siehe, meine Thraͤnen ſind waͤhrend des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0022" n="14"/> aufzuloͤſen! Sogar der freundliche Kapitaͤn ver-<lb/> wies mich nur an mich ſelbſt, als er mir mit<lb/> ſeiner ſchoͤnen Stimme voll Ruͤhrung ſagte:<lb/> „Liebe, ſchoͤne Miß, ſie verlaſſen ein Land voll<lb/> Unruhe und Verwirrung; mein Vaterland, das<lb/> heilige Land der Freiheit, wird ſie als Tochter<lb/> aufnehmen, und dieſe bangen Thraͤnen trocknen.<lb/> Betrachten ſie mich als ihren Bruder, und ge-<lb/> bieten ſie uͤber Alles, was dieſer Bruder ſein<lb/> nennt.‟ Guter Mann! es iſt nicht das Ge-<lb/> fuͤhl des Verlaſſenſeyns, was mich beklemmt.<lb/> Jn den Saͤlen der Tuillerien wuͤrde ich mir<lb/> viel verwaiſ’ter erſcheinen.</p><lb/> <p>Siehe, meine Thraͤnen ſind waͤhrend des<lb/> Schreibens getrocknet, und mein Muth kehrt<lb/> zuruͤck. Jch muß wieder hinauf, damit der<lb/> lange Aufenthalt in dem verſchloſſenen Raume<lb/> mir nicht nachtheilig werde. Jch will nicht ſee-<lb/> krank werden, wenn es irgend zu vermeiden<lb/> iſt. Krankheit wirkt auf den Geiſt, aber der<lb/> Geiſt beherrſcht mehr noch den Koͤrper. Der<lb/> meinige ſoll ſich aufheitern und ſtark ſeyn. Nur<lb/> noch einen Abſchiedsblick nach der Wiege mei-<lb/> ner Kindheit, nach den Graͤbern meiner Lieben;<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0022]
aufzuloͤſen! Sogar der freundliche Kapitaͤn ver-
wies mich nur an mich ſelbſt, als er mir mit
ſeiner ſchoͤnen Stimme voll Ruͤhrung ſagte:
„Liebe, ſchoͤne Miß, ſie verlaſſen ein Land voll
Unruhe und Verwirrung; mein Vaterland, das
heilige Land der Freiheit, wird ſie als Tochter
aufnehmen, und dieſe bangen Thraͤnen trocknen.
Betrachten ſie mich als ihren Bruder, und ge-
bieten ſie uͤber Alles, was dieſer Bruder ſein
nennt.‟ Guter Mann! es iſt nicht das Ge-
fuͤhl des Verlaſſenſeyns, was mich beklemmt.
Jn den Saͤlen der Tuillerien wuͤrde ich mir
viel verwaiſ’ter erſcheinen.
Siehe, meine Thraͤnen ſind waͤhrend des
Schreibens getrocknet, und mein Muth kehrt
zuruͤck. Jch muß wieder hinauf, damit der
lange Aufenthalt in dem verſchloſſenen Raume
mir nicht nachtheilig werde. Jch will nicht ſee-
krank werden, wenn es irgend zu vermeiden
iſt. Krankheit wirkt auf den Geiſt, aber der
Geiſt beherrſcht mehr noch den Koͤrper. Der
meinige ſoll ſich aufheitern und ſtark ſeyn. Nur
noch einen Abſchiedsblick nach der Wiege mei-
ner Kindheit, nach den Graͤbern meiner Lieben;
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